Europarteien für die EU-Demokratie fit machen: Jenseits der Reform der Verordnung

Die politischen Parteien auf europäischer Ebene sind in der breiteren Öffentlichkeit fast unsichtbar und den meisten europäischen Bürger:innen unbekannt. Derzeit wird in den EU-Institutionen eine neue Reform diskutiert, die ihre politische Rolle stärken soll. Doch wird sie ausreichen? Dieser Frage geht Edoardo Bressanelli, Associate Professor für Politikwissenschaft an der Sant’Anna School of Advanced Studies in Pisa und Senior Visiting Research Fellow am King’s College London, in seinem Essay nach. Der Beitrag ist Teil des  thematischen Schwerpunkts „Überstaatliches Regieren zwischen Diplomatie und Demokratie“ von Regierungsforschung.de und dem Blog “Der (europäische) Föderalist”.

Die Rolle der politischen Parteien auf europäischer Ebene – oder, der Einfachheit halber, Europarteien – ist in Art. 10 (4) des EU-Vertrags definiert, in dem es heißt, dass sie „zur Herausbildung eines europäischen politischen Bewusstseins und zum Ausdruck des Willens der Bürgerinnen und Bürger der Union“ beitragen, und in Art. 12 (2) der EU-Grundrechtecharta, in dem ihre „Ausdrucks“-Funktion hervorgehoben wird.

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Die Richtlinienkompetenz des Kanzlers in einer kollaborativen Lernkoalition

Prof. Dr. Karl-Rudolf Korte, Professor für Politikwissenschaft an der Universität Duisburg-Essen und Direktor der NRW School of Governance an der Universität Duisburg-Essen, bezeichnet das Buch von Volker Busse und Hans Hofmann als eine sehr gute Grundlage, um die öffentlichen Diskurse über die vielfältigen Aufgaben und Arbeitsweisen der Bundesregierung mit Sachkunde anzureichern. Das Buch ermöglicht es, sich systematisch, chronologisch und tabellarisch zu informieren und so auch aktuelle Ereignisse im Bundeskanzleramt im Lichte der bestehenden Entscheidungslogiken zu reflektieren.

Das Bundeskanzleramt ist das Drehkreuz des Kanzler-, Ressort-, Kollegial-, Partei- und Koalitionsprinzips. Unter dem Aspekt des operativen Regierens bilden der Regierungschef und das Bundeskanzleramt das Zentrum der Core Executive. Von hier aus erfolgt die Koordination der Exekutive, die immerhin rund 25.000 Beamte und Angestellte in den Bundesministerien und Bundesbehörden umfasst.

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Die Rückkehr der Reformen

Manuel Müller, Senior Research Fellow am Finnish Institute of International Affairs in Helsinki, wirft einen Blick auf die institutionelle Zukunft der Europäischen Union, skizziert neue Reformdebatten und wagt einen Ausblick auf das europäische Regierungssystem.
Er bildet damit den Auftakt zum Themenschwerpunkt “Überstaatliches Regieren zwischen Diplomatie und Demokratie“, der Diskurse um institutionelle Reformen der EU und die Governance in Europa beleuchtet sowie unterschiedliche europäische Krisen- und Reformdiskurse im Kontext europapolitischer Forschung reflektiert.

Als der Vertrag von Lissabon am 1. Dezember 2009 in Kraft trat, endete für die Europäische Union eine Epoche der Reformen. Über zwei Jahrzehnte hinweg war das europäische Vertragswerk in mehreren Runden grundlegend überarbeitet worden. Einher ging diese Vertiefungsdynamik mit einer enormen Erweiterung der Union, die zwischen 1995 und 2007 von 12 auf 27 Mitgliedstaaten wuchs.

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Nachrichten im Sound von Vertrauen und Freiheit

Die Dissertation von Markus Wolsiffer ist aus vielerlei wissenschaftlichen Gründen lohnenswert, da sie Pionierarbeit im Hinblick auf das Nachrichtenverständnis junger Menschen leistet und in einer Kombination aus qualitativer und quantitativer Feldforschung aus politikwissenschaftlicher Perspektive vielversprechende Ergebnisse erzielt, so Prof. Dr. Karl-Rudolf Korte von der NRW School of Governance an der Universität Duisburg-Essen. Das Buch analysiert kreative Formate im Lichte der Verfasstheit von Nachrichten und leistet einen innovativen Beitrag zu Nachrichten- und Medienforschung im Zusammenspiel von Vertrauen und Freiheit.

Das Buch des Journalisten Markus Wolsiffer ist nicht journalistisch verfasst. Es ist, wie der lange Titel bereits erahnen lässt, die Dissertation des Verfassers an der Universität Mainz. Das prägt als Textgattung. Kommunikationswissenschaftlich ist das Setting. Wer sich über Nachrichtenrepertoires und ihre Nutzung weiter informieren möchte, der wird hier fündig.

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Über das Primat des Politischen und Muster des Krieges

Das Kompendium von Manfred Brocker eröffnet viele Spielräume, da es gleichermaßen ökonomische, soziale und politische Akzente setzen könne, um die Epoche des 19. Jahrhunderts und ihre Wirkung auf heutige Denklogiken zu verstehen, so Prof. Dr. Karl-Rudolf Korte von der NRW School of Governance an der Universität Duisburg-Essen. Die Lektüre ermöglicht es, Kriegsmuster im Lichte des Primats des Politischen zu verstehen und in der politischen Geschichte des 19. Jahrhunderts Ansätze dafür zu finden, warum wir heute so denken, wie wir denken und was daran neu sein sollte.

 

Dieses voluminöse Werk ist als Lesebuch angelegt. Man kann stöbern oder systematisch vorgehen, um sich angeleitet durch Texte des 19. Jahrhunderts zu arbeiten. Im Zentrum stehen wichtige Schriftstücke: Bücher, Essays, Briefe, Flugschriften und Lexika. Sie wurden nach Relevanz, Repräsentativität und Wirkung ausgewählt. Die Artikel der Fachautorenschaft sind immer ähnlich aufgebaut.

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Wirkung von Social Media auf politischen Extremismus

PD Dr. Markus Reiners, der an der Leibniz Universität Hannover lehrt und forscht, liefert Antworten zu den Wirkungen von neuen, digitalen, sozialen Medien auf politischen Extremismus. In der virtuellen Parallelwelt des Internets finden Prozesse quasi entkoppelt von herkömmlichen Abläufen statt. Diese Plattformen eröffnen Anhängerinnen und Anhängern politisch extremistischer Ziele die Möglichkeit, ihre Reichweite zu erhöhen und ihre extremistischen Sichtweisen in Echokammern zu verstärken.

 

Dieser Beitrag bewegt sich in einem interdisziplinären Randgebiet der Politikwissenschaft, denn er fokussiert die Institution sozialer Medien und deren Wirkungen auf die Rezipienten und politischen Extremismus und somit natürlich auch die Auswirkungen auf die Gesellschaft insgesamt sowie auf politische Prozesse und die Staatstätigkeit. Wichtig ist, politisches Handeln fortan noch mehr auf die virtuelle Parallelwelt des Internets zu fokussieren, deren Vorgänge quasi entkoppelt von herkömmlichen Prozessen stattfinden.

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SPD im digitalen Wandel: Volle Server, leere Ortsvereine

Finn Schenkin, der das Masterprogramm “Politikmanagement, Public Policy und öffentliche Verwaltung” an der NRW School of Governance an der Universität Duisburg-Essen studiert, wirft einen Blick auf die SPD im digitalen Wandel. Was können politische Parteien wie die SPD von sozialen Bewegungen wie Fridays for Future lernen? Der digitale Raum hätte auch für Parteien ein enormes Mobilisierungspotenzial, so der Autor.

 

Die SPD verliert als eine der mitgliederstärksten politischen Parteien Deutschlands seit Beginn des 21. Jahrhundert nicht nur an Wählerstimmen, sondern auch an Mitgliedern. Dabei ist der Parteibetritt heutzutage bequem wie nie: Online lässt sich der Antrag zur Parteimitgliedschaft in wenigen Klicks erledigen. Dennoch scheint es für viele Menschen zunehmend unattraktiver zu werden in die Partei einzutreten: Die Mitgliederzahlen der SPD sanken in den letzten zwei Dekaden von 755.000 im Jahr 1999 auf knapp 400.000 im Jahr 2019.

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Im Land der Oberlehrer

Prof. Dr. Karl-Rudolf Korte, der an der NRW School of Governance an der Universität Duisburg-Essen lehrt und forscht, wirft einen Blick auf die Dynamiken zwischen der Ampel-Regierung und der Opposition. Wie verhalten sich die beiden und welches Verhalten wird durch den Wähler in Umfragen belohnt bzw. bestraft?

 

In unserer Umarmungsdemokratie profitiert die Opposition, wenn sie die Regierung unterstützt. Zurzeit hat die Union in den Umfragen die Regierungsparteien im Bund weit hinter sich gelassen. Die hart verhandelte Zustimmung der CDU/CSU zum neuen Bürgergeld katapultierte die Verlierer der Bundestagswahlen aktuell auf rund 30 Prozent in der Sonntagsfrage. Kooperative Opposition im deutschen parlamentarischen System belohnen die Bürger. Keineswegs Total-Opposition. Dabei ist es ungewohnt, sich wieder in eine demokratische Opposition einzuhören.

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Die US-Zwischenwahlen 2022: Blauer Wall statt roter Welle

Dr. Philipp Adorf, der an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn lehrt und forscht, analysiert die jüngsten Zwischenwahlen in den USA, auf die amtierende Präsidenten meist mit Sorge blicken. Welche Schlüsse lassen sich aus dem Wahlergebnis insbesondere für die zukünftige Positionierung der Republikaner ziehen? Bemühte sich doch Ex-Präsident Trump mit der Aufstellung einiger Kandidaten. Was bedeutet das Ergebnis für die Demokraten und den – im Vorfeld eher unbeliebten – Präsidenten Biden?

 

Jeder Präsident blickt mit Sorgen auf seine ersten Zwischenwahlen. Die letzten vier Amtsinhaber, die nach dem Einzug in das Weiße Haus mit eigenen Mehrheiten in beiden Kammern des Kongresses arbeiten konnten, verloren diese zumindest im Repräsentantenhaus nach nur zwei Jahren. Neben Bill Clinton, Barack Obama und Donald Trump gilt dies nunmehr auch für Joe Biden. Trotzdem konnte die jüngste Halbzeitwahl als tendenziell gutes Ergebnis für die Demokratische Partei eingeordnet werden.

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Call for Papers: Überstaatliches Regieren zwischen Diplomatie und Demokratie – aktuelle Debatten um die Reform der EU

Politik und Regierungen stehen nicht nur auf nationaler, sondern auch auf europäischer Ebene vor der Herausforderung, Vielfachkrisen wie der Covid-19-Pandemie, den Folgen des Klimawandels, der Energie- und Gas(preis)krise und dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine zu begegnen. Durch diese und weitere Ereignisse erhalten alte Debatten wie die der EU-Erweiterung eine neue Aktualität und Dringlichkeit und werden neue Debatten zu u.a. institutionellen Transformationen aufgeworfen. Die Konferenz zur Zukunft Europas, die 2021/22 tagte, legte umfassende institutionelle Reformideen vor.

 

Der Schwerpunkt „Überstaatliches Regieren zwischen Diplomatie und Demokratie“ soll diese und andere aktuelle Debatten um institutionelle Reformen der EU und die Zukunft der Governance in Europa beleuchten. Gesucht werden Kurzanalysen und Essays. Die Beiträge des Schwerpunkts erscheinen gleichzeitig auf regierungsforschung.de und dem Blog „Der (europäische) Föderalist“. Der Schwerpunkt startet im Winter 2022/23.

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