Die Botschaft der Wähler an die politische Wissenschaft. Anmerkungen zur Bundestagswahl 2013. Von Dr. Jürgen Rüttgers

Dr. Jürgen RüttgersDie Bundestagswahl 2013 war ohne jede Frage eine Wahl voller Überraschungen. Die Wahlbeteiligung ist trotz aller Befürchtungen nicht gesunken. Die Argumente der Journalisten und intellektuellen Vordenker, die es für ein Zeichen ihres Mutes hielten, die Wähler zur Wahlenthaltung aufzurufen, haben die Bürger kalt gelassen.

Auch die Regierungsbildung war geprägt von mehreren Überraschungen. Sie hat nicht nur lange gedauert. Der Koalitionsvertrag ist mit 185 Seiten zudem sehr lang geworden. Eine Konzentration auf zentrale Themenfelder ist nicht erfolgt. Mit der großen Koalition, der ‚GroKo‘ wie sie öffentlich genannt wird, verbindet sich kein wegweisendes Projekt. Man hat sogar den Eindruck, dass alle im Bundestag vertretenen Parteien vor einer programmatischen Klärungsphase stehen. 

 

Die Botschaft der Wähler an die politische Wissenschaft

Anmerkungen zur Bundestagswahl 2013

 

 

Von Jürgen Rüttgers1

I Die Bundestagswahl 2013: Eine Wahl voller Überraschungen

Die Bundestagswahl 2013 war ohne jede Frage eine Wahl voller Überraschungen.2 Die Wahlbeteiligung ist trotz aller Befürchtungen nicht gesunken.3 Die Argumente der Journalisten und intellektuellen Vordenker, die es für ein Zeichen ihres Mutes hielten, die Wähler zur Wahlenthaltung aufzurufen, haben die Bürger kalt gelassen.

Ein Blick auf die Erststimmen zeigt, dass die Unionsparteien im Vergleich zu 2009 2.730.047 (+ 5,9 %) Stimmen dazugewonnen haben, die SPD nur 763.700 (+ 1,5 %). Die Grünen haben demgegenüber 796.826, die Linke 1.205.946 Erstimmen verloren. Die FDP hat statt 4.076.496 nur noch 1.028.645 Erststimmen und damit Verluste von 7 Prozentpunkten verbucht.

Bei den Zweitstimmen hat die Union 3.506.931 Stimmen mehr als bei den Erststimmen bekommen. Der Zuwachs belief sich hier auf 7,7 Prozentpunkte. Mit insgesamt 41,5 Prozent lag die Union nur knapp unter der absoluten Mehrheit der Mandate.

Die SPD hat mit 1.261.727 Zweitstimmen um 2,7 Prozent zugelegt. Die FDP hat hier 4.232.547 Stimmen verloren. Die Verluste der Linkspartei belaufen sich auf 1.400.234 Stimmen,4 die der Grünen auf 949.215 Stimmen.

Das Wahlergebnis ist ein persönlicher Überraschungserfolg von Bundeskanzlerin Merkel. Die SPD hat trotz leichter Gewinne ihr zweitschlechtestes Wahlergebnis in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland erzielt. Wie sehr die strukturelle Schwäche der SPD sich auf das Wahlergebnis ausgewirkt hat, zeigt, dass sie nur noch in Hamburg (32,4 % zu 32,2 %) und Bremen (35,7 % zu 29,3 %) vor der CDU lag. Selbst in Bundesländern, in denen die SPD traditionell gute Wahlergebnisse erringen kann, lag sie hinter der CDU (NRW 31,9 % zu 39,8 %, Niedersachsen 33,1 % zu 41,1 %, Hessen 28,8 % zu 39,2 %, Rheinland-Pfalz 27,5 % zu 43,3 %). CDU und CSU allein liegen 7,4 Prozentpunkte vor Rot/Grün: keine Spur von einem Kopf-an-Kopf-Rennen. Überraschend ist auch, dass die Piratenpartei, lange publizistisch hoch gehandelt, nur um 0,2 % auf 2,2 % zugelegt hat und eine Splitterpartei bleibt.

Der ungewöhnlich hohe Verlust der FDP von 9,8 Prozent war allerdings die größte Überraschung. Damit hatte kaum jemand gerechnet. Bisher gaben immer genügend bürgerliche Wähler der FDP ihre Zweitstimme, um ein Ausscheiden der Liberalen aus dem Bundestag zu verhindern. Das war diesmal anders. Innerparteiliche Streitigkeiten und Personalquerelen, Führungsschwäche und inhaltliche Auszehrung führten zum schlechtesten Bundestagswahlergebnis der FDP-Geschichte. Schon bei den Koalitionsverhandlungen 2009 begann ein Abschmelzungsprozess, der in seiner Dramatik von wenigen erwartet war.

Noch 2009 wähnte der damalige FDP-Vorsitzende sich auf dem Weg zur Volkspartei mit 18 %. Berauscht vom Wahlerfolg hatten Teile der FDP von einem liberalen Zeitalter geträumt. Die Folge war nicht nur ein misslungener Start in die neue Legislaturperiode und verpatzte Koalitionsverhandlungen, sondern die Unfähigkeit zu erkennen, dass die Reduktion liberaler Programmatik auf eine Steuersenkungspolitik (‚Mehr Netto vom Brutto‘) zwar einer liberalen Partei oppositionelle Aufmerksamkeit verschaffen kann. Für eine seriöse Regierungspolitik reichte das alleine offensichtlich nicht. Die Regierungsarbeit der FDP wurde in Umfragen im Unterschied zur Union von den Bürgern negativ beurteilt. Viele Wähler (42 Prozent) begrüßten sogar das Scheitern der FDP.5 Auch der innerparteiliche Versuch, aus der FDP eine populistische und euro(pa)kritische Partei zu machen, hatte der FDP geschadet. Einen Wettlauf mit der europopulistischen AfD konnte die FDP als Regierungspartei nicht gewinnen.

Zudem war Merkels Strategie, die Konflikthemen zwischen der von ihr geführten Bundesregierung und den Oppositionsparteien SPD und Grünen durch Übernahme- und Anpassungsprozesse politisch zu neutralisieren, nicht mit dem Versuch der FDP kompatibel, sich als ‚liberale Volkspartei‘ zu präsentieren. Merkels Übernahme-Strategie führte zwangsläufig zu einem Rollenproblem der FDP in der schwarz-gelben Koalition. Alle Versuche der Profilschärfung der Parteispitze (spätrömische Dekadenz, Steuersenkungspartei, sozial-liberales Profil) oder von Teilen der Partei (Europa-Kritik) liefen deshalb ins Leere und schadeten den Liberalen am Ende.

Dass die Linkspartei zwölf Direktwahlkreise an die CDU in den neuen Bundesländern verlieren würde, war eigentlich unvorstellbar. Aber, wer wie die Linken am Wahlabend einen Verlust von 3,3 % bejubelt, weil man ‚größte‘ Oppositionsfraktion geworden sei, nimmt schleichende Erosionsprozesse nicht wahr. Schon im Wahlkampf hatte die Linkspartei keine Rolle gespielt. Trotz der Wut über Milliardenausgaben für die Rettung der Banken und trotz einer Debatte über Kapitalismus und Armut in der Gesellschaft verlor die Linkspartei massiv. Mit einem Wahlprogramm, in dem die Linkspartei für eine Politik gegen die westliche Allianz, für die Auflösung der Nato, gegen die soziale Marktwirtschaft, für mehr Verstaatlichung warb, kann man keine Zukunft gestalten. Koalitionsfähig wird man so nicht. Der interne Dauerkampf zwischen Reformern und Orthodoxen in der Linkspartei ist nicht entschieden.6

Auch die Grünen glaubten, mit einem Wahlkampf, der von Anmaßung und Besserwisserei geprägt war, die Menschen überzeugen zu können. Der Versuch der alten Profis an der Spitze von Partei und Fraktion, erneut oder endlich MinisterIn zu werden, scheiterte auf ganzer Linie. Weil diese auch nicht bereit waren einzugestehen, dass ihr Wahlkampfplan ein großer Fehler war, und die neue Führung Angst vor der Basis und die Übernahme von Verantwortung hatte, blieb eine desorientierte Partei zurück.

Wie sehr sich die Grünen von der Wirklichkeit entfernt hatten, konnte man in der Wahlanalyse der Heinrich-Böll-Stiftung nachlesen.7 Dort steht, dass „weite Teile der Partei die durchgesetzten Negativ-Schablonen des politischen Gegners als Selbstbeschreibung“ übernommen hätten und damit „in einem Akt der vollständigen Unterwerfung die Niederlage“ bestätigten. Schuld war also die Grüne-Basis und nicht eine verfehlte Wahlkampfstrategie.8

Die Ein-Themen-Partei ‚Piraten‘ hat ihren kurzen Höhenflug schon hinter sich. Nach einem Dauerstreit im Führungspersonal und dem Nachweis der inhaltlichen Inkompetenz bei Sachthemen galt die Partei als unseriös. Die ‚Digitale Demokratie‘ hat sich nicht als Wählermagnet erwiesen. Dies gilt umso mehr, als die Piraten den NSA-Abhörskandal regelrecht verschlafen haben. Öffentlich Netzneutralität und Freiheit der Netze zu fordern und gleichzeitig Datenschutz und Privacy zu versprechen, passt eben nicht zusammen.

Die AfD erhielt mit 4,7 % ein Achtungsergebnis und trug zum Verlust der FDP 430.000 Stimmen bei. Da aber auch 340.000 Stimmen von der Linkspartei, 290.000 Stimmen von der Union, 210.000 Stimmen von den Nichtwählern, 180.000 Stimmen von der SPD und 90.000 Stimmen von den Grünen zur AfD kamen, hat sie keine homogene Wählerklientel. Sie ist ein Sammelbecken für Protestwähler. Dies bekräftigt auch die Repräsentative Wahlstatistik“, wonach die AfD „eher rechts der politischen Mitte“ zu verorten ist und prozentual weniger Frauen umfasst. Außerdem war das Wahlergebnis der AfD in den Neuen Bundesländern im Durchschnitt deutlich besser als im Westen.9 Dass am selben Wahltag 20.000 Wähler von der FDP zur Linkspartei abwanderten, zeigt die Unkalkulierbarkeit solcher Proteststimmen. Sie wählen allenfalls Parteien in die Regierung, aber keine Regierungsparteien.10

Die Analyse der Konrad Adenauer Stiftung beschränkte sich im Hinblick auf die Union nach dem überraschend guten Ergebnis darauf, die positiven Aspekte darzustellen.11 Insbesondere betont sie die erheblichen Stimmenzuwächse bei den Selbstständigen, in den Großstädten (außer Duisburg) und den Frauen. Außerdem erwähnt die KAS-Analyse, dass mit der Bekanntgabe von Steinbrücks Kandidatur dessen Zustimmung bei den Frauen dramatisch zu Gunsten Merkels eingebrochen sei, was zu einer „geschlechtsspezifischen Lücke zwischen den Kandidaten bei Frauen“ von 30 % geführt habe.

Die liberale Friedrich-Naumann-Stiftung benennt mit schonungsloser Offenheit die Gründe für das historisch einzigartig schlechte Wahlergebnis der FDP.12 Sie stellt fest, dass die FDP der „eindeutige Wahlverlierer“ sei und ihr „schlechtestes Ergebnis aller Zeiten“ erhalten habe. Sie verfehlte den Einzug in den Bundestag um rund 103.000 Stimmen.

Eine Analyse der Prognosen der Meinungsforschungsinstitute, die die Süddeutsche Zeitung untersuchte, ergab, dass selbst bei den Last-last-minute-Umfragen keine klaren Voraussagen möglich waren.13 Dort wurde weder die „Stärke der Union“ korrekt wiedergespiegelt, die FDP „in Sicherheit gewogen“, die AfD „durchgehend deutlich schwächer als die FDP eingeschätzt“, und „SPD und Grüne latent überschätzt“.

II Die Parteiendemokratie steht vor einer Neupositionierung

Auch die Regierungsbildung war geprägt von mehreren Überraschungen. Sie hat nicht nur lange gedauert. Der Koalitionsvertrag ist mit 185 Seiten zudem sehr lang geworden. Eine Konzentration auf zentrale Themenfelder ist nicht erfolgt. Mit der großen Koalition, der ‚GroKo‘ wie sie öffentlich genannt wird, verbindet sich kein wegweisendes Projekt. Man hat sogar den Eindruck, dass alle im Bundestag vertretenen Parteien vor einer programmatischen Klärungsphase stehen. Nachdem die SPD-Basis entgegen allen Vorwahlvermutungen eine große Koalition wegen der schlechten Wahlergebnisse ablehnte, änderte sich dies im Laufe der öffentlichen Debatte. Die sogenannte Basis – angeblich öffentlich vertreten durch die NRW-SPD und ihre Vorsitzende – stimmte in einer Mitgliederbefragung mit einer großen Mehrheit von rund 76 % der Koalitionsvereinbarung zu. Eckhard Jesse bezeichnet dieses Konvent-Verfahren als demokratietheoretisch höchst problematisch und nennt es „eine Scheinpartizipation“.14 Die SPD-Führung erweckte deshalb den Eindruck, sie habe durch hartes Verhandeln eine Koalition ‚auf Augenhöhe‘ erreicht. Durch die Aufnahme mehrerer Kernpunkte ihres Wahlprogramms in die Koalitionsvereinbarung und eine überproportional starke Zahl an Ministerposten sei man der Sieger der Verhandlungen.

CDU und CSU begnügten sich dagegen mit der Rolle der Verhinderer. Man habe die schlimmsten SPD-Forderungen wie Steuererhöhungen, übermäßige Ausgaben und noch mehr Bürokratie verhindert. Um der Stabilität der Regierung willen, habe man den flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn akzeptiert. Die Union protestierte noch nicht einmal, als die SPD auf ihrem Leipziger Parteitag beschloss, zukünftig auch die Linkspartei als koalitionsfähig zu betrachten. Dieser Beschluss sollte den linken Flügel der SPD beruhigen. Nun ist Voraussetzung für den Erfolg der Zusammenarbeit in jeder Koalition immer, dass die Partner ‚auf Augenhöhe miteinander umgehen‘ und alle den gemeinsamen Erfolg der Koalition wollen. Deshalb liegt in diesem Beschluss der SPD ein Spaltpilz begraben, der in schwierigen Lagen das Scheitern vor der nächsten Bundestagswahl möglich machen soll.

Wann bei der SPD die Ernüchterung einsetzt, bleibt ebenfalls abzuwarten. Die angeblich erkämpfte ‚Augenhöhe‘ ist jedenfalls in jeder deutschen Koalition unabhängig vom Wahlergebnis des kleineren Partners Koalitionsvoraussetzung. Inhaltliche und personelle Beschlüsse, ja alle Anträge und Gesetzesentwürfe im Bundestag, sind nur möglich, wenn alle Koalitionsparteien zustimmen. Dies gilt jetzt für die SPD und galt in den Legislaturperioden vorher für die FDP und die Grünen. Auch die inhaltlichen Positionen werden aus Sicht der SPD-Anhänger an Strahlkraft verlieren. Der gesetzliche Mindestlohn wird nicht uneingeschränkt gelten. Es wird Ausnahmen geben, wie schon im Koalitionsvertrag zu lesen ist. Die Rente mit 63 ist nur eine Übergangsregelung, die wieder außer Kraft tritt, was ihre negative Wirkung angesichts der Probleme des demografischen Wandels nicht schmälert.

Die SPD wird durch den Eintritt in die Koalition – wie die FDP 2009 – die Teile ihrer aktuellen Wählerschaft verlieren, die ihr den Eintritt in die große Koalition übel nehmen. Ihre Grundprobleme sind weder durch den Wahlkampf gelöst (zweitschlechtestes Wahlergebnis, Milieuverlust, Koalitionsoptionen), noch durch den Koalitionsvertrag. Die FAZ kommentierte die hochgelobte Nachwahl-Strategie des SPD-Vorsitzenden Gabriel wie folgt: „Die Reise, auf die sich die SPD seit dem Kampf um die Agenda gemacht hat, gleicht einer Odyssee: Gabriel will die FDP überflüssig machen, die Grünen weiter hofieren, sich für die Linkspartei öffnen, aber mit der CDU und CSU koalieren“.15

Es bleibt abzuwarten, ob das jeweilige Kalkül der Koalitionspartner aufgeht. Zwar konnte die Bundeskanzlerin durch ihre starke Position in der eigenen Partei darauf verzichten, klare Positionen im Koalitionsvertrag festzuschreiben. Das inhaltliche Profil der Union in der Regierung ist als Folge undeutlich. Das schließt nicht aus, dass noch wichtige Weichenstellungen vorgenommen werden. Alle als „historisch“ in der 17. Legislaturperiode (2009 – 2013) getroffenen Entscheidungen fanden sich auch nicht in der Koalitionsvereinbarung. Schon in der ersten großen Koalition (2005 – 2009) wirkte die CDU in ihrer Regierungstätigkeit „normativ entkernt“.16 Ob es aber möglich ist, vier Jahre ohne eigene Kernkompetenz zu regieren und nur pragmatisch zu reagieren und jede Position in der Koalition im Einzelnen durchsetzen zu müssen, bleibt abzuwarten.

Auch die kleinen Parteien stehen vor einer inhaltlichen Neupositionierung. Die Grünen werden, wenn sie wieder in einer Koalition regierungsfähig werden wollen, die selbstgewählte Links-Verortung der Partei aufgeben müssen. Diese wird zwar vor allem von ihrer Funktionärsschicht, nicht aber von der gesamten Parteibasis getragen. Eine Öffnung ins bürgerliche Spektrum wird jedoch nur nach einem inhaltlichen Diskussionsprozess möglich sein. Überraschende Richtungswechsel sind für kleine Parteien, wie das Beispiel der FDP 1969 und 1982 zeigt, gefährlich, weil der Verlust von Teilen der Anhängerschaft droht.17 Die FDP wird, will sie bei der nächsten Wahl wieder in den Bundestag zurückkehren, neu definieren müssen, was Liberalismus in Zeiten der Globalisierung und des internationalen Finanzkapitalismus bedeutet. Die Bezugnahme auf die Freiburger Beschlüsse aus dem Jahr 1971, um damit auch für Rot/Grün koalitionsfähig zu werden, wird nicht ausreichen.

III Sechs Botschaften an die Parteienforschung

Versucht man, die für die Parteiforschung besonders interessanten Aspekte des Bundestagswahlergebnisses 2013 zu beschreiben, so fallen sechs Botschaften der Wähler ins Auge:

1) In der politikwissenschaftlichen Debatte ist seit langem unwidersprochen, dass es bei einem Fünf-Parteien-System keine absoluten Mehrheiten auf Bundesebene geben könne. Diese Auffassung hat dazu geführt, dass häufig mit politischer Inbrunst über Themen wie die Lagertheorien, Schwarz-Grün als lagerübergreifende Wunschkoalition sowie die Drei-Fraktionen-Koalitionen (Jamaika, Ampel, Minderheiten-Regierung, Koalitionsfähigkeit von SPD und Linkspartei) diskutiert wurde. Das Bundestagswahlergebnis 2013 hat gezeigt, dass eine absolute Mehrheit von CDU/CSU zumindest nach Mandaten auf Bundesebene möglich ist, wenn es gelingt, durch Personalisierung der Wahlentscheidung ein besonders gutes Ergebnis zu erringen.18

2) Obwohl die Sehnsucht nach einer lagerübergreifenden Koalition von Schwarz-Grün zumindest bei Journalisten, Intellektuellen und Wissenschaftlern groß war, haben sowohl SPD als auch Grüne und ihre Spitzenkandidaten im Bundestagswahlkampf nur für einen Machtwechsel durch Rot-Grün geworben. Diese Machtoption hat sich als nicht tragfähig erwiesen, nicht nur, weil die SPD eine Koalition mit der Linkspartei ausgeschlossen hatte. Bei der Bundestagswahl erhielt die CDU mit 41,5 % der Zweitstimmen 7,4 % mehr Stimmen als Rot/Grün mit 34,7 %. Damit lag Rot-Grün als Zweierbündnis schon zum zweiten Male hinter der Union.19

Das ‚linke‘ Lager aus SPD, Linken und Grünen hat zusammen rund 30 % der Wahlberechtigten mobilisieren können. Es war damit so schwach wie seit der Bundestagswahl 1990 nicht mehr. Alle nicht zum linken Lager gehörenden Parteien sind mit einem Anteil von 40 % der Wahlberechtigten erheblich stärker.20 Für Ralf Tils und Joachim Raschke21 hat „keines der Lager gesiegt. Lager bleiben unpopulär aber wirksam“. Von einer linken Lagerhegemonie kann aber keine Rede sein.22

Die Lagertheorie, verstanden als ein Gegenüber von Schwarz/Gelb und Rot/Grün oder als ein Gegenüber eines bürgerlichen und eines linken Lagers, hat bei der Bundestagswahl 2013 versagt, weil es zu keinem Zeitpunkt eine Machtoption für Rot/Grün gab. Man wird abwarten müssen, ob durch die Möglichkeit lagerübergreifender Koalitionen (Schwarz/Rot, Schwarz/Grün) oder von Dreier-Koalitionen (Rot/Grün/Linkspartei, Rot/Grün/Gelb, Schwarz/Grün/Gelb) sich die Lagertheorie als Erklärungsmuster nicht überlebt hat.23

3) Analysiert man die einzelnen Wahlkreisergebnisse, stellt man erhebliche Unterschiede bei den Direktmandaten fest.

Die CDU hat 2013 fünf Wahlkreise an die SPD verloren.24 Die Linke hat zwölf Wahlkreise an die CDU abgegeben.25 Die SPD verlor elf Wahlkreise an die CDU.26

Auf die Bundesländer verteilt hat die SPD in Baden-Württemberg, Bayern, Mecklenburg-Vorpommern, Saarland, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen kein einziges Direktmandat errungen. In den neuen Bundesländern hat die SPD nur in Berlin zwei und in Brandenburg einen Wahlkreis gewonnen, in Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen keinen.27

Die Links-Partei hat mit nur vier gewonnenen Wahlkreisen ihre früher starke Stellung in den neuen Bundesländern verloren. Die Union hat fast in der ganzen Bundesrepublik in den Wahlkreisen mit 236 direkt gewählten Abgeordneten eine große Dominanz erreicht.28 Eine regionale Betrachtung zeigt, dass die SPD nur noch im Ruhrgebiet sowie in Hamburg, Bremen und in Teilen von Niedersachsen in der Fläche Erfolge erzielen konnte.

Auch in den großen Städten hat die SPD – mit Ausnahme des Ruhrgebiets – keine dominierende Position mehr. Selbst in Großstädten wie Stuttgart, München, Nürnberg, Frankfurt am Main, Wiesbaden, Rostock, Düsseldorf, Dresden, Leipzig, Magdeburg, Erfurt und Saarbrücken haben CDU und CSU Mehrheiten gewonnen. In Berlin gewannen die Grünen einen Wahlkreis, die SPD nur zwei und die Linke vier Wahlkreise. Die CDU liegt mit fünf Wahlkreisen vorn.

Da die direkt gewählten Wahlkreis-Abgeordneten erfahrungsgemäß eine besondere Rolle auch in der kommunalen Politik haben, kann dieses Erststimmenergebnis eine Veränderung der bisherigen Situation ankündigen, wonach die SPD in den Großstädten dominiert, die CDU dagegen in den ländlichen Räumen.

4) Der Traum der kleinen Parteien, der FDP und der Grünen, im Laufe der Zeit eine Volkspartei zu werden, ist mit dem Bundestagswahlergebnis ausgeträumt.29 Die FDP hat erlebt, dass sie unabhängig von ihrer Politik und den ihr entgegengebrachten Sympathien nicht mehr sicher sein kann, notfalls mit einer Zweitstimmenkampagne die 5-%-Hürde zu überspringen. Obwohl es in Deutschland nach wie vor ein liberales bürgerliches Wählerpotential gibt, reicht das Funktionsargument, für eine bürgerliche Regierungsbildung gebraucht zu werden, nicht aus. Das gilt jedenfalls dann, wenn eine rechtspopulistische Partei wie die AfD um dasselbe Stimmenpotential wirbt. Auch den Grünen ist das Funktionsargument wegen der Schwäche der SPD abhanden gekommen.

5) Die Linkspartei hat nicht vermocht, ihre West-Ausdehnung fortzusetzen. Gleichzeitig hat sie in drei ostdeutschen Bundesländern keinen Wahlkreis mehr gewonnen. Die Grünen haben erlebt, dass der Kampf um die linken Wähler in Konkurrenz zu SPD und Linkspartei nicht für eine Regierungsmehrheit ausreicht. Nach beschlossener Energiewende, einer stärker minderheitenorientierten Politik aller Parteien und einer allgemeinen Zurückhaltung sogar bei Einsätzen der Bundeswehr sogar auf der Grundlage von UN-Mandaten, haben ihre Beziehungen zu der Anti-Atom-Bewegung, der Frauen-Bewegung und der Friedens-Bewegung ihre politische Tragfähigkeit spürbar eingebüßt.

6) Wenn diese Überraschungswahl auch personelle (Merkel/Steinbrück), situative (positive Wirtschaftssituation), wie aktuelle Gründe (Steinbrück-Pannen, Pädophilie-Debatte, Personalstreit bei FDP und Piraten) haben mag, so fällt doch auf, dass weder das Meinungsklima, die journalistischen Einschätzungen, noch die ‚Last-last-minute-Umfragen‘ während des Wahlkampfes wie am Wahltag der wirklichen politischen Lage entsprochen haben. Deshalb stellt sich die Frage, ob die gängigen Erklärungsmuster den Grundlagen politischer Planung und Debatten noch der Wirklichkeit entsprechen und diese angepasst werden müssen.

IV Widersprüche zwischen gesellschaftlicher Realität und Theorie

Ein zentrales Thema der Demokratie und damit sowohl der Parteienforschung als auch der Wahlforschung sind die Beziehungen zwischen den Parteien und der Gesellschaft. Hierzu gehören auch die historischen und zeitgeschichtlichen Arbeiten über das Entstehen des Parteiensystems in Deutschland, Europa und der westlichen Welt.

Die in der deutschen Parteienforschung vorherrschenden Erklärungsmuster verbinden sich mit einigen zentralen Schlüsselbegriffen: Sozialstruktur, Milieu und Interessen.30 In immer neuen und differenzierteren Studien wird seit Jahren versucht, das Beziehungsgeflecht zwischen den Parteien und den politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Wirklichkeiten zu beschreiben. Dabei werden auch historische Entwicklungen betrachtet und die europäischen und internationalen Parteiensysteme zum Vergleich herangezogen.

Mit den ‚Theorien der Konfliktlinien‘, engl. ‚cleavages‘, wird der Versuch unternommen, das Wählerverhalten und daraus folgernd das Parteiensystem durch soziokulturelle Konflikte zu erklären. Diese Theorien werden noch heute entlang den in den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts maßgeblich von marxistischen Theoretikern und dem großen Soziologen Max Weber31 geführten Debatten geprägt. Sie wurden nach dem Zweiten Weltkrieg, vor allem in den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts, wieder aufgegriffen.

Zusätzlich werden die historischen Entwicklungen der Parteien und Parteiformationen in Deutschland und anderen westeuropäischen und nordamerikanischen Demokratien nachgezeichnet. Grundlage hierfür war die Behauptung, dass deren Parteisysteme – wenn auch mit „einigen signifikanten Ausnahmen“ (Übers. d. Verf.) – mit denjenigen der Nachkriegszeit des Ersten Weltkrieges vergleichbar seien.32 In unterschiedlichen Kategorien und Schwerpunkten wurden die einzelnen Zeitabschnitte sowie Konfliktlinien beschrieben.33 Diese umfassen die Gegensatzpaare ‚national – international‘, ‚agrarisch – industriell‘, ‚Arbeit – Kapital‘ und ‚religiös – säkular‘.

Schon diese Kernbegriffe zeigen große Differenzen bei den inhaltlichen Schwerpunktsetzungen auf. Sie stellen nämlich politische, ökonomische wie kulturelle Gesichtspunkte in den Mittelpunkt. Da aber solche Aspekte nicht eindimensional erklärt werden können, kann es auf einer solchen Argumentationsbasis erforderlich sein, nationale Haltungen durch kulturelle Grundlagen zu erklären. Die sich daraus ergebenden Antworten heißen dann: Nationale Haltungen sind in Deutschland vorrangig bei Protestanten vertreten, internationale bei Katholiken. Solche Verallgemeinerungen sind aber in der Regel sehr realitätsfern und werden schnell zu Vorurteilen.

Wie wenig tragfähig solche Erklärungsversuche waren und sind, zeigt sich daran, dass die Konfliktlinien immer wieder neu der jeweiligen politischen Zeit angepasst werden mussten. Galt etwa der Konflikt ‚Zentrum versus Peripherie‘ in der Zeit der Weimarer Republik als gegeben, wurde er für die Nachkriegszeit als ‚im Kalten Krieg suspendiert‘ bezeichnet. Auch der Versuch, die Parteienanhängerschaft der 50er und 60er Jahre in vier ‚Stammgruppen‘, nämlich ‚religiös-kirchlich gebunden‘, ‚nicht kirchlich gebunden‘, ‚arbeitnehmer- und gewerkschaftlich orientiert‘, ‚bürgerlich-mittelständisch-freiberuflich orientiert‘, erwies sich als nicht tragfähig.34 Je weiter die Erklärungskategorien daraufhin differenziert wurden, desto weniger waren sie nachvollziehbar.

Andere Erklärungsmuster versuchten die Konsistenz der Theorien dadurch zu retten, dass man die jeweiligen Standpunkte der Wähler und Befragten den politischen Begriffen ‚Links‘ und ‚Rechts‘ zuordnete.35 Links war ‚international‘, ‚städtisch‘, ‚Arbeitnehmer‘, ‚säkular‘. Rechts war ‚national‘, ‚ländlich‘, ‚Kapital‘, ‚religiös‘. Spätestens von den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts an versagten auch diese Begriffszuordnungen mehr und mehr. Ab den 90er Jahren kamen dann die Begriffe ‚postmaterialistisch‘ und ‚materialistisch‘ auf, wobei der erste der SPD und den Grünen, der zweite der FDP und der Union zugeordnet wurden. Warum z.B. katholische Kirchgänger materialistisch, gar kapitalistisch sein sollten, blieb offen.

Nach der Wiedervereinigung und dem Ende des Kalten Krieges – spätestens nach dem Ende des Neoliberalismus und der Finanz- und Wirtschaftskrise – waren auch diese Ansätze überholt. Wenn man versucht, zu verstehen, welchen Realitätsgehalt die vorhandenen Theorien der Konfliktlinien haben, kommt man zu der Erkenntnis, dass sie weder durch die Wirklichkeit der Parteiendemokratie noch der wirtschaftlichen oder der gesellschaftlichen Lage in der Bundesrepublik Deutschland getragen wurden und werden. Sowohl die Unionsparteien, aber auch nach ihrem Selbstverständnis die SPD, sind heute weder Weltanschauungspartei noch Klassenpartei. Sie fühlen sich weder einer Bevölkerungsgruppe ausschließlich verpflichtet noch einer Region. Sie versuchen, eine ‚Politik der Mitte‘ zu formulieren oder zumindest mit möglichst vielen Parteien koalitionsfähig zu sein oder zu werden. Sie bejahen die freiheitlich-demokratische Grundordnung Deutschlands und die Europäische Union. Sie wissen, dass Mehrheiten bei Wahlen in Deutschland nur gewonnen werden, wenn man sowohl eine ökonomische, als auch eine soziale und eine kulturelle Mehrheit gewinnt.36 Das verbietet folglich eine Selbstmarginalisierung durch eine Konzentration auf Minderheiten- und Außenseiterpositionen.

Auch die politische, ökonomische und gesellschaftliche Wirklichkeit ist eine andere, als sie in den dargestellten Theorien zu Grunde gelegt wird. In Deutschland gibt es heute keine dominanten Industriekerne mehr wie vor dem Zweiten Weltkrieg. Die Industrie verteilt sich über städtische und ländliche Regionen. Das industrielle Zentrum ist schon längst nicht mehr das Ruhrgebiet, sondern in NRW das ländliche Südwestfalen. Auch in ländlichen Gebieten gibt es stabile wirtschaftliche Situationen.

Trotz unterschiedlicher Verteilung von Vermögen, Einkommen und Bildungschancen und der Entwicklung einer ‚Unterschicht‘37 gibt es überall gleichwertige Lebensverhältnisse. M. Rainer Lepsius hat38 unter Bezugnahme auf Thomas Marshall dargelegt, dass „Klassenkonflikte [sich] immer dann verschärfen, wenn der Anspruch auf Vollbürgerschaft (citizenship) nicht soweit erfüllt ist, dass die gewährten Gleichheitsrechte ihrerseits die bestehende Ungleichheit legitimieren“. Dazu müssten drei Aspekte des Gleichheitsanspruchs gewährleistet sein: die „Gewährung gleicher Rechtsprechung“, die „vollberechtigte Teilnahme an der Ausübung und Kontrolle der politischen Herrschaft“ und der soziale Aspekt, wonach eine „gesicherte Lebenshaltung auch bei Krankheit und Alter auf Teilhabe an den Zivilisationsgütern, Beteiligung am wachsenden Sozialprodukt, gleiche Bildungs- und berufliche Aufstiegschancen und ähnliches mehr“39 gewährleistet sei. Deutschland ist ein Rechtsstaat, eine Demokratie und es gibt eine soziale Marktwirtschaft. Das erklärt die hohe Zustimmung der Bürgerschaft zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung und den bestehenden Institutionen. Mangelndes Vertrauen und öffentliche Kritik an Parteien und Politikern, die es im überreichen Maße gibt, sind noch lange kein Klassenkampf und haben keine unüberwindbaren politischen Gräben zur Folge. Das beweist das überraschende Wahlergebnis der Bundestagswahl 2013.

Auch die unter Klassenkampf-Gesichtspunkten beklagte Fremdbestimmung durch das Kapital oder Kapitalisten gibt es nicht mehr.40 Lord Dahrendorf stellt dazu fest: „Das Thema des Klassenkonflikts heißt Lebenschance. Wenn der Zeitpunkt erreicht ist, zu dem diese nicht mehr Anrechts-, sondern nur noch Angebotschancen sind, nimmt der soziale Konflikt eine neue Form an“.41 Die von den Gewerkschaften durchgesetzte betriebliche Mitbestimmung und die Tarifautonomie haben den Arbeitnehmern und ihren Betriebsräten reale Mitentscheidungsrechte gegeben. Die Öffnung des Bildungssystems für alle Kinder und der damit verbundene soziale Aufstieg von Kindern aus sozial schwachen Schichten haben zu mehr sozialer Gerechtigkeit geführt. Der Übergang von der Industrie- zur Wissensgesellschaft hat zur Folge, dass die Produktionsfaktoren Boden, Kapital und Arbeit um einen weiteren Faktor ergänzt wurden: dem Wissen.42 Durch die damit verbundene Verlängerung der Wertschöpfungsketten in der Industrie und der Steigerung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit ist die deutsche Wirtschaft Teil der globalisierten Märkte geworden.43 Das hat zu großen Veränderungen der gesellschaftlichen Wirklichkeit in Deutschland geführt. Deutschland ist heute ein weltoffenes Land und Teil der Europäischen Union.

Es gibt viele nationale Kulturen, aber kein europäisches Land ist heute noch ein klassischer Nationalstaat.44 Also gibt es auch keinen Konflikt zwischen Zentrum und Peripherie. Es gibt Landwirte und ländliche Räume sowie urbanes Leben und Städte. Aber weder im Sozialen, noch in der Bildung oder in der Wirtschaft gibt es eine massive Konfliktlinie. Der Gegensatz von Arbeit und Kapital, wie er die Industriegesellschaft geprägt hat, ist durch die Wissensgesellschaft endgültig aufgelöst worden. Der Gegensatz zwischen Staat und Kirche, wie er noch im 19. Jahrhundert bestand, ist überwunden.

Die Mehrheit der Deutschen kennt die Wirklichkeit des Lebens und Arbeitens in anderen europäischen und nicht europäischen Ländern. Dieses Wissen relativiert die eigene Lebenswirklichkeit. Für viele sind internationale Kontakte nicht nur Urlaubserfahrung, sondern Teil ihrer Studien- oder Arbeitswelt. Die tägliche Berichterstattung in den Medien und Informationen aus dem Internet schaffen aktuelles Wissen über die Ereignisse rund um den Globus. Die Anwerbung von ausländischen Arbeitskräften, die Aufnahme von Flüchtlingen und die Öffnung der Grenzen in Europa erweitern den eigenen Horizont. Die Geltung der Menschen- und Bürgerrechte ist selbstverständliche Wirklichkeit.

All das mag zu einem Anwachsen des Relativismus, einer überzogenen Steigerung des Individualismus und zumindest in der Vorkrisenzeit einer materialistischen Sicht geführt haben. Jedenfalls werden weder eine Einteilung der Gesellschaft in Klassen45 noch die Klassifizierung der Parteien nach alten Konfliktlinien der heutigen gesellschaftlichen Realität in Deutschland und auch abgestuft in den anderen westlichen Demokratien und Gesellschaften gerecht.46 Der Vollständigkeit halber sei allerdings auch erwähnt, dass keine Partei es nach dem Scheitern der Versuche, die bestehenden gesellschaftlichen Problemlagen zu beschreiben, geschafft hat, daraus eine überzeugende Politik abzuleiten. Vielleicht erklärt das auch die häufigen Versuche, Politik als eine Ableitung der Mitte, der modernen Mitte, der linken Mitte, u. ä. zu definieren.47 Die Weigerung, die eigene Politik zu erklären, macht jedenfalls nicht die Problemlösungskompetenz der Parteien überflüssig, die notwendig ist, um Zukunft zu gestalten.

V Wählerverhalten im Wandel

Eine in der Politikwissenschaft seit langem als Unterscheidungskriterium von politischen Strömungen und damit als zentraler Bestandteil des Wählerreservoirs von Parteien zu Grunde gelegtes sozialstrukturelles Merkmal ist das ‚Milieu‘. M. Rainer Lepsius spricht sogar vom ‚sozialmoralischem Milieu‘ und meint damit „soziale Einheiten, die durch eine Koinzidenz mehrerer Strukturdimensionen, wie Religion, regionale Tradition, wirtschaftliche Lage, kulturelle Orientierung, schichtspezifische Zusammensetzung der intermediären Gruppen“ gebildet werden.48 Bei den Milieu-Theorien handelt es sich also um den Versuch einer Verortung der in den sozialstrukturellen Theorien dargestellten gesellschaftlichen Konfliktlinien.49 Dabei beruft man sich auch auf die in vielen westlichen Ländern, besonderes in Deutschland in früheren Zeiten vorhandenen gesellschaftlichen Realitäten. Es war auch unbestreitbar, dass viele Parteien ihre Stammwähler in abgegrenzten gesellschaftlichen Gruppen hatten. Diese Gruppen konnten Milieu genannt werden, wenn sie in der Lebenswirklichkeit der jeweiligen Menschen örtlich oder als soziale Gruppe identifizierbar waren. Wenn aber – wie dargelegt – die sozialstrukturellen Abgrenzungen nicht mehr identifizierbar, ja nicht mehr vorhanden sind, fragt man sich, ob es dann noch möglich ist, von Milieus zu sprechen, die ihre Abbildung in den verschiedenen Parteien finden. Diese Frage ist zu verneinen. Es gibt die Menschen, die Gesellschaften und auch die Parteien prägenden Milieus nicht mehr.

Auch alle Versuche, den Gedanken durch eine Neudefinition in ‚soziale Milieus‘, d. h. nicht verortete, aber von ihren Lebenszielen und ihrer Lebensart unterscheidbaren Lebensformen umzudefinieren, hat sich als nicht tragfähig erwiesen: Die Veränderungen der Lebensformen sind immer schneller und unsteter geworden.50

Die von M. Rainer Lepsius51 für das 19. und die ersten Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts bis zur Auflösung der demokratischen Parteien durch die Nazi-Diktatur beschriebenen sozialmoralischen Milieus sind nach der Befreiung Deutschlands in der Bundesrepublik nicht mehr gesellschaftsprägend gewesen, sondern allenfalls regional spürbar. Aber auch hier geht es zu weit, von „klar abgrenzbaren regionalen Milieus“ zu sprechen.52 Die die Demokratie in der Bundesrepublik Deutschland prägenden Parteien (CDU, CSU, SPD, FDP) haben sich regionale Ausprägungen zu Nutze gemacht, aber nicht zu Eigen. Alle Parteien, die in der Nachkriegszeit die Wiederbelebung der Milieus versucht haben (z. B. Zentrum, DP, BP), haben, selbst wenn sie in den ersten Wahlen in die Parlamente gewählt wurden, nicht überlebt.

Welche Milieus gab es in der Bundesrepublik Deutschland und wie lange:

Arbeiter

Ein Arbeitermilieu war in den Industriezentren, wie etwa dem Ruhrgebiet vorhanden. Dort war von 1948 (oder 1949) bis 1966 die CDU die Mehrheitspartei (oder größte Partei). Sie wurde dann von der SPD abgelöst. 1999 wählte dann bei der Kommunalwahl, ebenso bei der Landtagswahl 2005 wie der Bundestagswahlen 200953 und 2013 die Mehrheit der Arbeiter CDU. Die früher selbstverständliche Allianz zwischen der SPD und der Arbeiterschaft gehörte spätestens seit den Agenda-Beschlüssen der Schröder-Regierung der Vergangenheit an. Der Versuch der SPD, dies im Wahlkampf 2013 durch einen Gerechtigkeits-Wahlkampf rückgängig zu machen, scheiterte. In der Gruppe der Arbeiter lag die Union mit 38 % vor der SPD mit 30 %. Bei den Gewerkschaftsmitgliedern in Westdeutschland lag die SPD mit 39 % (+ 3 %) vor der Union (32 %, + 8 %).54

Selbstständige/Mittelstand

Die Mehrheit der Selbstständigen/Mittelstand wählten von 1949 bis heute die Union. Allerdings hatte die FDP traditionell einen überdurchschnittlichen Anteil. Bei der Bundestagswahl 2013 fand die CDU/CSU ihren höchsten Wählerzuspruch bei den Selbständigen mit 49 %, was mit dem höchsten Zugewinn von 16 % korrelierte. Die FDP hatte mit einem Wähleranteil von 10 % einen Verlust in dieser Bevölkerungsgruppe von 16 % zu verzeichnen.55

Beamte/öffentlicher Dienst

CDU/CSU erzielten bei der Bundestagswahl 2013 bei den Beamten einen Zuwachs von 11 % auf 44 %. Die FDP kam nur auf 3 %, was auf ein Minus von 10 % zurückzuführen war.56 Der öffentliche Dienst hat sich nach Aussage von Manfred Güllner, dem Chef des Forsa-Instituts, zu einer „Bastion der Grünen entwickelt“. Nach seinen Untersuchungen haben die Grünen bei den Beamten und Tarifbediensteten ein Wählerpotential von über 20 %. Sie liegen damit vor der SPD.57 Bei der Bundestagswahl 2013 wählten 13 % der Beamten die Grünen (- 5 %).

Landwirte

Bei den Landwirten erzielte die Union 2013 mit 74 % ein herausragendes Ergebnis (SPD 7 %, FDP 6 %, Linke 4 %, Grüne 4 %, AfD 1 %). Zwar hat diese Berufsgruppe in den vergangenen Jahren an politischer Bedeutung verloren. Für den ländlichen Raum hat sie jedoch noch eine große Relevanz.

Katholiken / Protestanten

Während der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts spielte die Konfessionszugehörigkeit eine bedeutende Rolle. Diese hat in den vergangenen Jahren abgenommen. Wichtiger ist heute die Kirchenbindung der Wähler. Bei beiden Konfessionen liegt die Union bei den Wählern mit Kirchenbindung vorne. 2013 wählten mehr als die Hälfte der Katholiken (53 %) die Union, bei Katholiken mit Kirchenbindung sogar 72 % (SPD 12 %). Bei den Protestanten erreichte die Union damals 40 %, die SPD 32 %. 2009 wählten 44 % der westdeutschen Katholiken CDU/CSU, mit Kirchenbindung 67 % (SPD: 12 %). Bei den Protestanten büßte die SPD mit 27 % ihren Vorsprung ein (Union: 32 %). Allerdings wird die Anhängerschaft der Union bei Katholiken mit starker Kirchenbindung immer kleiner und umfasst inzwischen nur noch 8 % der Wahlberechtigten.58

Festzuhalten bleibt demnach: Nach dem Zweiten Weltkrieg konnten sich landesweite Milieus in der Bundesrepublik nicht wieder bilden. Adenauers Politik, mit der Union eine Partei zu gründen, die sowohl konservative, liberale und dienstliche Positionen vertreten sollte, war bewusst Milieu sprengend. Spätestens der Abschied der SPD von einer klassenorientierten Politik auf dem Godesberger Parteitag war milieuübergreifend. Der Versuch der FDP, sowohl nationalliberale wie freidenkende Wähler anzusprechen, war nicht mehr milieuorientiert. Gleiches galt für Erhards Politik des ‚Wohlstand für alle‘. Auch die durch Krieg und Vertreibung verursachten erheblichen Verschiebungen in der Zusammensetzung der Bevölkerung haben maßgeblich zur Veränderung der Vorkriegsstrukturen beigetragen. In den 60er Jahren begann zudem eine Auflösung der politischen Präferenzen, die auf den „sozialökonomischen Umbruch zur Dienstleistungsgesellschaft, die erhöhte Mobilität der entstehenden Pendlergesellschaft, die wachsende Urbanisierung sowie vor allem die nachlassende Bindungskraft des Kirchenumfeldes“ zurückzuführen war.59

Dieser Prozess setzte sich bis in die 90er Jahre fort und führte auch durch die gesellschaftlichen Veränderungen bedingt, die mit der Wiedervereinigung, dem Ende des Kalten Krieges, der Globalisierung, der Digitalisierung aller Lebenswelten und der fortschreitenden europäischen Einigung verbunden waren und sind, zu einer Auflösung auch der regionalen Milieus.

Mit der Wahl der Grünen 1983 in den Deutschen Bundestag erweiterte sich als Folge dieser Veränderungen das seit den 60er Jahren allein aus CDU/CSU, SPD und FDP bestehende Parteiensystem. Mit der Wiedervereinigungswahl 1990 etablierte sich mit der PDS/Linkspartei eine neue ostdeutsche Regionalpartei. Die SPD, die in den 70er Jahren die stärkste Fraktion im Bundestag stellte, verlor viele Wähler und ist jetzt eine 20%-Partei. Auch die Union konnte erst mit der Bundestagswahl 2013 die 40%-Marke wieder übersteigen. Die FDP wurde erstmals in ihrer Geschichte aus dem Bundestag herausgewählt.

Diese Ergebnisse haben ihre Ursache nicht nur in aktuellen Wählerreaktionen oder dem Anwachsen der Proteststimmen. Sie beruhen insbesondere auf den genannten gesellschaftlichen Veränderungen, die zur Auflösung der Milieus wie zu einem stärker situativen Wählerverhalten auch im Stammwählerbereich führten. Dass rund 32 % der Wähler sich erst in den letzten Tagen vor der Wahl entschieden haben, zeigt, wie offen das Wahlverhalten geworden ist.60 Es ist deshalb auch nicht verwunderlich, dass der Anteil der Wähler, die keine nennenswerte Parteienidentifikation haben, von 1975 bis 2005 im Westen Deutschlands von 15 % auf etwa 32 % angestiegen ist. Die Folge ist, dass es eine „neue Unübersichtlichkeit des Wählerstimmenmarktes“ mit stärkeren kurz- und mittelfristigen Reaktionen der Wähler auf aktuelle Ereignisse als in früheren Zeiten starker Parteienidentifikation gibt.61

Wenn sich die Milieus auflösen, nehmen zwangsläufig auch die Parteibindungen ab. „Die Auflösung fester Milieus und sozialer Schichten, die zugleich eine Entsprechung in kulturellen, religiösen, politischen Prägungen hatten, ist der Hauptgrund für die Lockerung der Bindungen an Parteien“.62 Wenn es differenzierte Möglichkeiten der politischen Einflussnahme gibt, nimmt die Parteienidentifikation ebenfalls ab. Auch der Anstieg des Wähleranteils, der seine Stimmen zwischen zwei Parteien splittet, ist ein Indiz für die neue Unübersichtlichkeit des Wählerverhaltens.63

Die Öffnung des Bildungssystems seit den 60er Jahren des letzten Jahrhunderts für alle gesellschaftlichen Gruppen und die durch immer mehr verfügbares Wissen entstandene Wissensgesellschaft haben die Möglichkeiten zur politischen Partizipation erheblich erweitert. Der dauerhafte Kontakt zu politischen Parteien ist nicht mehr erforderlich, um sich politisch Gehör zu verschaffen. Parteimitglieder haben heute weder einen Informationsvorsprung noch mehr politische Mitbestimmungsmöglichkeiten. Die Öffnung des politischen Systems führt zu einer Auflösung der Parteibindungen. In jüngster Zeit hat eine Studie der Bertelsmann-Stiftung die These aufgestellt, in Deutschland gebe es eine gespaltene Demokratie.64 Diese Spaltung der deutschen Gesellschaft wird im Kern damit begründet, dass für die mangelnde Partizipation und hier insbesondere die Nichtteilnahme an Wahlen verantwortlich sind: „die eigene politische Sozialisation in der Familie und im Freundeskreis, Wahlen als staatsbürgerliche Pflicht und das Phänomen, dass es vor allem die unteren Schichten sind, die sich bei der Wahl enthalten.“ In nur einem Jahrzehnt haben sich der Abstand zwischen der obersten Einkommensschicht und der untersten Einkommensschicht von 8 auf 10 % vergrößert.65 Mal abgesehen davon, dass sich in einem vergleichbaren Zeitraum die allgemeine Wahlbeteiligung von 82,3 % (1998) auf 71,5 % (2013) verringert hat, ist die geringere Partizipation von Angehörigen der niedrigen Einkommensklassen kein neuer Befund, der den Titel ‚gespaltene Demokratie‘ rechtfertigen würde. Auch reicht es nicht, als Begründung für eine Art negativer Milieu-Theorie aus, nur auf ein geringeres Politikinteresse von jüngeren Menschen, die Bedeutung des persönlichen Lebensumfeldes und die ‚soziale Kluft“‘ pauschal hinzuweisen. Mindestens genauso wichtig ist die Angst vor den großen Veränderungen der Gesellschaft, also die Angst, durch Globalisierung und Big Data überfordert zu werden.66 Solche Ängste werden in anderen westlichen Demokratien häufig von populistischen Parteien instrumentalisiert. Dazu passt, dass viele Nichtwähler darüber klagen, dass die Politik sich mehr mit Rand- und Minderheitsthemen beschäftigt als mit den Themen, die die Mehrheit der Bevölkerung für wichtig hält.67

Auch das Aufkommen von Bürgerbewegungen und Non-Governmental-Organisations (NGOs) und die damit verbundene Politisierung der gesellschaftlichen Institutionen, haben zu einem Einflussverlust der klassischen Institutionen wie Gewerkschaften, Verbänden und Kirchen geführt. Diese haben ebenso wie die Parteien immer weniger Einfluss auf das Wählerverhalten. Die neuen Institutionen der Zivilgesellschaft teilen sich in zwei Grundformen. Viele von ihnen sind in Wirklichkeit unternehmensähnliche Organisationen (‚commercial business‘). Die anderen sind Non-Profit-Organisationen, die häufig von staatlichen Zuschüssen leben. Beide lassen sich keinen Milieus zuordnen.

Die großen Parteien, die sich zu Volksparteien entwickelt und damit immer weiter von den anfangs noch regional bestehenden Milieus entfernt haben, haben diese Veränderungen befördert. Die Vereinigungen der gesellschaftlichen Gruppierungen innerhalb der Parteien haben ihren politischen Einfluss verloren, weil sie sich zu sehr auf die innerparteiliche Durchsetzung ihrer Personal- und Sachinteressen konzentriert haben. Ihre ursprüngliche Funktion, die Interessen gesellschaftlicher Gruppen innerhalb ihrer Partei zu vertreten und gleichzeitig bei diesen für das Programm ihrer Parteien zu werben, wird kaum noch wahrgenommen. Die Parteien werben heute anders um Wähler als in den ersten Jahrzehnten nach der Gründung der Bundesrepublik. Neue Medien haben zu einem neuen Kommunikationsverhalten geführt. Die Journalistin Tissy Bruns sieht die Politiker und die politischen Parteien gar „in einer Art Geiselhaft“ der Medien. Diese zwingen die Politik, sich der „Logik und den Gesetzen der Medien anzupassen, die ihrer eigenen Logik widersprechen.“ Sie fragt: „Worin besteht die Kraft der Medien?“ In der latenten Abwertung des Politischen, in einem unangemessenen Einfluss auf die Logik der Politik, die immer noch treffend als das langsame Bohren dicker Bretter beschrieben wird.68 Auch dadurch ist das Wählerverhalten bunter geworden.

All diese gesellschaftlichen Veränderungen führen dazu, dass der Versuch, ausgehend vom Wählerverhalten die Wähler zu typologisieren, um daraus auf ihre Lebenswelten zurückzuschließen, heute untauglich ist.69 Kurzum: Arbeiter wählen heute nicht automatisch SPD, Unternehmer nicht die Union, Selbständige nicht die FDP, Beamte nicht die Grünen. Solche immer wiederholten Behauptungen sind heute nur noch Klischees und nicht mehr Wirklichkeit. Das hat die Bundestagswahl 2013 deutlich gemacht.

VI Demokratie braucht Parteien

Je mehr sich die Erklärungen des politischen Verhaltens von Wählern und von Parteien über definierte Milieus, ‚Rechts-Links-Kategorien‘ oder Klassenzuordnungen als untauglich erweisen, nehmen die Klagen über die nicht vorhandene Unterscheidbarkeit der Parteien ebenso zu wie die Suche nach einem dritten Weg. Das von Francis Fukuyama ausgerufene ‚Ende der Geschichte‘70 verstärkte ebenso die öffentliche Ratlosigkeit wie Samuel Huntingtons ‚The Clash of Civilizations‘.71 Die Versuche der Parteien jeweils ‚Die Mitte‘ zu verkörpern, vergrößerte das Gefühl der Profillosigkeit ebenso wie der Versuch, eine Politik „jenseits von links und rechts“ zu erfinden. Stark konsensorientierte Systeme wie das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland führen zudem „zu einer Entpolitisierung der Gesellschaft als Ganzes bei gleichzeitiger Tendenz zur symbolischen Inszenierung und zu populistischem Ersatzhandeln“.72 Parteien und Politiker erscheinen mehr und mehr austauschbar. Überall in Europa entstanden populistische Parteien, die solcher Nivellierung durch scharfe Abgrenzung zu begegnen versuchen.

Ein solcher Versuch, in dieser selbst geschaffenen Unübersichtlichkeit ein neues Erklärungsmuster vorzustellen, in dem das allgemeine Unbehagen gebündelt und genutzt werden kann, ist der Grund für das Entstehen des Begriffs ‚Postdemokratie‘. Mit diesem Wort versuchte dessen Erfinder Colin Crouch,73 das „Lavieren der Demokratie zwischen Populismus, Manipulation und ökonomischen Zwängen“ und den drohenden „Verlust der Glaubwürdigkeit demokratischen Handelns und die Verachtung der Demokratie“ zu einem wirkmächtigen Erklärungsansatz zu verbinden.74

Was ist also ‚Postdemokratie‘? Colin Crouch definiert sie als „ein Gemeinwesen, in dem zwar nach wie vor Wahlen abgehalten werden, Wahlen die sogar dazu führen, dass Regierungen ihren Abschied nehmen müssen, in dem allerdings konkurrierende Teams professioneller PR-Experten die öffentliche Debatte während der Wahlkämpfe so stark kontrollieren, dass sie zu einem reinen Spektakel verkommt, bei dem man nur über eine Reihe von Problemen diskutiert, die die Experten zuvor ausgewählt haben. Die Mehrheit der Bürger spielt dabei eine passive, schweigende, ja sogar apathische Rolle. Sie reagieren nur auf die Signale, die man ihnen gibt. Im Schatten dieser politischen Inszenierung wird die reale Politik hinter verschlossenen Türen gemacht: von gewählten Regierungen und Eliten, die vor allem die Interessen der Wirtschaft vertreten“.75

Sympathischerweise fügt er seiner Definition unmittelbar anschließend folgende Bemerkung hinzu: „Genau wie das marxistische Ideal ist auch dieses Modell eine Übertreibung“.76 Es entspricht folglich nicht der Wirklichkeit. Und er fügt an, dass sein Buch in erster Linie für „Sozialdemokraten und alle anderen Menschen“ gedacht ist, „die an das Ideal der politischen Gleichheit glauben“.77 Für Crouch ist eine „postdemokratische“ Demokratie noch nicht undemokratisch,78 aber schon fast wieder „prädemokratisch“.79

Crouch begründet den von ihm diagnostizierten Substanzverlust der Demokratie und ihrer Institutionen damit, dass das Volk nicht mehr an der Demokratie teilnimmt und die Möglichkeiten der Partizipation massiv abnehmen. Der Einfluss der privilegierten Elite sei, so schreibt er, immer stärker geworden.80 Die Transparenz und die Offenheit des demokratischen Systems haben dagegen abgenommen.81

Zur Begründung fügt er eine Vielzahl von Beobachtungen an, die er im Saldo als „postdemokratische Verschwörung“ bezeichnet82 und die ihn gleichzeitig zu „erschreckend widersprüchlichen Schlussfolgerungen“ verleiten.83

Der Einfluss privilegierter Eliten und das egalitäre Projekt werden ohnmächtig, stellt er fest.84 Das Regieren werde intransparent und verliere seine Offenheit.85 Es gebe weniger Schutz der Privatsphäre.86 Die Zahl der Interessengruppen, die gegen das politische Engagement werben, nehme stark zu,87 was zu einer Monopolisierung der Politik durch die Interessen des ‚Big Business‘ führe. Der Rückzug des Staates, aus der Fürsorge für das Leben der einfachen Menschen, mache den Staat zu einem “Selbstbestimmungsladen”.88 Der Respekt gegenüber den Politikern sinke, weshalb sie versuchten, die Bürger mit den „bekannten Techniken“ zu manipulieren.89 Der Verfall der politischen Kommunikation, die wachsende Personalisierung von Politik und Wahlen, der Ausschluss von wichtigen sozialen Gruppen und die Verunglimpfung der Politiker durch ‘’PR-Spin‘ schaden der Demokratie.90 Christoph Möllers bezeichnet diese Darstellung als „Verfallsgeschichte“ und „bedenklich unhistorisch“, was richtig ist.91

So sehr man sich über die mutige, wenn auch extrem einseitige Darstellung mancher angeblich ‚tabuisierten Sachverhalte‘ freuen mag: Die Analyse dient nicht der Erhellung der Wirklichkeit, sondern der Unterstützung einer politischen Richtung.92 So ist man auch enttäuscht, wie unklar und unprofiliert die Vorschläge zur Veränderung der dargestellten Wirklichkeit sind. Crouch will die wachsende Dominanz der ökonomischen Elite begrenzen, „die politische Praxis“ als solche reformieren und die „Handlungsmöglichkeiten der Bürger“ öffnen.93

Konkret kommen dann merkwürdige Vorschläge wie die Zuteilung von Steuermitteln an die Parteien durch den Wahlbürger, die einen Prozentsatz ihrer jährlichen Steuerschuld den Parteien zuwenden. Gänzlich undemokratisch scheint die Idee, ein Überparlament zu installieren. Eine Versammlung von „zufällig ausgewählten Bürgern“ soll über das Recht verfügen, „Gesetze zu verabschieden oder zu verwerfen“.94 Demokratisch ist das alles nicht.

Ebenso wie Colin Crouch wendet sich die in England lehrende Politikwissenschaftlerin Chantal Mouffe gegen die verschiedenen Versuche, „das Ziel demokratischer Politik in Begriffen von Konsens und Versöhnung“ zu sehen.95 Nach ihrer Auffassung zeigt sich der Legitimationsverlust demokratischer Parteien in einer zunehmenden ‚Entpolitisierung‘.96 Deshalb sollten „demokratische Theoretiker und Politiker die Aufgabe in der Schaffung einer lebendigen ‚agonistischen‘ Sphäre öffentlicher Wettstreits sehen, in der verschiedene hegemoniale Projekte miteinander konfrontiert werden könnten“.97 Dieses sei die ‚Conditio sine qua non‘ einer effektiven demokratischen Praxis. Unter Bezugnahme auf Carl Schmitt und Machiavelli bestreitet sie aber, dass wir „gegenwärtig [….] das Verschwinden des Politischen in der Dimension der Gegnerschaft erleben“, sondern dass diese heute „im moralischen Register ausgetragen wird“. Statt mit einem Kampf zwischen „rechts“ und „links“ hätten wir es mit einem Kampf zwischen „richtig“ und „falsch“ zu tun.98 Zum Zweiten behauptet Mouffe, dass demokratische Politik nicht durch Konsens, sondern durch Konfrontation „Energie bezieht“,99 um daraus ein Plädoyer für eine multipolare Welt mit mehreren Hegemonialmächten abzuleiten.100

Diese theoretischen Überlegungen sind stark von den neoliberalen Auffassungen geprägt, die in den letzten Jahrzehnten versucht haben, die alten Schubladen politischer Theorien aus dem 19. Jahrhundert zu entrümpeln und gleichzeitig eine ‚neoliberale‘ Wirtschaftsordnung durchzusetzen. Insofern verwundert es auch nicht, dass die Vertreter der Postdemokratie eine Rückkehr zu den alten, wenn man will, klassischen Kategorien politischer Lager und ideologischer Positionen fordern. Wer erlebt hat, wie ohnmächtig Vertreter nicht neoliberaler Positionen über lange Zeit in den Jahrzehnten zwischen dem Ende des Kalten Krieges bis zum Beginn der Weltwirtschaftskrisen waren, versteht das Gefühl, das diesen Erfahrungen zu Grunde liegt.

Der durch die Weltwirtschaftskrise ausgelöste Legitimationsverlust bürgerlicher und liberaler Positionen beruht aber nicht auf einem Scheitern der westlichen Grundwerte ‚Freiheit‘, ‚Gerechtigkeit‘ und ‚Solidarität‘ oder auf dem Scheitern von Rechtsstaat und Demokratie. Er beruht auf den durch den Übergang von der Industriegesellschaft zur Wissensgesellschaft verursachten gesellschaftlichen Veränderungen sowie den durch die Öffnung von staatlichen Grenzen und den neuen Möglichkeiten der digitalen Kommunikation entstandenen Entgrenzungen.

Während der Übergang zur Wissensgesellschaft zu einer fundamentalen Veränderung der Art, wie wir arbeiten und wirtschaften, führt, hat die Entgrenzung der Art, wie wir leben und kommunizieren, zur Folge, dass die Menschen einem permanenten Anpassungsdruck ausgesetzt sind und gleichzeitig die Zeit, sich selbst anzupassen, abgenommen hat. Diese Entgrenzungen werden als Überforderung empfunden. Lord Dahrendorf schreibt dazu, dass „Jahrzehnte des Wirtschaftswachstums und des sozialen Fortschritts in einer Periode der Unübersichtlichkeit endeten“.101

Die mit dieser stillen politischen Revolution verbundenen Bewältigungsstrategien werden mit den Begriffen Individualisierung, Relativismus und Materialismus sicher unzureichend beschrieben. Was damit gemeint sein kann, zeigt sich aber in den konkreten politischen Handlungsmustern. Da wird versucht, angeblichen Auswüchsen der Globalisierung durch eine Politik der Renationalisierung der Politik zu begegnen. In manchen Teilen der Welt und in Teilen der Bevölkerung ist ein religiöser Fundamentalismus entstanden. Andere versuchen, die Liberalisierung des staatlichen und wirtschaftlichen Sektors durch neue Verstaatlichung rückgängig zu machen.

Die Vertreter postdemokratischer Ansätze versuchen, die alten politischen Gegnerschaften wiederzubeleben, um durch Abgrenzung alte Sicherheiten zu gewinnen. Dabei wird jedoch verkannt, dass die vorhandenen Konflikte nicht durch die Neubelebung eines ‚Antagonismus‘ bewältigt werden können. Vielmehr muss die Frage beantwortet werden, wie das Politische unter den neuen politischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Bedingungen geregelt werden muss, also durch Macht, durch Volksherrschaft, durch Wettbewerb, die sich jeweils demokratisch legitimieren müssen.

Dabei ist es wichtig, anders als die Postdemokraten nicht zu übersehen, dass Konflikte nicht nur durch Abgrenzung entstehen, unterschiedliche Auffassungen nicht nur abgelehnt, sondern positiv begründet werden müssen, dass Wettbewerb und Markt unterschiedliche Sachverhalte beschreiben und Demokratie nicht aufgegeben werden muss, um politische Konflikte zu haben.

In den westlichen Demokratien sind heute die Geltung der Menschen- und Bürgerrechte und der Rechtsstaat als Voraussetzung für eine funktionierende Demokratie unbestritten. Sie sind aber nicht für die Ewigkeit in Stein gemeißelt.102

Menschenrechtsverletzungen und staatliche Übergriffe wie die Rückkehr zu autoritären Verhaltensmustern hat es auch im Westen immer wieder gegeben. Die freiheitlich-demokratische Grundordnung muss deshalb auch immer wieder gegen ihre Feinde verteidigt werden. Deshalb weist Ralf Dahrendorf darauf hin, dass „Freiheit bedeutet, dass Möglichkeiten des Handelns bestehen, ob Menschen sie nutzen wollen oder nicht“.103 Und er fügt unter Bezugnahme auf Isaiah Berlin hinzu: „Menschen wollen ihr eigenes Leben führen. Das ist die Frage, wie sie von Liberalen in der modernen Welt verstanden ist, von den Tagen des Erasmus bis zu unseren“.104

Deshalb braucht jede Demokratie auch Parteien, die untereinander um den richtigen Weg in einer offenen Gesellschaft ringen. Deshalb gibt es auch Fragestellungen, die immer wieder neu einer Antwort bedürfen und Antworten, die immer wieder der Wirklichkeit angepasst werden müssen. Die westliche Demokratie ist nicht fehlerfrei. Sie hat aber als liberale und partizipative Demokratie gegenüber anderen Staats- und Gesellschaftsformen nicht nur einen „Legitimitätsvorsprung“, einen „Wissens- und Wirtschaftsvorsprung“ sowie zusätzlich einen „selbstkritischen Lernvorsprung“, der sie in die Lage versetzt, ihre „Defizite an Zukunftsfähigkeit“ auszugleichen.105

Es wäre auch überheblich zu glauben, dass die Demokratie, wie wir sie heute in den westlichen Ländern kennen, die letzte Antwort in der mehr als 2.000-jährigen Geschichte der Demokratie ist. Freiheit und Rechtsstaat werden auch in Zukunft Ursprung und Grundlage der Demokratie sein und sein müssen. Das Prinzip der Mehrheitsentscheidung, die Gleichheit vor dem Gesetz, die Menschen- und Bürgerrechte werden Voraussetzung von Rechtsstaat, Demokratie und sozialer Marktwirtschaft auch unter den Bedingungen einer globalisierten Welt einer freiheitlichen Ordnung bleiben müssen.106

VII Fazit: Die alten Parteientheorien sind überholt

Die alten Parteientheorien sind überholt. Sie geben nicht mehr die Wirklichkeit wieder. Nach der Auflösung der Milieus kann keine Partei mehr als Milieu-Partei überleben. Auch die Ableitung der Parteien aus Lebensmustern (cleavages) mit Lebensstilen trägt in einer offenen, individualistischen und pluralen Gesellschaft nicht mehr. Der Glauben, dass Bürger und Parteien nur der Macht willen oder wegen der Maximierung ihres eigenen Vorteils wählen oder gewählt werden, reduziert das Politische, das oft und stark von Werten, Emotionen,107 persönlichen Beziehungen und auch Zufällen geprägt ist. „Wenn eine Partei eine Wählerschaft, die potentiell die ganze Nation umfasst, besitzt oder umwirbt, wenn hinzukommt, dass die Wählerschaft in ihrer Mehrheit aus Individuen besteht, deren Verhältnis zur Politik oberflächlich und nicht von Dauer ist, dann ist die Zahl der Faktoren, die das Wahlergebnis entscheiden können, fast unendlich groß […]“, fasst Otto Kirchheimer das von ihm als „begrenzte Integration“ bezeichnete Verhältnis des Wählers zu den Parteien zusammen.108

Der Versuch der Re-Ideologisierung der Parteienlandschaft durch eine Differenzierung der Parteien nach Freund-Feind-Kriterien ist mehr ideologische Setzung, als Beschreibung der Wirklichkeit. Wer vorhandene Fehler bei demokratischen Verfahren und Institutionen zum Anlass nimmt, die Demokratie als verkommen zu bezeichnen, reduziert diese auf einen historischen und damit eingeschränkten, weil definierten und nicht mehr entwicklungsfähigen Zustand. Zum anderen bezieht er sich nur auf den staatlich institutionellen Rahmen. Demokratie ist aber nicht nur eine Staatsform, sondern auch eine Lebensform. Sie muss also noch vollendet werden. Wir leben also nicht in einer Postdemokratie, sondern in einer Vordemokratie.

Wenn die Wirklichkeit der Politik sich ändert, müssen sich auch die politikwissenschaftlichen Erklärungen ändern. Dies gilt umso mehr als es eine Fülle von Problemen gibt, die zu einer Aushöhlung des politischen Systems beitragen. Der augenblicklichen Politik fehlt die Würde, weil sie sich mit jedermann gemein macht. Überall ist ein fehlender Anstand der Eliten offensichtlich. Die massenhaften Steuerbetrüger sind ein deutliches Beispiel. Der Verlust der Klarheit bei politischen Positionen spiegelt die Unklarheit der gesellschaftlichen Strukturen. Lange Jahre stand die Ökonomisierung aller Lebensbereiche im Mittelpunkt politischen Denkens und staatlichen Handelns und nicht das Allgemeinwohl und die Demokratie. Aus Wählern wurden Kunden, aus Parteien politische Profit-Organisationen. Politik war nicht mehr Überzeugung, sondern Marketing und Verkauf, was Hans Vorländer mit dem Wort „Als-ob“-Demokratie charakterisiert.109

Aber auch in Zukunft werden die großen Fragen, die die Menschen beschäftigen, relevant bleiben: die Fragen von Freiheit, Frieden, Gerechtigkeit und Solidarität.110

Unser Parteiensystem wird sich nicht von heute auf morgen fundamental verändern. Es wird sich weiterentwickeln. Seine historischen Wurzeln haben auch in Zukunft zur Erklärung der Geschichte ihre Bedeutung. Aber solange es keine Revolutionierung der Politik und damit der Parteipolitik gibt, gibt es auch nicht die eine alles umfassende Antwort zur Erklärung unseres Parteiensystems und des Wahlverhaltens der Bürger.

Zur Analyse der Wirklichkeit unseres Parteiensystems wird es deshalb unterschiedlicher Ansätze bedürfen. Die Parteien wird man im Verhältnis zueinander nur mit verschiedenen Erklärungsmustern beschreiben können. Die Parteientheorien werden nur die Wirklichkeit beschreiben, wenn man die Parteien als Institutionen versteht, die auf die unterschiedlichen Lebenswirklichkeiten reagieren, um demokratische Mehrheiten zu erobern.

Die Folge eines solchen Verhaltens ist nicht eine nur pragmatische Politik, ein ‚muddling through‘, ein ‚Durchwursteln‘. Die Wähler wollen wissen, wofür die Parteien stehen. Dies gilt besonders für Stammwähler. Viele empirische Untersuchungen haben gezeigt, dass die Wähler, auch solche ohne großes politisches Interesse, eine recht präzise Vorstellung von den Positionierungen der Parteien im politischen Spektrum haben. Diese wollen sie wiedererkennen.

Stabile Mehrheiten bei Wahlen sind zudem nur zu erringen, wenn es gelingt, gleichzeitig eine politische, eine wirtschaftliche sowie eine kulturelle Mehrheit zu gewinnen. Das geht nur, wenn die Wähler Politikern vertrauen. Vertrauen ist nach der klassischen Definition von Niklas Luhmann ein „Mechanismus zur Reduktion sozialer Komplexität“. Demjenigen, dem man vertraut, nimmt man auch Zumutungen ab. Er muss als Gegenleistung dafür aber sagen, wofür er steht. Floskeln, Schweigen, Reden ohne Aussage schaffen kein Vertrauen. Politiker müssen Mut zur Klarheit und zum Konflikt, Mut zur Kante haben. Und sie müssen das Gesagte und Geglaubte leben. Nur wer diesen Mut hat, bekommt Vertrauen entgegengebracht. Daran fehlt es weitgehend.111

Die Parteien sind heute Organisationen, die wie andere gesellschaftliche Institutionen auch durch Vielfalt geprägt sind. Sie sind keine monolithischen Blöcke, unbeweglich, klar definiert, nur auf ein Ziel ausgerichtet, nur eine Schicht der Bevölkerung umfassend. Sie sind Volksparteien, also alle Schichten des Volkes umfassend. Sie sind Klientelparteien, also nur die Interessen einer bestimmten Bevölkerungsgruppe vertretend. Sie sind Ein-Themenpartei, also auf die Durchsetzung eines inhaltlichen Anliegens ausgerichtet. Sie sind radikal, weil sie eine Veränderung des politischen Systems außerhalb des Verfassungsrahmens der freiheitlich-demokratischen Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland versuchen. Sie versuchen eine verfassungsfeindliche Ideologie durchzusetzen. Oder sie sind eine populistische Partei, die den Unmut eines Teils der Bevölkerung artikulieren und instrumentalisieren will, um in Parlamente und Räte gewählt zu werden.112 Ihnen ist bei allen Unterschieden gemeinsam, dass sie eine definierte Strategie zur Stimmenmaximierung haben. Das ist an sich nichts Verwerfliches, weil es zum Wesen einer Partei gehört, für Mehrheiten demokratisch zu kämpfen.

Um eine Mehrheit zur Regierungsbildung zu erlangen oder als Opposition bei den nächsten Wahlen erfolgreich zu sein, braucht eine Partei aber auch ein Parteiprogramm, aus dem der Charakter der Partei innerhalb des Parteienspektrums abgeleitet werden kann. Wer Volkspartei ist, will regieren. Wer Klientelpartei ist, will ein Interesse durchsetzen. Wer eine Ein-Thema-Partei ist, will ein bestimmtes politisches Ziel verwirklichen. Populisten nehmen Unmut in der Gesellschaft auf, um Macht zu erlangen. Radikale Parteien wollen das politische System sprengen.

Für alle diese unterschiedlichen Strategien zur Stimmenerlangung gilt: Ohne Inhalt geht es nicht! Diese Aufgabe folgt aus Art. 21 Grundgesetz, wonach Aufgabe der Parteien ist, an der politischen Willensbildung des Volkes teilzuhaben. Aus diesem Satz hat das Bundesverfassungsgericht abgeleitet, dass die Parteien „verfassungsrechtlich notwendige Institutionen“ sind.113 Damit wurde die Bundesrepublik Deutschland von Verfassungs wegen ein „Parteienstaat“, so wie sie eine „freiheitliche Demokratie, sozialer Bundesstaat und gewaltenteilender Verfassungsstaat“ ist.114 Im Laufe der letzten 20 Jahre sind die Parteien zwar nicht allmächtig geworden. Aber inzwischen sind sie übermächtig und überfordert.115 Sie sind kein Staatsorgan, sondern auch Teil der Bürgergesellschaft.116 Den Parteien obliegt es deshalb, eigene politische Ziele zu entwickeln, Parteiprogramme aufzustellen, öffentliche Diskussionen zu initiieren, Probleme zu erkennen, zu beschreiben und Lösungen öffentlich zur Diskussion zu stellen. Zudem haben sie die Verpflichtung, die Beteiligung der Bürger an den politischen Dingen sicherzustellen.117

Aus der Erfüllung dieser Aufgabe, die von innerparteilichen und öffentlichen Debatten begleitet wird, entwickelt sich eine Programmatik, die eine Partei von anderen unterscheidet. In Grundsatzprogrammen aber auch in Wahlprogrammen oder in Leitanträgen auf Parteitagen nehmen die Parteien solche Standortbestimmungen vor. Dabei dienen vor allen die Grundsatzprogramme der weltanschaulichen oder ideologischen Vergewisserung und der Bestimmung des Standortes der jeweiligen Partei. Eine solche Standortbestimmung erfordert eine Richtungsentscheidung, die ohne ein Bekenntnis zu den der politischen Arbeit zugrundeliegenden politischen und geistigen Werten nicht möglich ist.

In der Geschichte der deutschen Parteien seit ihren Anfängen im 19. Jahrhundert haben die Parteien über lange Zeit kontinuierlich für ihre Werte gekämpft. Sie haben auch die Kraft gehabt, das Verständnis dieser Werte der Lebenswirklichkeit anzupassen.118 In den 150 Jahren von der Revolution von 1848 bis zum Ende des Kalten Krieges und der deutschen Wiedervereinigung im Jahre 1990 haben sich drei Grundfragen als für die Parteiprogrammatik und die praktische Politik als prägend herauskristallisiert: das Verhältnis von Freiheit und Gleichheit, von National und Global und von Staat und Markt. Diese Fragen spielen auch heute in den Grundsatzprogrammen der Parteien eine zentrale sinnstiftende Rolle. So ist z. B. in und zwischen den Parteien umstritten, ob die Freiheit gegenüber der Gleichheit ein übergeordneter Wert ist, weil nur eine freie Gesellschaft gerecht sein kann. Es gibt unterschiedliche Auffassungen darüber, ob die Freiheit eine für die Demokratie unabdingbare Voraussetzung ist. Die Gleichheit der Bürger vor dem Gesetz und bei den Wahlen (‚one man, one vote‘) ist ebenfalls essentiell. Daneben ermöglicht die Gleichheit aber auch einen „soziale[n] Statusvergleich“ zwischen Institutionen und Gruppen119 und dient dazu, die zentrale politische Frage nach einer gerechten Gesellschaft zu beantworten.120

Die Frage, ob Demokratie heute nur in einem Nationalstaat möglich ist, hat viel mit der geschichtlichen Entwicklung in Europa zu tun, weil sich beide erst in den letzten 200 Jahren entwickelt haben. Ob im Zeitalter der Globalisierung, also in Gesellschaftsschaften und Staaten ohne Grenzen, Demokratien funktionsfähig sind, ist eine alte wie auch aktuelle Frage.121 Schon im Kulturkampf gegen das katholische Zentrum unter Reichskanzler Bismarck stand mit dem Kampf gegen den Ultramonismus eine betont nationale Position im Vordergrund.122 Auch verbindet sich mit der Frage, ob die Bundesrepublik Deutschland auf der Grundlage von Art. 24 Grundgesetz weitere Zuständigkeiten von der nationalen Ebene auf die europäischen Institutionen übertragen darf, ein heftiger Streit.123 Neben der weiteren Integration Europas stehen die Entwicklung einer Mehr-Ebenen-Demokratie, die Frage weiterer Zuwanderung, der Einsatz der Bundeswehr in internationalen Einsätzen, das Verhältnis zum radikalen Islam, aber auch die weitere Globalisierung der deutschen Wirtschaft im Spannungsfeld zwischen nationalstaatlicher oder globaler Politik.

Auch das dritte Thema, das einer Leitentscheidung bedarf, ist die Frage nach einer Wirtschaftsordnung zwischen Markt und Staat. Diese Frage hat nach der Weltwirtschaftskrise und den ihr vorangehenden Jahrzehnten des ‚Neoliberalismus‘ eine große Bedeutung. Die Wirtschafts- und Sozialpolitik der Staaten des Westens war seit den 80er Jahren des letzten Jahrhunderts von der Forderung nach Liberalisierung, Deregulierung und Flexibilisierung (‚Washington-Consensus‘) geprägt. Nach der Weltwirtschaftskrise steht eine Politik staatlicher Regulierung im Mittelpunkt der Debatten: Die alte Grundfrage: Soviel Markt wie möglich, soviel Staat wie nötig, ist damit neu auf der Tagesordnung.124

Je nachdem, wie die bei diesen Themen erforderliche Leitentscheidung ausfällt, beurteilte man früher, ob die betreffende Partei eine rechte oder eine linke Partei war. Auch heute neigen die Bürger dazu, Werte und Institutionen wie Freiheit, national und Staat der rechten Seite, Gleichheit, Globalität und Markt der linken Seite des Parteienspektrums zuzuordnen.

Ein Blick in die Geschichte der Bundesrepublik Deutschland zeigt aber, dass dies nach dem 2. Weltkrieg durchaus anders war. Damals trat die Union unter Konrad Adenauer für eine dezidiert international und europäisch ausgerichtete Politik ein (Westbindung). Sein Herausforderer Kurt Schumacher vertrat eine betont national ausgerichtete Politik („Kanzler der Alliierten“ als Vorwurf an Adenauer). Dies macht deutlich, dass auch solche wertebasierten Leitentscheidungen durchaus veränderbar sind. Im heutigen Bundestag vertreten alle Parteien mit Ausnahme des stark links verankerten Teils der Linkspartei einen klaren Integrationskurs in Europa.

Die dritte Ebene der Einordnung erfolgt klassisch auf der Grundlage ihrer historischen Entwicklung. Die Zuordnungsbegriffe sind: ‚konservativ‘, ‚liberal‘, ‚sozial‘, ‚zentristisch‘ (Mitte), ‚fortschrittlich‘ und ‚sozialistisch‘. Aufgrund ihrer Selbstverortung und ihrer Programmatik sind die bürgerlichen Parteien CDU/CSU und FDP den Begriffen ‚konservativ‘, ‚liberal‘, ‚sozial‘ und ‚zentristisch‘ (Mitte) zuzuordnen. Die SPD sieht sich als Volkspartei der linken Mitte, was mit den Begriffen ‚sozial‘, ‚sozialistisch‘ und ‚zentristisch‘ (Mitte) beschrieben werden kann. Die Grünen verstehen sich als linke, aber auch zunehmend linksbürgerliche Partei. Deshalb sind die Begriffe zu nennen: ‚fortschrittlich‘, ‚sozial‘, ‚liberal‘ und ‚zentristisch‘ (Mitte). Die Linkspartei schwankt zwischen ‚sozialistisch‘ und ‚fortschrittlich‘.

Die Erwähnung mehrerer Begriffe bei dieser Zuordnung zeigt, dass keine Partei sich nur auf eine Programmaussage festlegen will. Zu groß ist die Angst, dass eigene Wählerreservoir zu verlieren. Deshalb kommt der Philosoph Hermann Lübbe zu der Auffassung, dass die Unterscheidbarkeit zwischen „konservativen“ und „fortschrittlichen“ Kräften und mithin auch der zwischen „links“ und „rechts“ entfallen sei. Er fügt hinzu: „Politische Ansichtssache über Nutzen und Nachteil werden zu Gesinnungsalternativen in der Welt zwischen Gut und Böse.“125 Nun muss man dieser Ansicht nicht folgen. Richtig ist jedoch, dass in den letzten Jahren die Suche nach einem ‚Dritten Weg‘, einer neuen Positionierung im Spektrum der Partei in allen Parteien festzustellen war.

Der SPD-Vorsitzende Gerhard Schröder versuchte mit seinem britischen Kollegen Tony Blair 1999 mit dem ‚Schröder/Blair-Papier‘ eine neue Verortung der Sozialdemokratie, ein europäisches ‚Godesberg‘ durchzusetzen. Ziel des Papiers war der Umbau des traditionellen Sozialstaates in einen aktivierenden Sozialstaat und eine neue Aufgabenverteilung zwischen Staat und Bürgern.126 Die CDU versuchte auf ihrem Leipziger Parteitag 2003 eine grundlegende Neuformulierung ihrer Sozial- und Wirtschaftspolitik. Mit dem Beschluss über die Vorschläge der „Herzog-Kommission“ wurde eine neoliberale Kurskorrektur beschlossen, die die traditionelle Politik der „Sozialen Marktwirtschaft“ ablösen sollte.127 Dieser Beschluss hat sich als Irrweg herausgestellt, der gerade noch rechtzeitig vor dem Beginn der Weltwirtschaftskrise im Jahre 2008 auf dem Dresdener Parteitag 2006 korrigiert werden konnte.128 Auch die FDP leitete mit ihrer Verwandlung in eine Steuersenkungspartei den eigenen Untergang ein. Jürgen Dittberner schreibt ihr ins Stammbuch: „Freiraum ist heute nicht nur für die Starken zu erkämpfen, damit sie den Schwachen helfen können. […] Und Profitstreben verliert seine Freiheitsrechte, so es andere Kreaturen quält und erniedrigt. Liberal sein ist im 21. Jahrhundert etwas anderes als im 19. Jahrhundert“.129 Wer sich auf die Förderung der Wirtschaft verengt, vernachlässigt das Thema Bürgerfreiheit.130 Und die Grünen verloren viele Stimmen, weil sie sich auf einen Wettbewerb mit der SPD um den Titel der besten Linkspartei einließen.

All diese Irrungen und Wirrungen beruhten auf der Unsicherheit der Parteien, wie sie auf die großen gesellschaftlichen Veränderungen durch die Globalisierung, die Wissensgesellschaft, die Digitale Revolution und das Vereinigte Europa reagieren sollten. Gleichzeitig macht die nach außen spürbare Spannung zwischen Überforderung und der ihnen zugewachsenen Übermacht deutlich, dass ihr Rollenverständnis unklar ist. Die Zeiten der Überschaubarkeit bei Programm, Organisation, Aufgabe im Staat und Gesellschaft, Anhängerschaft und Wählerschaft sind vorbei. Diese Unüberschaubarkeiten teilen die Parteien mit anderen gesellschaftlichen Institutionen. Dies wird deutlich bei einem Vergleich mit der Situation der Familien in Deutschland. Neben der „Normal-Familie“ gibt es heute viele ‚Patch-Work-Familien‘. Ähnlich ist das bei den Parteien. Die Parteien haben heute programmatisch und organisatorisch einen Patchwork-Charakter. Um ihre Mitglieder, Wähler und Koalitionspartner zufriedenzustellen, müssen sie inhaltlich, medial und organisatorisch Rollen übernehmen, die ihr inhaltliches Profil unscharf und ihre Verantwortung dominant erscheinen lassen und damit ihre Leistungsfähigkeit überstrapaziert.

Genau das aber macht sie zu demokratischen Parteien. Damit ist nicht nur ihre demokratische Binnenstruktur und ihre Aufgabe als demokratische Institutionen an der Schaltstelle zwischen Staat und Gesellschaft gemeint. Zu einer demokratischen Partei gehört ebenso, dass sie verfassungstreu ist. Auch hinter unserem Grundgesetz stehen Werte. „Denn die in einem Staat vereinigte und sich eine Verfassung gebende Gesellschaft teilt bestimmte grundlegende Wertvorstellungen. Diese Wertvorstellungen prägen folglich die Verfassungsinstitutionen, die Staatszwecke und Staatsaufgaben sowie die Stellung des Einzelnen zum Staat“.131 Für Volker Gerhardt heißt dies: „In dem mit der Politik ursprünglich verknüpften und auf gegenseitig angelegtem Recht sind die Normen der Freiheit und der Gleichheit bereits wirksam, und sie erfüllen sich in dem ihnen entspringenden Ideal der Gerechtigkeit“.132 Unsere Verfassung, die Menschen- und Bürgerrechte und damit unsere Demokratie beruhen auf Werten. Sie braucht als Fundament ein System der Vielfalt, der Überzeugungen, der Meinungen, der Interessen, des Respekts und der Toleranz. Und diese Grundhaltung zu leben, ist Aufgabe unserer Parteien.

Zitationshinweis

Rüttgers, Jürgen (2014): Die Botschaft der Wähler an die politische Wissenschaft. Anmerkungen zur Bundestagswahl 2013. Erschienen in: Regierungsforschung.de, Meinung. Online verfügbar unter: https://regierungsforschung.de/die-botschaft-der-waehler-an-die-politische-wissenschaft-anmerkungen-zur-bundestagswahl-2013/

Endnoten / Anmerkungen

  1. Jürgen Rüttgers ist Honorarprofessor an der Ben Gurion University Beer-Sheva und an der Maastricht School of Management. Er lehrt am Institut für Politische Wissenschaft und Soziologie der Universität Bonn. Er war Bundesminister für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Technologie sowie Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen. []
  2. Jürgen Rüttgers, Leben mit der Überraschung, Handelsblatt 27.11.2013, S. 10/11. []
  3. Die Wahlbeteiligung ist bei der Bundestagswahl 2013 im Vergleich zu 2009 von 70,8 % auf 71,5 % gestiegen []
  4. Wahl zum 18. Deutschen Bundestag am 22. September 2013, Heft 3, Endgültige Ergebnisse nach Wahlkreisen, Wiesbaden 2013, S. 8 und S. 14. []
  5. Eckhard Jesse, Der Ausgang der Bundestagswahl 2013, Zeitschrift für Politik, ZfP 4/2013, S. 379. []
  6. Volker Best, Rot-Rote Hassliebe? SPD und Linke nach der Bundestagswahl, Bonner Perspektiven Nr. 2/2013, S. 61. []
  7. www.boell.de/de/2013/10/28/niederlage-der-mediendemokratie-das-gruene-bundestagswahlergebnis-2013 (ausgedruckt 23.11.2013). []
  8. Das Kapital 3 ‚”Eigene Fehler‘ beginnt mit dem Satz: „Das Meinungsklima stand klar gegen eine sozial-ökologische Transformationsagenda. Das ist bedauerlich, doch so richtig überraschend kam es auch wieder nicht.“ Anschließend wird über ‚Der Ton der Spitzenkandidaten‘, ‚Schlechtes Timing‘, ‚Vorkommen um jeden Preis‘ räsoniert. Es gab danach keine Fehler, sondern nur eine wirksame Propaganda der politischen Gegner. []
  9. Siehe: AfD scheiterte an der Ablehnung durch Frauen, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 28.01.2014, S. 2. []
  10. http://wahl.tagesschau.de/2013-09-22-BT-DE/analyse-wanderung.shtml (ausgedruckt 06.11.2013). []
  11. Viola Neu, Konrad Adenauer Stiftung, Bundestagswahl in Deutschland am 22. September 2013, Wahlanalyse, Berlin, September 2013. []
  12. Friedrich-Naumann-Stiftung, Für die Freiheit, Informationen zur Bundestagswahl am 22. September 2013, 10.10.2013, heruntergeladen am 17.02.2014 unter www.freiheit.org/Analyse-zur-Bundestagswahl-2013/616c27434i/pm/index.html). []
  13. www.sueddeutsche.de/politik/2.220/meinungsforscher-check-dieletztenumfragenirrten-1.1778066 (ausgedruckt 23.11.2013). []
  14. Eckhard Jesse, a. a. O., Fn. 4, S. 381. []
  15. Jasper von Altenbockum, Die Odyssee der SPD, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 18.11.2013, S. 1. []
  16. Karl-Rudolf Korte / Niko Switek, Regierungsbilanz: Politwechsel und Entscheidungen, Aus Politik und Zeitgeschichte, APuZ 48-49/2013, S. 3 (5 ff.). []
  17. Niko Switek, Wachhund oder Schoßhund? Die Rolle der Parteibasis bei der Koalitionsbildung, Frank Decker / Eckhard Jesse , Die deutsche Koalitionsdemokratie vor der Bundestagswahl 2013, S. 115 (133); Jürgen Rüttgers, Was Schwarz-Grün leisten müsste – Wenn es denn müsste, Volker Kronenberg / Christoph Weckenbrock (Hrsg.), Schwarz-Grün, Wiesbaden 2011, S. 357 ff. []
  18. Auf diesen Hintergrund stellt sich die Frage, ob die CDU-Strategie der ‚kalkulierten Demobilisierung‘ nicht nur 2009 wie 2013 zu einem ‚defensiven‘ oder ‚langweiligen‘ Wahlkampf führte und ob die CDU sich mit einem entschiedeneren Wahlkampf eine absolute Mehrheit im Bundestag hätte erringen können, siehe auch Andreas Blätte, Reduzierter Parteienwettbewerb durch kalkulierte Demobilisierung, Karl-Rudolf Korte (Hrsg.), Die Bundestagswahl 2009, Wiesbaden 2010, S. 273 ff. []
  19. Bei der Bundestagswahl 2009 lag die Union mit 33,8 % bei den Zweitstimmen 0,1 % vor Rot/Grün (SPD 23 %, Grüne 10,7 %). []
  20. Manfred Güllner, Die Parteien in Deutschland nach der Bundestagswahl 2013, Bonner Perspektive Nr. 2./2013, S.52. []
  21. Ralf Tils / Joachim Raschke, Strategie zählt. Die Bundestagswahl 2013, Aus Politik und Zeitgeschichte, APuZ 48-49, 2013, S. 27. []
  22. Zur Verortung der Parteien im Parteiensystem siehe: Manfred G. Schmidt, Das politische System Deutschlands, Bonn 2011, S. 65 ff. []
  23. Tim Spier, Das Ende der Lagerpolarisierung? Karl-Rudolf Korte (Hrsg.), Die Bundestagswahl 2009, Wiesbaden 2010, S. 298 ff. []
  24. WK Berlin-Neukölln, WK Bielefeld-Gütersloh II, WK Hamburg-Eimsbüttel, WK Hamburg-Wandsbeck, WK Oldenburg-Ammerland. []
  25. WK Altmark, WK Anhalt, WK Cottbus – Spree-Neiße, WK Frankfurt (Oder) – Oder-Spree, WK Gera – Jena – Saale-Holzland-Kreis, WK Halle, WK Magdeburg, WK Mansfeld, WK Märkisch-Oderland – Barnim II, WK Rostock – Landkreis Rostock II, WK Suhl – Schmalkalden-Meiningen – Hildburghausen, WK Uckermark – Barnim I. []
  26. WK Berlin-Charlottenburg-Wilmersdorf, WK Dahme-Spreewald – Teltow-Fläming III – Oberspreewal, WK Essen III, WK Freiburg, WK Hannover-Land I, WK Hildesheim, WK Oberhavel – Havelland II, WK Potsdam – Potsdam-Mittelmark II – Teltow-Fläming II, WK Prignitz – Ostprignitz-Ruppin – Havelland I, WK Waldeck, WK Worms. []
  27. In Brandenburg hat die SPD vier Wahlkreise verloren, die CDU acht Wahlkreise hinzugewonnen. []
  28. Die SPD hat 58 direkt gewählte Abgeordnete, die Grünen einen, die Linke vier. []
  29. Siehe Hans-Jörg Dietsche, Die gefühlte „Volkspartei“, Die Wahlerfolge von Bündnis 90/Die Grünen im Jahre 2011 und die Konsequenzen für ihre weitere Bündnisstrategie, Parteiensystem im Wandel, Konrad-Adenauer-Stiftung, 2. Auflage, Berlin 2013, S. 93 ff. []
  30. Ulrich von Alemann, Das Parteiensystem der Bundesrepublik Deutschland, 4. Aufl. Wiesbaden 2010, S. 118 ff. []
  31. Seymour M. Lipset / Stein Rokkan (Hrsg.) Party Systems and Voter Alignments, Cross-National Perspectives, New York / London 1967, S. 50. []
  32. Siehe im Einzelnen: Ulrich von Alemann, Das Parteiensystem der Bundesrepublik Deutschland, 4. Aufl., Wiesbaden 2010, S. 118. []
  33. Vgl. Ulrich von Alemann, a.a.O., Fn. 29, S. 120. []
  34. Vgl. Ulrich von Alemann, a.a.O., Fn. 29, S. 120. []
  35. Siehe M. Rainer Lepsius, Soziale Ungleichheit und Klassenstrukturen in der Bundesrepublik Deutschland, ders. (Hrsg.) Interessen, Ideen und Institutionen, 2. Aufl., Wiesbaden 2009, S. 117 ff. []
  36. Siehe Ralf Tils / Joachim Raschke, Strategie zählt. Die Bundestagswahl 2013, Aus Politik und Zeitgeschehen, 48-49/2013, S. 21, die aber fälschlicherweise behaupten: „Die ökonomische Mehrheit dominieren die bürgerlichen Parteien. Die bürgerlichen Parteien; Rot-Grün liegt weit vorn bei der sozialen und kulturellen Mehrheit (selbst ohne Linkspartei).“ Die Behauptung wird durch das Wahlergebnis nicht bestätigt. []
  37. Paul Nolte, Generation Reform, München 2004, S. 37. []
  38. M. Rainer Lepsius, Parteiensystem und Sozialstruktur: Zum Problem der Demokratisierung der deutschen Gesellschaft, Demokratie in Deutschland, Göttingen 1993, 26. []
  39. Thomas H. Marshall, Class, Citizenship and Social Development, New York 1964, S. 76 ff. []
  40. M. Rainer Lepsius: „So erscheint einerseits der Begriff Klassengesellschaft immer weniger geeignet, den Strukturtyp der Gegenwartsgesellschaft zu erfassen, andererseits erweisen sich neuere Modelle und Begriffsbestimmungen wie postindustrielle Gesellschaft oder Spätkapitalismus, technisch-wissenschaftliche Lebenswelt und Wohlfahrtsstaat kaum gehaltvoller“, ders. Soziale Ungleichheit und Klassenstrukturen in der Bundesrepublik Deutschland, ders. Interessen, Ideen und Institutionen, 2. Aufl., Wiesbaden 2009, S. 117. []
  41. Ralf Dahrendorf, Der moderne soziale Konflikt, München 1994, S. 52. []
  42. Siehe Jürgen Rüttgers, Das Jahr 2000-Projekt: Die Wissensgesellschaft, Berlin 1999, S. 13 ff. []
  43. Diese ökonomische Eingrenzung schränkt die Souveränität national-rechtlicher Politik auf Dauer ein, begrenzt eine keynesianische Nachfragepolitik und die Verschuldensfähigkeit von Staaten, erhöht die Bedeutung der Wettbewerbsfähigkeit einer Volkswirtschaft, der Finanzmärkte und des Handelssystems, siehe Jürgen Neyer, Globale Demokratie, Baden-Baden 2013, S. 79 ff. []
  44. Klaus Harpprecht, Der Nationalstaat war gestern, K. Harpprecht / J. Rüttgers / I. Skierka, Wir sind ein Volk in Europa, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 15.08.2013, S. 6. []
  45. Lipset 1981, S. 230. []
  46. Hans Vorländer schreibt, dass die „gegenwärtigen Demokratietheorien [….] nicht wirklich weiterführend“ sind, um „die Gefährdungen“ der Demokratie zu beheben. Hans Vorländer, Krise, Kritik und Szenarien: Zur Lage der Demokratie, Zeitschrift für Politikwissenschaft, 2/2013, S. 271. []
  47. Siehe Paul Nolte, a.a.O., Fn. 36, S. 37 f. []
  48. M. Rainer Lepsius, Parteiensystem und Sozialstruktur: Zum Problem der Demokratisierung der deutschen Gesellschaft, ders. Demokratie in Deutschland, Göttingen 1993, S. 25 (38). []
  49. Edgar Wolfram: „Unter sozialen Milieus verstehen Soziologen nicht allein das materielle Umfeld eines Menschen, sondern auch dessen typische Wahrnehmung und die damit verbundenen Werte“, ders. Die geglückte Demokratie, Bonn 2007, S. 491. []
  50. Siehe Sinus, Sinus-Sociovision 2006: Die Ausrufung immer neuer ‚Generationen‘ in immer kürzeren Abständen ist ein Beleg für diese Veränderungen: Die 68iger, die Neoliberalen, die Generation Golf, die Generation Y u.a. , siehe Kerstin Bund, Wir sind jung, Die Zeit – Online, http:www.zeit.de/2014/generation-y-glueck-geld/Komplettansicht, (ausgedruckt 08.04.2014). []
  51. Siehe M. Rainer Lepsius, Fn. 39, S. 25 ff. []
  52. Ulrich von Alemann, Das Parteiensystem der Bundesrepublik Deutschland, Bonn 2003, S. 107, der jetzt in der 4. Auflage 2010 von „Klar identifizierbaren Fremdbildern der anderen Parteien und Eigenbildern der eigenen Gruppe bis in die 80er Jahre“ spricht, siehe 4. Aufl., Wiesbaden 2010, S. 126. []
  53. Bei der Bundestagswahl 2009 konnte die Union erstmals mit 31 % eine höhere Zustimmung bei den Arbeitern erreichen als die SPD (25 %, minus 12 %), siehe Mathias Jung, Yvonne Schroth, Andrea Wolf, Wählverhalten und Wahlergebnis, Karl-Rudolf Korte (Hrsg.), Die Bundestagswahl 2009, Wiesbaden 2010, S. 35 (44). []
  54. Mathias Jung, Yvonne Schroth, Andrea Wolf, Angela Merkels Sieg in der Mitte, Aus Politik und Zeitgeschichte, APuZ 48-49/2013, S. 9 (17). []
  55. Friedrich-Naumann-Stiftung, Wahlanalyse vom 10.10.2013, siehe Fn. 11, S. 7. []
  56. Friedrich-Naumann-Stiftung, Wahlanalyse vom 10.10.2013, siehe Fn. 11, S. 7. []
  57. Der öffentliche Dienst wird beliebter und grüner, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 28.08.2013, S. 10. []
  58. Mathias Jung / Yvonne Schroth, Andrea Wolf, Aus Politik und Zeitgeschichte, APuZ 48-49/2013, S. 9 (17 ff.). []
  59. Frank Börsch, Die Adenauer-CDU, Stuttgart 2001, S. 353. []
  60. Michael Borchard, Jubelfest mit Kloß im Magen – Eine Analyse der Bundestagswahl 2013, Politische Meinung Sept./Okt. 2013, S. 93 (96). []
  61. Manfred G. Schmidt, Das politische System Deutschlands, Bonn 2011, S. 74 und S. 76. []
  62. Tissy Bruns, Parteien in der Mediendemokratie, in: Volker Kronenberg / Tilman Mayer (Hrsg.), Volksparteien: Erfolgsmodell für die Zukunft?, Freiburg i. Br. 2009, S. 304 (307). []
  63. Manfred Schmidt, a.a.O., Fn. 61, Bonn 2011, S. 76. []
  64. Thomas Petersen, Dominik Hierlemann, Robert B. Vehrkamp, Christopher Wratil, Gespaltene Demokratie – Politische Partizipation und Demokratiezufriedenheit vor der Bundestagswahl 2013, Eine gemeinsame Studie von: Institut für Demoskopie Allensbach und Bertelsmann-Stiftung, Gütersloh, 2013. []
  65. Siehe Bertelsmann Studie, Fn. 64, S. 10 f. []
  66. Siehe Ian Buruma, Europas Tea Party, Die Zeit 30.01.2014, S. 11. []
  67. Siehe Manfred Güllner, Die Parteienlandschaft nach der Bundestagswahl 2013, Bonner Perspektiven Nr. 2/2013, S. 48 (53). []
  68. Tissy Bruns, Parteien in der Mediendemokratie, Volker Kronenberg, Tilman Mayer (Hrsg.), Volksparteien: Erfolgsmodell für die Zukunft?, Freiburg i. Br. 2009, 304 (310 f.). []
  69. Ebenso Frank Decker, Parteiendemokratie im Wandel, ders. / Viola Neu (Hrsg.), Handbuch der deutschen Parteien, Bonn 2013, S. 54. []
  70. Francis Fukuyama, The End of History and the Last Man, 1992. []
  71. Samuel P. Huntington, The Clash of Civilisations and the Remaking of World Order, Foreign Affairs, 1993. []
  72. Uwe Volkmann, Politik als Idyll, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 02.12.2013, S. 7. []
  73. Colin Crouch, Postdemokratie, Bonn 2008. []
  74. Die Zitate stammen aus dem „Klappentext“ der Ausgabe von Collins Buch, den die Bundeszentrale für politische Bildung veröffentlichte. []
  75. Colin Crouch, a. a. O., Fn. 74, S. 10. []
  76. Colin Crouch, a. a. O., Fn. 74, S. 10. []
  77. Colin Crouch, a. a. O., Fn. 74, S. 11. []
  78. Colin Crouch, a. a. O., Fn. 74, S. 32. []
  79. Colin Crouch, a. a. O., Fn. 74, S. 31. []
  80. Colin Crouch, a. a. O., Fn. 74, S. 13. []
  81. Colin Crouch, a. a. O., Fn. 74, S. 23. []
  82. Colin Crouch, a. a. O., Fn. 74, S. 141. []
  83. Colin Crouch, a. a. O., Fn. 74, S. 141. []
  84. Colin Crouch, a. a. O., Fn. 74, S. 123. []
  85. Colin Crouch, a. a. O., Fn. 74, S. 23. []
  86. Colin Crouch, a. a. O., Fn. 74, S. 24. []
  87. Colin Crouch, a. a. O., Fn. 74, S. 25. []
  88. Colin Crouch, a. a. O., Fn. 74, S. 30. []
  89. Colin Crouch a. a. O., Fn. 74, S. 23 – 32. []
  90. Colin Crouch, a. a. O., Fn. 74, S. 38 – 41. []
  91. Christoph Möllers, Legitimationschancen unserer Demokratie, Zeitschrift für Politikwissenschaft, ZPol 2/2013, S. 279 (285). []
  92. Siehe auch: Paul Nolte, Was ist Demokratie?, Bonn 2012, S. 14. []
  93. Colin Crouch, a. a. O., Fn. 74, S. 23. []
  94. Colin Crouch, a. a. O., Fn. 74, S. (144). []
  95. Chantal Mouffe, Über das Politische, Bonn 2010, S. 8. []
  96. Chantal Mouffe, „Postdemokratie“ und die zunehmende Entpolitisierung, Aus Politik und Zeitgeschichte, APuZ 1-2/2011, S. 3. []
  97. Chantal Mouffe, a. a. O. Fn. 96, S. 10. []
  98. Chantal Mouffe, a. a. O. Fn. 96, S. 11 f. []
  99. Chantal Mouffe, a. a. O. Fn. 96, S. 12. []
  100. Chantal Mouffe, a. a. O. Fn. 96, S. 13. []
  101. Ralf Dahrendorf, Der moderne soziale Konflikt, München 1994, S. 207. []
  102. Siehe Aydin Süer, Menschenbilder der Moderne, Aus Politik und Zeitgeschichte, APuZ 34-36/2013, S. 10. []
  103. Ralf Dahrendorf , Versuchungen der Unfreiheit, Bonn 2006, S. 54. []
  104. Ralf Dahrendorf, a. a. O., Fn. 102, S. 87. []
  105. Otfried Höffe, Ist Demokratie zukunftsfähig?, Bonn 2009, S. 312; Paul Nolte, Was ist Demokratie?, Bonn 2012, S. 173. []
  106. Siehe auch Pierre Rosanvallon, Demokratische Legitimität, Bonn 2013, S. 149. []
  107. Neuere Forschungen verstehen Politik auch als „demokratisch legitimiertes kollektives Emotionsmanagement mit der Aufgabe, die Bürger vor einer überbordenden Beeinflussung durch ökonomische Akteure zu stützen“, siehe Gary S. Schaal / Felix Heidenreich, Politik der Gefühle. Zur Rolle von Emotionen in der Demokratie, Aus Politik und Zeitgeschichte, APuZ 32-33/2013, S. 3 (10). []
  108. Otto Kirchheimer, Der Wandel des westeuropäischen Parteiensystems, Politische Vierteljahresschrift, Heft 1 / März 1965, S. 34. []
  109. Hans Vorländer, a. a. O., Fn. 45, S. 273. Vorländer setzt sich dort mit Ingolf Blühdorns Theorie der „simulativen Demokratie“ auseinander. []
  110. Alle Grundwerte und die politischen Ideen beruhen auf einem Menschenbild, dessen Leitmotiv dieses ist, siehe Ursula Nothelle-Wildfeuer, Schwierigkeiten heute mit der Rede vom Menschenbild, Aus Politik und Zeitgeschichte, APuZ 34-36/2013, S. 3. []
  111. Kurt Bergmann: Vertrauen und politische Psyche, Politische Meinung, Juni 2011, S. 62. []
  112. Siehe Paul Lucardie, Zur Typologie politischer Parteien, Frank Decker / Viola Neu, Handbuch der deutschen Parteien, Bonn 2013, S. 61 ff. []
  113. BVerfG 20, 56, S. 100 f. []
  114. Wilhelm Hennis, Der Parteienstaat des Grundgesetzes – Eine gelungene Erfindung, Gunter Hofmanns / Werner Perger (Hrsg.), Die Kontroverse – Weizsäckers Parteienkritik in der Diskussion, Frankfurt a. M. 1992, S. 25 – 26. []
  115. Jürgen Rüttgers, Parteien – übermächtig und überfordert, Zwanzig Jahre nach der Parteienkritik Richard von Weizsäckers, Tectum-Verlag Magdeburg 2012, S. 14. []
  116. Hans Bernhard Brockmeyer, Bruno Schmidt-Bleibtreu / Franz Klein, Kommentar zum Grundgesetz, 9. Aufl. Neuwied 1999, Art. 21, Anm. 4. []
  117. Jürgen Rüttgers, a. a. O., Fn. 116, S. 78. []
  118. Siehe Ludwig Bergsträsser, Geschichte der politischen Parteien in Deutschland, 11. Aufl., München 1965, S. 33 ff. []
  119. Otto Dann, Gleichheit, in: Otto Brunner, Werner Lanze, Reinhard Koselleck, Geschichtliche Grundbegriffe, Bd. 2, Stuttgart 1975, S. 998. []
  120. Siehe Michael J. Sandel, Gerechtigkeit, Berlin 2013, S. 192 ff. []
  121. Siehe dazu Michael Zürn, Das schwierige Verhältnis von Globalisierung und Demokratie, Zeitschrift für Politikwissenschaft, ZPol 2/2013, S. 289 ff. []
  122. Ludwig Bergsträsser, a. a. O., Fn. 119, S. 126. []
  123. Melanie Ammann, Sven Böll u.a. Europa oder Demokratie, Der Spiegel 7/2014, S. 29 ff. []
  124. Siehe Daniel Yergin / Joseph Stanislaw, Staat oder Markt – Die Schlüsselfrage unseres Jahrhunderts, Frankfurt a. M. 1999, Tomáš Sedláček, Die Ökonomie von Gut und Böse, München 2012; Jürgen Rüttgers, Die Marktwirtschaft muss sozial bleiben, Köln 2007, Jürgen Rüttgers (Hrsg.), Wer zahlt die Zeche? – Wege aus der Krise, Essen 2009. []
  125. Hermann Lübbe: Jenseits von Gut und Böse, Frankfurter Allgemeine Zeitung 16.12.2011, S.9. []
  126. Edgar Wolfram, Rot Grün an der Macht, München 2013, S. 145 ff.; Anthony Giddens, Jenseits von Links und Rechts, Frankfurt a. M. 2007; Chantal Mouffe, „Postdemokratie“ und die zunehmende Entpolitisierung, Aus Politik und Zeitgeschichte, APuZ, 1-2/2011, S. 3. []
  127. Siehe Udo Zolleis, Die CDU – Das politische Leitbild im Wandel der Zeit, Wiesbaden 2008, S. 254 ff.; Frank Walter, Christian Werwarth, Oliver D’Antonio, Die CDU-Entstehung und Verfall christdemokratischer Geschlossenheit, Baden-Baden 2011, S. 124. []
  128. Oskar Niedermayer, Von der nachfrageinduzierten zur angebotsinduzierten Asymmetrie?, Bilanz der Bundestagswahl 2009, München 2010, S. 189 (195); Jürgen Rüttgers, Parteien – übermächtig und überfordert, Tectum Verlag, Marburg 2012, S. 58. []
  129. Jürgen Dittberner, Der Kompass ist verloren, Das Parlament 04.11.2013, S. 1. []
  130. Renate Kirchner, Politischer Liberalismus ohne Zukunft? Frankfurter Allgemeine Zeitung, 23.11.2013, S. 8. []
  131. Joachim Betgen, Verfassungswerte, Bonn 2009, S. 9. []
  132. Volker Gerhardt, Existentieller Liberalismus, Merkur Sonderheft 9 / 10. September / Oktober 2010, S. 897. []

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