An Eides statt verbunden – Hannelore Kraft und die Ereignisse der Kölner Silvesternacht 2015


Es ist kein ungewöhnlicher Vorgang, dass in einem Gerichtsverfahren eidesstattliche Versicherungen vorgelegt werden. In der Politik kommt er hingegen vergleichsweise selten vor. Beispiele finden sich in zwei großen politischen Skandalen der Vergangenheit:

So versuchte Uwe Barschel 1987 gleich mit mehreren eidesstattlichen Versicherungen die in der Barschel-Affäre gegen ihn erhobenen Vorwürfe zu entkräften; Wolfgang Schäuble unterlegte seine Darstellungen zur CDU-Spendenaffäre im Jahr 2000 mit einer entsprechenden Versicherung. Zu diesem kleinen Kreis gesellte sich am 25. Mai 2016 auch NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD), als sie, zusammen mit weiteren Regierungsmitgliedern, eine eidesstattliche Versicherung mit Bezug zu den Vorfällen aus der Kölner Silvesternacht von 2015 abgab. Was war passiert, dass die Regierungschefin zu diesem ungewöhnlichen Mittel griff?

Rückblick: Die Vorfälle der Silvesternacht

Es war 21 Uhr, Silvesterabend in Köln, in gut drei Stunden begrüßte die Stadt das Jahr 2016. Auf dem Bahnhofsvorplatz hatten sich bereits 400 bis 500 Personen versammelt. Es handelte sich hauptsächlich um Männer: Sie waren jung, sie sahen nordafrikanisch oder arabisch aus, sie waren alkoholisiert und sie schossen gezielt Feuerwerkskörper in die Menge. Gegen 23 Uhr hielten sich auf Vorplatz und Domtreppe bis zu 1.500 Personen auf und die Stimmung wurde immer aggressiver. Um 23:35 Uhr begann die Landespolizei mit der Räumung des Bahnhofsvorplatzes. Eine Massenpanik mit vielen zu erwartenden Verletzten soll auf alle Fälle verhindert werden. Später hieß es in einer ersten Einsatznachbereitung der Polizei, die jungen Männer hätten sich „überwiegend mit Unverständnis und von der polizeilichen Ansprache völlig unbeeindruckt“ gezeigt. Inzwischen sprach aber niemand mehr von den Feuerwerkskörpern. Die Dimension war eine ganze andere: Aus der Menge heraus und teils von größeren Gruppen wurden während und nach der Räumung insbesondere Frauen massiv bedrängt, sexuell belästigt und ausgeraubt. Am Ende werden knapp 1200 Anzeigen vorliegen, davon mehr als 500 wegen Sexualdelikten. Einige Personen, deren Personalien vor Ort polizeilich überprüft wurden, konnten sich nur mit vorläufigen Dokumenten des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) ausweisen. Um 8:57 Uhr am Neujahrsmorgen zog die Pressestelle im Polizeipräsidium Köln eine erste Bilanz der Silvesternacht. Die Pressemitteilung berichtete von einer entspannten Einsatzlage und titelte: „Ausgelassene Stimmung – Feiern weitgehend friedlich“. Sie ist im Nachhinein nicht nur offensichtlich sachlich falsch, sondern auch der Auftakt für eine ganze Reihe von Vertuschungsvorwürfen.

Autoren

Jan PfeiferJan Pfeifer studiert den Master „Politikmanagement, Public Policy & öffentliche Verwaltung“ an der NRW School of Governance. Neben seinem Studium arbeitet er als wissenschaftlicher Mitarbeiter für einen Abgeordneten im nordrhein-westfälischen Landtag. Seine bisherigen Forschungsschwerpunkte liegen im Bereich der politischen Beteiligung, Wahlforschung und politischer Kommunikation.

 
 
 
 
Jonas SeyfertJonas Seyferth studiert den Master „Politikmanagement, Public Policy & öffentliche Verwaltung“ an der NRW School of Governance. Seine bisherigen thematischen Schwerpunkte sind das Parteiensystem Deutschlands und politische Kommunikation. Praktische Erfahrung sammelte er in Rundfunkredaktionen und Medienagenturen.
 
 
 
 

Diese und weitere Fallstudien finden Sie hier auf regierungsforschung.de in der Rubrik “Fallstudien

Zitationshinweis

Pfeiffer, Jan / Seyferth, Jonas (2017): An Eides statt verbunden – Hannelore Kraft und die Ereignisse der Kölner Silvesternacht 2015, Online verfügbar unter: https://regierungsforschung.de/an-eides-statt-verbunden-hannelore-kraft-und-die-ereignisse-der-koelner-silvesternacht-2015

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