Nach Trump – was macht Fox News?

Prof. Dr. Klaus Kamps, der an der Hochschule der Medien in Stuttgart forscht, wirft einen Blick auf den TV-Sender Fox News. Durch die Anerkennung des demokratischen Wahlerfolgs zog sich der Sender nicht nur den Zorn Trumps auf sich, sondern auch den Ärger seiner Wählerschaft und hatte in der Folge mit sinkenden Zuschauerzahlen zu kämpfen – sogar bei den führenden Ideology Talks. Mit großer Spannung erwartete man also die Programmentscheidungen im Januar, die keine moderateren Wege erahnen lassen als bisher. Wie ging es nach der Abwahl Trumps mit “seinem” Sender weiter und in welche Richtung weisen diese Entwicklungen?

Eigentlich waren es gute Zahlen, die der US-Nachrichtensender Fox News Ende Januar präsentieren konnte: Das nunmehr neunzehnte Jahr in Folge stand man 2020 an der Spitze der Kabelnachrichten. Allerdings war die Stimmung etwas eingetrübt angesichts der abfallenden Quoten unmittelbar nach der Präsidentschaftswahl im November. Wie schon bei den Erfolgen Barack Obamas hatte Fox mit dem Frust seines konservativen Stammpublikums zu kämpfen. Diesmal aber war der Einbruch deutlich auffälliger.

Nach Trump – was macht Fox News?

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Klaus Kamps ist Professor für Kommunikationswissenschaft an der Hochschule der Medien in Stuttgart. Zu seinen Forschungsschwerpunkten gehören Öffentlichkeit, Politische Kommunikation, Medienpolitik und die USA.

Eigentlich waren es gute Zahlen, die der US-Nachrichtensender Fox News Ende Januar präsentieren konnte: Das nunmehr neunzehnte Jahr in Folge stand man 2020 an der Spitze der Kabelnachrichten. Allerdings war die Stimmung etwas eingetrübt angesichts der abfallenden Quoten unmittelbar nach der Präsidentschaftswahl im November. Wie schon bei den Erfolgen Barack Obamas hatte Fox mit dem Frust seines konservativen Stammpublikums zu kämpfen. Diesmal aber war der Einbruch deutlich auffälliger. Kein Wunder – noch in der Wahlnacht hatten sich die Analysten von Fox überraschend früh festgelegt: Joe Biden würde den Swing State Arizona für sich entscheiden. Und mit dieser (korrekten) Vorhersage zog man sich eben nicht nur den Zorn Donald Trumps zu. In den Sozialen Medien empörten sich seine Anhänger unter Hashtags wie #BOYCOTTFOXNEWS, #DUMPFOXNEWS oder – welch ironische Volte – #FAKEFOXNEWS. Über Nacht fühlte sich die amerikanische Rechte auch medial verraten und verkauft. Und so waren dann in den Tagen darauf bei den Demonstrationen vor den Wahlzentren in Phoenix, Detroit oder Philadelphia Schilder zu lesen wie „Fox News sucks“.

Was anfangs zumindest für Außenstehende noch humoristische Facetten besaß, entwickelte sich schnell zur Big Lie – so ein inzwischen gängiges Etikett. Als sich am 7. November die wichtigen überregionalen Nachrichtenmedien, darunter Fox, darauf festlegten, Joe Biden habe nunmehr die Mehrheit im Electoral College erreicht, gab parallel dazu der persönliche Anwalt Trumps, Rudolph Giuliani, am Stadtrand von Philadelphia auf dem Parkplatz des Gartencenters Four Seasons Total Landscaping die erste einer Reihe denkwürdiger Pressekonferenzen, in denen er Stück für Stück eine historische Posse entfaltete: eine Art Weltbetrug, an dem China, Kuba, Venezuela, ein bisschen Argentinien, die Antifa, Sozialisten, Kommunisten, Globalisten, Diktatoren jeder Couleur und selbstverständlich George Soros sowie die Tech-Unternehmen aus dem Silicon Valley beteiligt seien. Sogar Mickey Mouse habe für Biden gestimmt.

Allen voran war es Trump selbst, der in Medienstatements und auf Twitter die Wahl als einen gigantischen Betrug anprangerte – als gäbe es weder Pandemie noch Wirtschaftskrise, um die man sich kümmern könnte. Gegen jede Evidenz, entgegen dutzender Gerichtsurteile behaupteten Trump und seine Mitstreiter, die eigentlich „haushoch“ gewonnene Wahl sei ihnen „gestohlen“ worden.1 Doch nur ein gesichtswahrendes Narrativ eines sensiblen Narzissten? So etwas wie eine Autoimmunreaktion auf ein unerwünschtes Wahlergebnis? Dazu ähnelte es doch zu sehr einem Autogolpe: ein (in Südamerika verbreiteter) Begriff für den Staatsstreich eines demokratisch gewählten Politikers, der nach einer Wahlniederlage mit autoritären Mitteln versucht, an der Macht zu bleiben. Mit der fatalen Zuspitzung am 6. Januar und dem „Sturm auf das Kapitol“ hatte die amerikanische Demokratie dann ihren „Blick in den Abgrund“ – und die Welt eine Idee davon, „wie rasend schnell eine gestandene Demokratie in Richtung Autokratie kippen kann“.2

Muss man eigentlich angesichts der Gewalt am und im Kongress noch daran erinnern, dass Trump wenige Tage zuvor den für die Wahlaufsicht zuständigen Innenminister Georgias, Brad Raffensperger, telefonisch dazu drängte, er möge irgendwo 11.780 Stimmen „finden“? Das könne („fellas!“) so schwierig doch nicht sein! Ein Anruf unter vielen; die Geschichte dieses Übernahmeversuchs kann und wird Akten und Bücher füllen – und wird weit über das zweite Impeachment gegen Trump hinausreichen. In dieser kritischen Situation, in dieser hochgradig polarisierten Gesellschaft kam es – und kommt es nach wie vor – neben den demokratischen Institutionen auch auf die Vermittlungsleistungen der Medien an, pauschal gesprochen. Und das war und bleibt schwierig.

Quotenverluste

Zunächst sah es bei Fox trotz der enormen Spannungen, die die Betrugsvorwürfe im Zuge der Auszählungen im Land erzeugten, nach einer milden Form der Versachlichung aus. So schloss man sich nicht gleich den ersten Verschwörungsideen an, die sich z. B. auf Parler rasch als bunte Collage versammelten: von spitzen Bleistiften, die Stimmen der Republikaner unzählbar machen würden, über Supercomputer der CIA und geheime Wahlprogramme ausländischer Verschwörer, Algorithmen, die Millionen Stimmen umverteilten, bis zu der amerikanischen Tradition der Toten, die gewählt hätten. Nach wenigen Stunden war für jeden etwas dabei. Aber eben (noch) nicht auf Fox.

Durch die Anerkennung des demokratischen Wahlerfolgs und eine zunächst ernüchternde Berichterstattung über den offenbaren Ausgang erzeugte Fox allerdings ungewohnte Dissonanzen und Irritationen: Allzu deutliche Diskrepanzen zwischen den Meldungen des Senders und dem, was der Präsident behauptete. Zu allem Überfluss bewarb Trump, immer noch verärgert wegen des Arizona-„Calls“, bei seinen enttäuschten Anhängern die deutlich kleineren Sender One America News Network und Newsmax als Alternativen zu Fox. Eine Beziehungskrise also – mit spürbaren Folgen: Nach den Daten von Nielsen musste Fox in den Wochen nach der Wahl tagsüber Einbrüche seiner Quoten von über 30 Prozent hinnehmen. Die für die Nachrichtensäule des Senders wichtige 19-Uhr-Show The Hour mit Martha MacCallum verzeichnete satte 42 Prozent Zuschauerverlust. Zeitgleich konnte CNN knapp 25 Prozent zulegen. Schmerzhaft dürfte für die Fox-Verantwortlichen auch gewesen sein, dass bei der Konkurrenz auf Newsmax verschiedene Primetime-Shows, z. B. die von Greg Kelly, geradezu durchstarteten. Kelly steigerte – von einer niedrigen Basis, aber immerhin – die Zuschauerzahl um etwa 450 Prozent auf rund 621.000. Überhaupt: Nach überschaubaren, 5-stelligen Zuschauerzahlen erreichte Newsmax knapp 14 Tage nach der Wahl auch schon einmal eine Million.3 Man hatte sich nicht lange zum Tanz bitten lassen und die quotensteigernde Empörung von The Donald als Programmauftrag verstanden und angenommen.

Fox atmete kurz durch und schloss sich dann den Spekulationen über einen Wahlbetrug an. Denn natürlich konnte man im Netz und bei der zuvor noch vernachlässigbar kleinen Konkurrenz beobachten, welche Resonanzen sich auf dieses „Cyber Pearl Harbor“ (Lou Dobbs) ergaben. Das Ganze sei eine „nationale Schande“, so Sean Hannity dann am 9. November. Jeanine Pirro sah das Land „verflucht“, und Mara Bartiromo stützte Trumps Anliegen: „Wir können es nicht zulassen, dass Amerikas Wahl derartig korrumpiert würden.“ Allein in den zwei Wochen nach der Wahl – als der Sender Bidens Präsidentschaft längst anerkannte hatte – zweifelten seine Moderatorinnen und Moderatoren nach einer Zählung von Media Matters for America knapp 800 Mal an der Rechtmäßigkeit der Wahl.4

Fox unter Druck

Dabei waren es vornehmlich die Ideology-Talks am Abend – Hannity, Ingraham, Carlson et al. –, die im Gegensatz zu den Nachrichtenformaten gar nicht erst versuchten, sich mit der Realität der für ihr Lager verlorenen Präsidentschaftswahl zu arrangieren. Das ist aufmerksamkeitsökonomisch insofern verständlich, als es eben diese Sendungen zur abendlichen Hauptsendezeit waren, mit denen sich Fox etablierte, zu Obamas Zeiten eine zentrale Oppositionsrolle einnahm, dann ab 2017 Rekordeinschaltquoten einfuhr und einen beispiellosen Einfluss gewann auf Trump und seine Partei5 – und zwar mit offen parteipolitischer, emotional gefärbter und gelegentlich aggressiver Rhetorik, die einem strikten Ingroup-Outgroup-Denken folgt. Fox hatte in dieser Säule seines Programmschemas alle journalistischen Objektivitätsnormen suspendiert, die Profitabilität (jährlich mehr als 2 Milliarden Dollar) von explizit emotionaler Politikdarstellung bewiesen und wurde mit seiner „emphatischen Medienstrategie“ („emphatic media“) für große Teile des rechtskonservativen Mediensystems stilbildend.

Wie gemalt, könnte man meinen, für Nachbetrachtungen zur Präsidentschaftswahl. Allerdings besitzt Fox noch eine zweite Programmsäule. Sie soll im Geschäftsmodell des Senders auf dem Werbemarkt die Quoten der Meinungsformate monetarisieren: Damit die werbeschaltenden Unternehmen und Kabelbetreiber durch die routiniert heiklen Positionen und Äußerungen der Ideology-Talks nicht verschreckt würden, halten sich die journalistisch ausgelegten Nachrichtenformate des Tages eher zurück, sind tatsächlich nachrichtenorientiert und seriös im Anstrich. Fox ist es über die Jahre gut gelungen, diese Linie zu ziehen und zu halten, zwischen einerseits Nachrichtenformaten und andererseits Meinungsformaten. Und es waren solche sachlich orientierten Sendungen, die während seiner Präsidentschaft gelegentlich in Konflikt mit Trump gerieten, etwa wenn ihm Umfragedaten nicht passten oder die Unterstützung zu leise geriet. Schon konsequent, dass der Ärger von Trump auf die Wahlberichterstattung der Nachrichtenseite zurückzuführen ist.

Die Ereignisse nach der Wahl und insbesondere die Stop-the-Steal-Kampagne des Trump-Lagers setzten dieses zweigleisige Geschäftsmodell von Fox gehörig unter Druck; zumal es um Fragen von immenser Reichweite ging, die sich nicht einfach „aussitzen“ ließen. Natürlich war man auch nicht ganz unschuldig an einer politischen Öffentlichkeit, in der sich letztlich alles um die Frage drehte, ob man für oder gegen Trump sei. Jetzt musste man sich selbst sortieren. Für Fox war das eine Zauberlehrling-Situation, mit Goethe gesprochen: „Herr, die Not ist groß! Die ich rief, die Geister, werd ich nun nicht los.“ Der nach wie vor vorhandene Bedarf an Fanatismus bewies sich in den steigenden Quoten der rechtskonservativen Konkurrenz, die Trump und seine Anhänger mit Verschwörungsideen bedienten. Wollte man verlorenen Boden wieder gut machen, müsste man wohl ähnlich kreativ und hemmungslos an der Legitimität der Präsidentschaftswahl zweifeln.

Noch im Dezember fiel man weiter hinter die Quoten von CNN und MSNBC zurück. Inzwischen waren die Meinungsmoderatoren dazu übergegangen, die Big Lie in all ihren Facetten zu besprechen – unter anderem mit der peinlichen Folge, dass man sich angesichts juristischer Fingerzeige gezwungen sah, Disclaimer-Spots zu senden: Warnhinweise im drögen Duktus von Beipackzetteln, die den Behauptungen der eigenen Gastgeber widersprachen. Verhindern konnte das eine 2,7 Milliarden-Dollar-Verleumdungsklage von Smartmatic Anfang Februar allerdings nicht.

Problematisch wurde es am 6. Januar. Bei Fox kam man gar nicht erst auf die Idee, die Primetime angesichts der Breaking News durch die Tumulte am und im Kapitol den nüchternen Nachrichtenjournalisten zu überlassen. Man blieb beim Programmschema, und entsprechend viel Raum hatten dann die Meinungsmoderatoren, als sie am frühen Abend übernahmen, und die „Empörung“ der „Demonstranten“ empathisch analysierten – durchaus verstanden als Ausgleich gegenüber den aufgeregteren Debatten der Mainstream Media, die doch tatsächlich von einer Bedrohung sprachen. Unter anderem wurde dabei die Idee aufgeworfen, Aktivisten der „radikalen Linken“ hätten Trumps friedlich demonstrierende Anhänger infiltriert. (Mit der schönen Wendung bei Laura Ingraham, diese Leute da im Kapitol könnten gar keine MAGA-Demonstranten sein, denn sie würden ja offensichtlich gegen die ethischen Grundsätze der „Bewegung“ verstoßen.)6

Neuaufstellung in der Präsidentschaft Biden?

Mit dem 6. Januar verbindet sich für Fox eine handfeste Strategiefrage: Knapp eine Woche darauf gaben dutzende größere amerikanische Unternehmen bekannt – darunter General Electric, AT&T, Comcast, Verizon –, sie würden die 147 republikanischen Abgeordneten, die die Zertifizierung der Stimmen des Electoral College im Kongress verhindern wollten, künftig nicht länger durch Spenden unterstützen. Corporate America machte (zumindest ein kleines Stück weit) mobil gegen den Unsinn, der zu der radikalen Zerreißprobe und dem Verschwörungswahn beigetragen hat. Etwa zeitgleich verlor bei Fox nicht nur das Tagesprogramm weiter an Boden gegenüber der liberalen Konkurrenz, sondern verloren auch die landesweit immer noch führenden Ideology Talks von Sean Hannity und Tucker Carlson, also die profitablen Herzstücke des Senders, Zuschauer.

Insofern war man in der US-Medienszene durchaus gespannt, als Fox News Mitte Januar seine Programmentscheidungen für das kommende Jahr bekannt gab. Grundsätzlich zu diesem Zeitpunkt ein normaler Vorgang, war immer noch unklar, wie sich der Sender nach der Post-Truth-Präsidentschaft Trumps aufstellen würde. Was besonders auffiel: die Verlegung von The Story. Dieses eher journalistische Format räumte den wichtigen Sendeplatz ab 19 Uhr für ein Opinion-Format: Fox News Primetime. Die neue Sendung soll u. a. von Brian Kilmeade und Maria Bartiromo moderiert werden, die beide offene Trump-Unterstützer sind.7 Etwa zeitgleich brach man mit einer Tradition und ging dazu über, nun doch tagsüber für die abendlichen Talks zu werben – mit Clips und reißerischen Slogans. Das hatte man bislang vermieden, um die werbeschaltenden Unternehmen und Kabelanbieter nicht aufzuschrecken. Für Aufregung auch im eigenen Haus sorgten insbesondere noch einige Personalentscheidungen wie die Entlassung von Chris Stirewalt und rund 20 weiteren Mitarbeitern des Nachrichtenstabes; Stirewalt war (mit-)verantwortlich für den Entschluss des Decision Desks, Arizona für Biden auszurufen.

Fox plant also nach der Abwahl seiner zentralen Machtreferenz – Trump –, dem Sturm auf das Kapitol und dem zweiten Impeachment innerhalb von 13 Monaten keineswegs, moderatere Wege einzuschlagen. Im Gegenteil will man die Zuschauerverluste durch eine Stärkung der Opinion Talks ausgleichen. Das Ende des Trump-Fox-Feedback-Loops bedeutet nicht das Ende oder auch nur eine leichte Korrektur der übersteigerten Tribal News, der Stammes-Nachrichten: Fox stellt sich auf als „safe space“ – wie es die New York Times nannte:8 „Ihr braucht jemanden, der euch verteidigt“, so Tucker Carlson und meint natürlich sich selbst, als Anwalt all derer, die mit der Präsidentschaft Bidens den Sozialismus ante portas sehen.

Zweierlei Impeachment

Welche Wirklichkeiten Amerika künftig erwarten darf, konnte man im Zuge des zweiten Impeachments gegen Trump beobachten. Am 13. Februar wiesen 43 republikanische Senatoren die Anklage des Repräsentantenhauses zurück. Offenbar hatten weder Klageführung, Präsentationen noch neue Belege ausgereicht, um sie zu einer Abkehr von Trump zu bewegen. Große Teile der republikanischen Minderheit im amerikanischen Kongress bewiesen erneut eine beliebige Haltung gegenüber Information und Argumentation und markierten den äußerst polarisierten Status Quo der amerikanischen Gesellschaft – wohl auch, um eine aufgewühlte republikanische „Basis“ zu beruhigen. In einer Umfrage des konservativen American Enterprise Institute,9 die kurz vor der Abstimmung veröffentlicht wurde, glaubten immerhin zwei Drittel der befragten Republikaner, die Wahl sei Trump gestohlen worden; immerhin rund vier von zehn stimmten der Aussage zu, politische Gewalt könnte notwendig werden, um den amerikanischen Lebensstil z. B. vor unfähigen Politikern zu schützen.

Die Berichterstattung der Kabelsender über das Verfahren spiegelte diese Lagerbildung nahezu perfekt: Während CNN und MSNBC die Vorträge der Demokraten als beeindruckend und substantiell überaus überzeugend kommentierte, folgte man bei Fox der Einschätzung, es gäbe nichts wirklich Wichtiges zu berichten – nur ein letzter, verzweifelter Versuch der Demokraten, Trump zu schaden. In einem längeren Monolog erkundete Tucker Carlson die Motive der „durchgedrehten, verrückten“ Demokraten mit ihren „hasserfüllten Drohungen“ und befand, „das alles sei nur noch bizarr“. Bei Hannity echauffierte sich Donald Trump jr., das Verfahren sei hochgradig „idiotisch“. Überhaupt: Hätten die Senatoren nichts Besseres zu tun? Und während man bei MSNBC die Videos der Anklagevertreter nachgerade als Beweis für Trumps Verstrickung in die Unruhen vom 6. Januar feierte, kritisierte einer der Anwälte Trumps dieselben Filmchen bei Fox als „beleidigende Unterhaltungsshow“.10 Die Liste unterschiedlicher Wahrnehmungen ließe sich bequem verlängern. Kurz: Wer als unbefangener Beobachter zwischen MSNBC und Fox wechselte, erlebte Parallelwelten – wenn überhaupt, denn oft genug unterbrach Fox tagsüber (wie auch Newsmax) die Berichterstattung vom Kapitol für die wirklich wichtigen Dinge.

Fox News bleibt also zentral für eine politische Kultur, die das Land teilt, einer Konjunktiv-Republik, in der alle Gerüchte und Eventualitäten dann eine Nachricht, ein Statement, einen Kommentar wert sind, wenn sie dem Narrativ des eigenen Lagers entsprechen. Das mag ermutigend sein für all jene, die ihre Stärke in der Feindbildkommunikation sehen. Mit der Ablehnung des Impeachments meldete sich dann Trump zurück – und attackierte Mitch McConnell, den republikanischen Minderheitenführer im Senat. Mit McConnell, so Trump u. a., würde die republikanische Partei „nicht mehr respektiert und könne keine Wahl gewinnen.“11 McConnell hatte Trump zwar nicht seines Amtes entheben wollen – aus „technischen Gründen“, weil das Verfahren hier nicht greife –, ihn allerdings nach der Abstimmung faktisch für die Unruhen am Kapitol verantwortlich gemacht.

Wie die republikanischen Kongressmitglieder, die sich im Zuge der Big Lie oder des zweiten Impeachments gegen Trump stellten, geriet McConnell nun unter innerparteilichen Druck durch jene Trumpisten, die The Donald auch nach der Niederlage als Parteiführer sehen wollen oder zumindest an seiner rechtsnationalen Agenda festhalten. Wobei „Druck“ schon etwas euphemistisch klingt. Politisch mag es nach wie vor offen sein, wie sich die Partei orientiert oder ob sie sich womöglich spaltet. Medial sind bei Fox News Vorentscheidungen gefallen zugunsten eines lagerorientierten Meinungs-„Journalismus“, der keine Rücksicht nimmt auf die Gefährdungen der amerikanischen Demokratie. Das sehen andere Medienunternehmen (womöglich als Vorbild), das sehen die republikanischen Politikerinnen und Politiker (als Gelegenheit), das sieht Trump: Sollte er also neuerlich politische Ambitionen hegen – eine öffentliche Plattform scheint ihm sicher.

Zitationshinweis:

Kamps, Klaus (2021): Nach Trump – was macht Fox News?, Essay, Erschienen auf: regierungsforschung.de. Online Verfügbar: https://regierungsforschung.de/nach-trump-was-macht-fox-news/

This work by Klaus Kamps is licensed under a CC BY-NC-SA license.

  1. Bieber, Christoph & Kamps, Klaus (2021). Lost in Transition #2: „Better Call Saul“ und die „Georgia Situation“; https://carta.info/lost-in-transition-2-better-call-saul-und-die-georgia-situation/ []
  2. Lucke, Albrecht v. (2020). 3. November 2020: Der Blick in den Abgrund. In Blätter für deutsche und internationale Politik. 12/20, https://www.blaetter.de/ausgabe/2020/dezember/3-november-2020-der-blick-in-den-abgrund []
  3. Vgl. New York Times v. 22. November 2020; Newsmax, Once a Right-Wing-Also-Ran, Is Rising, and Trump Approves; https://www.nytimes.com/2020/11/22/business/media/newsmax-trump-fox-news.html []
  4. Vgl. https://www.mediamatters.org/fox-news/2-weeks-after-it-called-election-fox-news-cast-doubt-results-nearly-800-times []
  5. Kamps, Klaus (2019). Die Einflüsterer des Präsidenten: Fox News und Donald Trump. In Blätter für deutsche und internationale Politik, 10/19, https://www.blaetter.de/ausgabe/2019/oktober/die-einfluesterer-des-praesidenten-fox-news-und-donald-trump []
  6. https://www.mediamatters.org/fox-news/trumps-twitter-ban-kept-him-promoting-foxs-antifa-conspiracy-theory-during-capitol []
  7. https://www.mediamatters.org/fox-news/fox-throws-towel-its-news-side []
  8. https://www.nytimes.com/2021/01/09/business/media/fox-news-trump-tv.html?surface=most-popular&fellback=false&req_id=270777206&algo=bandit-all-surfaces&variant=1_bandit-all-surfaces_daysback_4&imp_id=476126543&action=click&module=Most%20Popular&pgtype=Homepage []
  9. https://www.americansurveycenter.org/research/after-the-ballots-are-counted-conspiracies-political-violence-and-american-exceptionalism/ []
  10. https://www.nytimes.com/2021/02/12/business/media/cnn-fox-news-msnbc-impeachment-trial.html?action=click&module=Spotlight&pgtype=Homepage []
  11. https://www.nytimes.com/2021/02/16/us/politics/trump-mitch-mcconnell-republicans.html?surface=most-popular&fellback=false&req_id=547428365&algo=bandit-all-surfaces-decay-decay-02&variant=2_bandit-all-surfaces-decay-decay-02&imp_id=334970856&action=click&module=Most%20Popular&pgtype=Homepage []

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