Die Landtagswahl 2017 in Nordrhein-Westfalen

Fabian Deffner, Benedikt Lechtenberg, Sandra Plümer und Kristina Zippel, die (ehemalige) Studierende des Masters “Politikmanagement, Public Policy und öffentliche Verwaltung” der NRW School of Governance sind, lassen die Ergebnisse der Landtagswahl NRW 2017 Revue passieren und leiten damit in das Dossier zu den Parteien im Wahlkampf in NRW 2017 ein. 

Jubelschreie und lange Gesichter, Siegerreden und Rücktritte, Überraschung und Resignation – all dies ist Teil der Choreographie eines typischen Wahlabends. Die Landtagswahl 2017 in Nordrhein-Westfalen bildete hier keine Ausnahme. Vieles kam dennoch anders als mancher Experte vorhergesagt hatte. Es war ein Abend der zerstörten Hoffnungen und der unerwarteten Sieger: Mit der Wahl vom 14. Mai 2017 wurde ein überraschender Machtwechsel im bevölkerungsreichsten Bundesland Deutschlands eingeleitet.

Die Landtagswahl 2017 in Nordrhein-Westfalen

Kontexte, Hintergründe und Analyseaspekte

Autoren

Fabian Deffner, Benedikt Lechtenberg, Sandra Plümer und Kristina Zippel sind Studierende  der Kohorte 2016/2017 des Masters “Politikmanagement, Public Policy und öffentliche Verwaltung” der NRW School of Governance an der Universität Duisburg-Essen.

Jubelschreie und lange Gesichter, Siegerreden und Rücktritte, Überraschung und Resignation – all dies ist Teil der Choreographie eines typischen Wahlabends. Die Landtagswahl 2017 in Nordrhein-Westfalen bildete hier keine Ausnahme. Vieles kam dennoch anders als mancher Experte vorhergesagt hatte.

Es war ein Abend der zerstörten Hoffnungen und der unerwarteten Sieger1: Mit der Wahl vom 14. Mai 2017 wurde ein überraschender Machtwechsel im bevölkerungsreichsten Bundesland Deutschlands eingeleitet. Durch einen deutlichen Einbruch in der Wählergunst verlor die SPD ihre Stellung als stärkste Partei an die CDU (31,2% respektive 33%) und gemeinsam mit den Grünen die Regierungsmehrheit. Die CDU konnte mit einer deutlich erstarkten FDP (12,6%) die Mehrheit gewinnen und so die Weichen für eine neue Regierungskoalition stellen. Der ehemalige Koalitionspartner der Sozialdemokraten, Bündnis90/Die Grünen, musste nach einem Absturz in den Umfragen zeitweise um den Wiedereinzug in das Parlament bangen und kam schlussendlich auf schwache 6,4%. Die Piratenpartei beendete mit lediglich 1% der Wählerstimmen ihren kurzen Aufenthalt im Parlament, gleichzeitig konnte die Alternative für Deutschland (AfD) nicht nur ihren Ersteinzug in den NRW-Landtag bejubeln, sondern auch die Tatsache, auf Anhieb mit 7,4% die zweitstärkste Oppositionspartei nach der SPD geworden zu sein. Währenddessen verpasste Die Linke mit 4,9% denkbar knapp den Einzug ins Parlament. Abseits der Linken und der Piraten fielen weitere 3,7% der Wählerstimmen auf Parteien, die nicht den Sprung in den Landtag schafften.2 Besonders für die NRW-SPD war dieser Wahlabend ein schockierender Einschnitt, nachdem sie nach Monaten positiver Wahlprognosen schließlich das schlechteste Ergebnis seit 1947 verzeichnete. Statt einem lange sicher geglaubten Machterhalt brachte der Wahlabend das Ende der Ära Kraft und den Triumph vom CDU-Spitzenkandidaten Armin Laschet.

Der NRW-Wahl kam im Kontext des Super-Wahljahres 2017, in dem insgesamt drei Landtagswahlen sowie die Bundestagswahl im September stattfanden, über die Landesgrenzen hinaus eine besondere Bedeutung zu. Schon in normalen Wahljahren gilt eine NRW-Wahl als Stimmungstest für anstehende Bundestagswahlen; sie wird gar als „kleine Bundestagswahl“ bezeichnet.3 Im Kalenderjahr 2017 wurde dies, bedingt durch den geringen zeitlichen Abstand von rund fünf Monaten zwischen den beiden Wahlen, verstärkt in den Medien thematisiert und spielte auch in der Art der Wahlkampführung der NRW-Landesverbände eine relevante Rolle. Dementsprechend wurde das Erfolgsergebnis der NRW-CDU auch als ein erstes Erfolgszeichen für Bundeskanzlerin Angela Merkel gewertet, während der nordrhein-westfälische Wahlabend einen unsanften Stopp für den Schulz-Zug4 darstellte.

Die Analyse der Wahlkampf- und Kommunikationsstrategien

So turbulent und überraschend der Wahlabend verlief, er stellte nur den Höhepunkt eines Prozesses dar, der Parteien und ihre Unterstützer, Wähler und Medien monatelang auf Trab gehalten hatte. Das Augenmerk dieser Beitragsreihe liegt genau auf diesem Prozess: Dem Wahlkampf. Die einzelnen Analysen gehen der Frage nach, mit welchen Strategien und Ansätzen die Parteien ihren Wahlkampf und ihre Kommunikationsmaßnahmen gestaltet haben. Dabei werden nicht nur die seit Jahrzehnten auf Bundes- und Landesebene etablierten Parteien SPD, CDU, Bündnis90/Die Grünen, FDP und Die Linke betrachtet. Die AfD, die bereits in anderen Landesparlamenten und seit September 2017 auch im Deutschen Bundestag vertreten ist, wird ebenso in den Blick genommen wie einige neugegründete Parteien (z.B. Schöner Leben und V-Partei³). Analysiert wird auch der Wahlkampf einiger Klein- und Kleinstparteien, denen meist nur punktuell Beachtung geschenkt wird (z.B. NPD und ÖDP). Die Beiträge bilden damit die Vielfalt der nordrhein-westfälischen Parteienlandschaft ab.

Die vielen wichtigen Komponenten eines Wahlkampfes werden in den Dossiers zusammengebracht: die vermittelten Inhalte (u.a. in Form der Wahlprogramme), die Wahlkampfinstrumente und Kommunikationsformate, die eingesetzten Strategien (z.B. Negative Campaigning oder Personalisierung), die Medienrezeption und -nutzung, die Wahlkampforganisation und -ressourcen sowie die besonderen Rahmenbedingungen und Kontexte einer jeden Partei. Je nach Partei lag der Fokus in der Analyse auf dem einen oder anderen Analyseaspekt, mit dem Ziel, relevante und interessante Einsichten und Ergebnisse zu liefern. Als Grundlage der Analysen dienen neben der Medienberichterstattung und zahlreicher Sekundärliteratur auch extensive Interviews, die die Autoren der Beiträge mit Wahlkampfmanagern und weiteren zentralen Personen der verschiedenen Parteien geführt haben. Das Ergebnis sind elf Beiträge, die tiefgreifende Einblicke in die Wahlkampf- und Kommunikationsstrategien einer Auswahl nordrhein-westfälischer Parteien bzw. ihrer Landesverbände geben.

Die Autoren dieser Beiträge sind Mitglieder der Kohorte 2016/2017 des Masterprogramms „Politikmanagement, Public Policy und öffentlichen Verwaltung“ der NRW School of Governance an der Universität Duisburg-Essen. Die Analysen entstanden im Rahmen des Seminars „Praxis der Politikgestaltung: Verhandeln, vermitteln, kommunizieren“ unter der Leitung und Beratung von Dipl-Soz.-Wiss. Stefanie Delhees und Dr. Ray Hebestreit im Sommersemester 2017. Redigiert wurden die Beiträge von einem Redaktionsteam, den Verfassern dieses einleitenden Beitrags. Zusammengefasst zu einer Beitragsreihe stellen sie eine Erweiterung dar des beträchtlichen Katalogs an Analysen der NRW School of Governance zu Wahlen und Wahlkämpfen um die Landtagswahl 2017 in Nordrhein-Westfalen.

Literatur:

Der Landeswahlleiter des Landes Nordrhein-Westfalen: Landtagswahl 2017, URL: https://www.wahlergebnisse.nrw.de/landtagswahlen/2017/aktuell/a000lw1700.shtml, Aufruf vom 05.05.2018.

Küpper, Moritz: Die Wahl an Rhein und Ruhr als letzter Stimmungstest, Deutschlandfunk.de vom 08.05.2017, URL: https://www.deutschlandfunk.de/nrw-landtagswahl-die-wahl-an-rhein-und-ruhr-als-letzter.1773.de.html?dram:article_id=385615, Aufruf vom 10.05.2018.

Hier geht es zu den einzelnen Parteidossiers:

Die Wahlkampf- und Kommunikationsstrategie der NRW-CDU im Landtagswahlkampf 2017

Hanna-Lena Buschan, Benedikt Lechtenberg und Gesa Schöttke, die an der NRW School of Governance studier(t)en, analysieren den Wahlkampf der CDU zur Landtagswahl 2017 in NRW im Rückblick. Ihr Wahlkampf zeichnete sich durch eine Stringenz und Kontinuität aus, die alle Teile der Kampagne verband. Dabei standen CDU-Lösungsvorschläge, die Person Armin Laschet und Angriffe auf die rot-grüne Landesregierung im Fokus.

Die Wahlkampf- und Kommunikationsstrategie der SPD für die NRW-Landtagswahl 2017

Elisa Mecks, Jerome Neuenstein und Jan Wendtland, die den Master “Politikmanagement, Public Policy und öffentliche Verwaltung” an der NRW School of Governance studiert haben, analysieren den Wahlkampf der SPD zu den Landtagswahlen 2017 in NRW. Mit einer personenzentrierten Kampagne mit Hannelore Kraft konnte die SPD nicht bei den Wählern punkten, da im Wahlkampf Sachfragen zentral standen. Bei den wahlentscheidenden Themen Bildungspolitik, Infrastruktur und Innere Sicherheit konnte die NRW-SPD bei den Wählern nicht ausreichend überzeugen, da hier unter anderem der Kommunikationsbogen der SPD durch die Negativkampagnen anderer Parteien zerstört wurde und die Wähler der SPD generell wenig Kompetenz in diesen Bereich zuschrieben.

Die Wahlkampf- und Kommunikationsstrategie der NRW-FDP im Landtagswahlkampf 2017

Taner Kaptagel, Felix Müller und Daniel Pfaff, Studierende der NRW School of Governance an der Universität Duisburg-Essen, stellen fest, dass die FDP NRW bei den Landtagswahlen 2017 das beste Ergebnis ihrer Landesgeschichte erreichte. Wie konnte die FDP nach dem Debakel 2013 so erfolgreich werden? Ihr stark auf Darstellungspolitik fokussierter Wahlkampf mit der Person Christian Lindner, die Andersartigkeit ihres stilistischen Auftritts und die Nutzung sozialer Medien haben einen Beitrag dazu geleistet, analysieren die Autoren.

Die Wahlkampf- und Kommunikationsstrategie der AfD für die NRW-Landtagswahl 2017

Thorsten Kater, Sandra Plümer und Katharina Rohloff, die Master-Studierende an der NRW School of Governance an der Universität Duisburg-Essen sind, zeigen, dass der Wahlkampf der AfD zu den Landtagswahlen in NRW 2017 von den Themen Bildung, Innere Sicherheit und Verkehr geprägt war und sich durch einen hohen Anteil an Bildsprache und eine starke Personalisierung kennzeichnete.

Zitationshinweis:

Deffner, Fabian / Lechtenberg, Benedikt / Plümer, Sandra / Zippel, Kristina (2019): Die Landtagswahl 2017 in Nordrhein-Westfalen, Kontexte, Hintergründe und Analyseaspekte, Dossier, Erschienen auf: regierungsforschung.de. Online Verfügbar: https://regierungsforschung.de/die-landtagswahl-2017-in-nordrhein-westfalen/

  1. In dieser Beitragsreihe wird aus Gründen der Lesbarkeit die maskuline Form stellvertretend für alle Geschlechter verwendet. []
  2. Für alle Ergebnisse im Detail siehe: Der Landeswahlleiter des Landes Nordrhein-Westfalen: Landtagswahl 2017, URL: https://www.wahlergebnisse.nrw.de/landtagswahlen/2017/aktuell/a000lw1700.shtml, Aufruf vom 05.05.2018. []
  3. Küpper, Moritz: Die Wahl an Rhein und Ruhr als letzter Stimmungstest, Deutschlandfunk.de vom 08.05.2017, URL: https://www.deutschlandfunk.de/nrw-landtagswahl-die-wahl-an-rhein-und-ruhr-als-letzter.1773.de.html?dram:article_id=385615, Aufruf vom 10.05.2018. []
  4. Der Schulz-Zug war eine in den Medien beliebte Metapher für die anfänglich scheinbar unaufhaltsam steigende Popularität von Martin Schulz, dem Spitzenkandidaten der SPD für die Bundestagswahl 2017. []

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