Regierungsbildung unter Trump und der Presidential Transition Act

Prof. Dr. Christoph BieberBislang dominiert in der Berichterstattung über die Transition of Power, die Übergangsphase zwischen zwei Präsidentschaften, das Erstaunen und bisweilen das Entsetzen über die geplante Zusammensetzung des Teams, mit dem president-elect Donald Trump die Arbeit im Weißen Haus aufnehmen will.

Doch wie läuft diese Übergangsphase im Detail ab? Wie ist der aktuelle Stand der Dinge im Team des president-elect Donald Trump und wie hoch ist das Konfliktpotential im aktuellen Amtseinführungsprozess? Prof. Dr. Christoph Bieber findet in seinem aktuellen Essay Antworten auf diese Fragen.

Regierungsbildung unter Trump und der Presidential Transition Act

 

Autor

Prof. Dr. Christoph Bieber ist Professor am Lehrstuhl für Ethik in Politikmanagement und Gesellschaft der Universität Duisburg-Essen. Zu seinen Forschungsschwerpunkten gehört der Einfluss der neuen Medien auf politische und demokratische Prozesse, sowie ethische Fragen in politischen Entscheidungsprozess, Öffentlichkeit und Gesellschaft.

Bislang dominiert in der Berichterstattung über die Transition of Power, die Übergangsphase zwischen zwei Präsidentschaften, das Erstaunen und bisweilen das Entsetzen über die geplante Zusammensetzung des Teams, mit dem president-elect Donald Trump die Arbeit im Weißen Haus aufnehmen will. Als Top-Personalien gilt bisher die Nominierung (noch nicht: Ernennung) von Reince Priebus, dem Vorsitzenden des Republican National Committee zum White House Chief of Staff sowie die Entscheidung, den rechtskonservativen, offen anti-semitischen Publizisten Stephen Bannon zum Counselor to the President zu machen. Die US-amerikanischen Medien sind voll von Berichten und Kommentaren zum aktuellen Stand der Dinge und den bisherigen transition process nur als „holprig“ zu bezeichnen, ist ein Euphemismus.

Noch nicht allzu viel Aufmerksamkeit bekommt dagegen das in den vergangenen Jahren stark angewachsene Regelwerk, das den Übergang zwischen zwei Präsidentschaften steuert, nämlich der Presidential Transition Act. Wirklich überraschend ist das nicht, denn das Paket ist im Lauf der Zeit durch zahlreiche Updates, Ergänzungen und flankierende Presidential Orders recht unübersichtlich geworden. Allerdings: die Dokumente liegen gut sichtbar und kommentiert an verschiedenen Stellen aus, so dass man sich eigentlich einen sehr guten Überblick zum Verfahren verschaffen kann. Sowohl das Center for Presidential Transition wie auch das White House Transition Project haben umfangreiche Materialien zusammengestellt, die die noch gar nicht lange Entwicklung einer Transition Governance nachzeichnen und auf die wesentlichen Punkte hinweisen. In den Arbeiten dieser Unterabteilung der presidential studies werden nicht nur zentrale Elemente, sondern auch der umfassende Zeitraum des Prozesses deutlich, für den es auch einige gesetzliche Vorschriften gibt. Neben den so genannten pre-election efforts spielen dabei insbesondere die „creation of teams directed at policy planning and the crafting of a presidential agenda“ sowie das „establishment of groups concerned with gathering information on particular agencies and departments“ eine zentrale Rolle in modernen Presidential Transitions (vgl. Burke 2009). Im Licht dieser im Laufe der Jahre immer präziser gewordenen Vorgaben wirkt die Unsicherheit, mit der die Trump-Administration durch die ersten Tage nach der Wahl stolpert, umso irritierender.

Um einen bruchlosen Übergang zwischen zwei Präsidentschaften zu gewährleisten, setzt der Presidential Transition Act nämlich klare Regeln für die Ausgestaltung der Zusammenarbeit zwischen dem sitting president und den eligible candidates – bereits nach den Nominierungsparteitagen sind die Kandidaten der großen Parteien aufgefordert, Kontaktpersonen zu benennen, die sich mit dem im Weißen Haus zu formierenden Transition Coordinating Council in Verbindung setzen, um frühzeitig Einblicke in die Mechanismen der Regierungsarbeit zu erhalten. Genau dieses bereits länger im Hintergrund aktive Transition Team um den Gouverneur Chris Christie (R – NJ) ist erst vor wenigen Tagen dem internen Machtkampf der Trump-Truppe zum Opfer gefallen. Der Bruch ist an dieser Stelle jedoch nicht nur ein personeller – auch eine institutionell verankerte Verbindung zwischen Kandidat bzw. president-elect und dem Weißen Haus wurde gelöst. Dadurch verliert der transition process an Dynamik, denn nicht nur muss nun neues Personal gefunden werden, sondern die bereits begonnenen Abstimmungsarbeiten müssen erneuert und aktualisiert werden. Das kostet Zeit und davon steht bis zur Inauguration nur eine begrenzte Menge zur Verfügung.

Noch ist aber ausreichend Spielraum gegeben – das wird besonders deutlich im Vergleich zum Jahr 2000, als der Wahlsieg von George W. Bush erst im Dezember offiziell verkündet worden war. Dennoch – das Ausmaß von Uneinigkeit, Personal- und Richtungswechseln in der ersten Woche nach der Wahl von Donald Trump lässt nicht unbedingt erwarten, dass die kommenden Tage reibungslos über die Bühne gehen werden. Was bedeutet dies nun für die Fortführung der Transition to Power, können weitere Fehler die Trump-Administration in ernste Schwierigkeiten bringen?

Davon ist nicht auszugehen – beim flüchtigen Durchsehen des Presidential Transition Act fällt auf, dass die meisten dort niedergelegten Regelungen auf die Kooperation des outgoing president abzielen. Gewährleistet werden soll die Bereitstellung von Informationen, Verfahrensweisen und durchaus auch aktuellen policies, aber auch das Vorhalten eines angemessenen Budgets für die Einstellung und Ausbildung neuer Mitarbeiter in der Übergangsphase. Für die aktuelle Transition beläuft sich der Betrag auf immerhin 13,3 Millionen US-Dollar, festgeschrieben im Presidential Transitions Improvement Act of 2015. Hinzu kommen noch allgemeine Verwaltungskosten sowie Gelder für die Übergabe von Daten an das Nationalarchiv, davon sind erstmals auch digitale Dokumente und Nutzerprofile in Sozialen Medien betroffen.

Es ist nicht nur die Aufgabe der Experten in den US-amerikanischen Forschungspools, die sich mit den Feinheiten der Transition auseinandersetzen, das Regelwerk noch einmal genau zu studieren und nach Positionen zu durchforsten, die auf die Pflichten des president-elect und seiner incoming administration abzielen. Die Rahmenbedingungen sind jedoch nicht so eng ausgelegt, dass hier ein echtes Problem für die Regierungsmannschaft von Trump entstehen sollte. Allerdings markiert der Blick auf diesen Prozess bereits noch vor Beginn der eigentlichen Präsidentschaft große Probleme im Bereich des Politikmanagement. Deutlich wird, dass vor allem auf den Bereich politischer Kommunikation und Kampagnenführung geachtet wurde, und bei einer ersten Prüfung der „Politikfähigkeit“ des nunmehr designierten Präsidenten massive Defizite zu Tage treten (über die policy-Fähigkeit wäre an dieser Stelle ebenfalls nachzudenken). Dies kann sich im Verlauf der nächsten Wochen durchaus noch ändern – das hohe Konfliktpotenzial bei der Personalrekrutierung und der damit verbundene Flurschaden können aber auch auf künftige Schwierigkeiten in der Amtsführung hindeuten. In jedem Fall lohnt aus politikwissenschaftlicher Sicht ein genauerer Blick auf die formalen Regeln hinter die in den Traditions- und Sozialen Medien transportierte Hektik im Herstellungsprozess einer neuen Kernexekutive.

Literatur:

Bieber, Christoph (2010): Change.gov und Government 2.0. Barack Obamas Strategien der digitalen Amtsübernahme. In: Wirtz, Bernd (Hg.): E-Government. Wiesbaden. S. 153-173.

Burke, J.P. (2009): The Contemporary Presidency: The Obama Presidential Transition: An Early Assessment, in: Presidential Studies Quarterly, Vol. 39, No. 3, 2009, S. 574-604.

Davis, Julie H. (2016): Trump’s Transition in a ‘Long History’ of Rocky Presidential Handovers. In: New York Times, 16.11.2016. Online unter http://www.nytimes.com/2016/11/17/us/politics/obama-white-house-transition.html?_r=0

Drezner, Dan (2016): The outsize role of the press in the Trump adminstration. In: Washington Post, 16.11.2016. Online unter https://www.washingtonpost.com/posteverything/wp/2016/11/16/the-outsized-role-of-the-press-in-the-trump-administration/?postshare=1721479310074070&tid=ss_tw&utm_term=.3dcf4469b700

Foust, Joshua (2016): This is not normal. In: joshuafoust.com, 16.11.2016. Online unter http://joshuafoust.com/this-is-not-normal/.

Kumar, M.J. (2008), Getting Ready for Day One: Taking Advantage of the Opportunities and Minimizing the Hazards of a Presidential Transition, in: Public Administration Review, July/August, S. 603-617.

Kumar, M.J. (2016): Rules Governing Presidential Transitions. White House Transition Project. Washington, D.C./Houston. Online unter http://whitehousetransitionproject.org/wp-content/uploads/2016/03/Rules_Presidential_Transitions_7-06-2016.pdf.

Schulman, Kori (2016): The Digital Transition: How the Presidential Transition Works in the Social Media Age. In: New York Times, 31.10.2016. Online unter https://www.whitehouse.gov/blog/2016/10/31/digital-transition-how-presidential-transition-works-social-media-age

Center for Presidential Transition: http://presidentialtransition.org/

White House Transition Project: http://whitehousetransitionproject.org/

Zitationshinweis

Bieber, Christoph (2016): Regierungsbildung unter Trump und der Presidential Transition Act, Essay, Erschienen auf: regierungsforschung.de, Online verfügbar unter: https://regierungsforschung.de/regierungsbildung-unter-trump-und-der-presidential-transition-act/

Teile diesen Inhalt:

Artikel kommentieren

* Pflichtfeld