Zum Tod von Iring Fetscher

Beinahe identisch zeugen die Überschriften der Nachrufe auf Iring Fetscher von den Themen, die wir mit ihm assoziieren.

Sowohl die Süddeutsche Zeitung, als auch die Frankfurter Allgemeine Zeitung heben auf Fetschers Faible für Karl Marx und seine ironische Verhandlung von Märchenstoffen ab. Doch auf Marx und Märchen sollte man Fetscher nicht reduzieren.

Geboren 1922 lässt sich seine Biographie in die Reihe komplexer Lebensläufe bundesrepublikanischer Geistesgrößen einordnen. Zeitlebens bestritt er wissentlich Mitglied der NSDAP gewesen zu sein und verwies auf seine angestrebte Offizierskarriere in der Wehrmacht. 1995 erschienen seine autobiographischen Notizen unter dem Titel „Neugier und Furcht“, in denen er sich mit seinen Verstrickungen in das nationalsozialistische System auseinandersetzte.

1963 wurde Fetscher nachdem er über Hegel promoviert und sich über Rousseau habilitiert hatte, an die Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main berufen. Dort lehrte und forschte Fetscher bis zu seiner Emeritierung auf dem Lehrstuhl für Politikwissenschaft und Sozialphilosophie.

Zu seinen großen Leistungen für das Fach gehörte eine (Wieder-)Einführung der Lehren Karl Marx‘, die zuvor lange Zeit als Feindideologie abgestempelt und verpönt waren. Zudem gab er gemeinsam mit seinem Schüler Herfried Münkler die fünfbändige Geschichte der politischen Ideen heraus, die in ihrer konzeptionellen Dichte schnell zum Standardwerk der Politischen Ideengeschichte werden konnte.

Trotz seines Fokus auf Theorie und Ideengeschichte, pflegte er einen regen Kontakt zur politischen Praxis. Fetscher arbeitete in verschiedenen Kommissionen für die SPD und beriet die Bundeskanzler Brandt und Schmidt.

Am Samstag verstarb Iring Fetscher in Frankfurt am Main.

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