Auf fast 1000 Seiten beleuchtet das Handbuch Lobbyismus der Herausgeber Andreas Polk und Karsten Mause, erschienen bei Springer VS, den Einfluss von Interessengruppen – von aktuellen Beispielen bis hin zu Einblicken in die Logiken der Politikgestaltung werden aufschlussreiche Einblicke geboten, so Prof. Dr. Karl-Rudolf Korte von der NRW School of Governance an der Universität Duisburg-Essen. In dem Handbuch werden die Epistemisierung des Gesetzgebungsprozesses aus vielfältigen Perspektiven und die Grenzen zwischen Beratung und Einflussnahme umfassend diskutiert, womit die Autoren Pionierarbeit geleistet haben, so Korte.
Der Einstieg fällt für den Leser pejorativ aus. Der Einfluss von Interessengruppen wird mit negativen Beispielen – von Maskendeals bis zur FDP-Mövenpick-Affäre – resonanzstark aufgeladen. Dabei ist die Epistemisierung des Gesetzgebungsprozesses neutral betrachtet nichts Negatives. Beratung zur Problemlösung kann jeder gebrauchen. Wann aus Beratung Einflussnahme wird, noch dazu ob sie transparent, legitimiert oder selbstermächtig ist, eröffnet andere Diskussionslagen. Das alles findet sich in der fast 1000 Seiten starken Printausgabe des Lobby-Handbuchs.
Diskussionslagen des Lobbyings:
Zwischen Einflussnahme, Mitgestaltung und Transparenz
Andreas Polk / Karsten Mause (Hrsg.): Handbuch Lobbyismus. Springer VS Verlag, Wiesbaden 2023, 986 Seiten
Autor
Prof. Dr. Karl-Rudolf Korte ist Professor für Politikwissenschaft an der Universität Duisburg-Essen und Direktor der NRW School of Governance an der Universität Duisburg-Essen. Seine Forschungsschwerpunkte liegen in der Regierungs-, Parteien- und Wahlforschung.
Der Einstieg fällt für den Leser pejorativ aus. Der Einfluss von Interessengruppen wird mit negativen Beispielen – von Maskendeals bis zur FDP-Mövenpick-Affäre – resonanzstark aufgeladen. Dabei ist die Epistemisierung des Gesetzgebungsprozesses neutral betrachtet nichts Negatives. Beratung zur Problemlösung kann jeder gebrauchen. Wann aus Beratung Einflussnahme wird, noch dazu ob sie transparent, legitimiert oder selbstermächtig ist, eröffnet andere Diskussionslagen. Das alles findet sich in der fast 1000 Seiten starken Printausgabe des Lobby-Handbuchs. Andreas Polk und Karsten Mause haben Pionierarbeit auf sehr hohem Niveau geleistet. Sie komplettieren die extrem hilfreiche Reihe zentraler Handbücher des Springer VS Verlages – die dicke blaue Reihe. In fast 50 Beiträgen wird der aktuelle Forschungsstand aus der unterschiedlichen Perspektiven diskutiert. Annette Zimmer schreibt dazu: „Die spezifische politikwissenschaftliche Perspektive auf Lobbying als Beeinflussung und Mitgestaltung von Politik gibt es nicht. Vielmehr handelt es sich um eine Vielfalt von Ansätzen, Zugängen, Akteuren, Arenen und Strategien der Einflussnahme“ (S. 35). Das rechtfertigt die 1000 Seiten und eine vierfache Untergliederung in Hauptkapitel.
Insofern fällt es schwer, Lücken zu finden, die für die zweite Auflage zu schließen wären. Die kurzen Beiträge folgen der Logik der Neugier: Wie kann man prägnant, systematisch, problemorientiert einen kurzen Überblick über den jeweiligen Gegenstandsbereich entdecken? Die Fachliteratur bietet dann die Möglichkeit, die gelesenen Informations-Schneisen weiter zu verdichten. So erhält man als Leser einen sehr guten orientierenden Einstieg in differenzierte Felder.
Beispielsweise erarbeitet Maximilian Schiffers in seinem Beitrag Grassroots Lobbying im Spannungsfeld von unorganisierten und organisierten Interessen heraus. Dabei werden zunächst die basisdemokratischen Praktiken deutlich – zumal sie im Titel aufscheinen. Dann aber erfahren wir zusätzlich, welche Handlungslogiken im Prozess des Politikgestaltung konfligieren oder sich ergänzen. Und wir erkennen sehr präzise, welche Schlussfolgerungen sich daraus für Reputation und Einfluss ergeben können. Insofern ist das ein gutes Beispiel, um zu dokumentieren, in welch hoher Dosis und extrem kondensiert wir als Leser systematisch Fachinformationen erhalten. Als Ausgangspunkt für weitere Vertiefungen kann man sich keine besseren Beiträge vorstellen.
Einige Kritik: Ein solches Handbuch sollte – gerade für den Bildungsleser – immer auch Stichwortregister enthalten, um sich die Zusammenhänge schnell selbst erarbeiten zu können. Dies sollte in Zukunft für alle Handbücher gelten.
Zitationshinweis
Korte, Karl-Rudolf (2023): Diskussionslagen des Lobbyings: Zwischen Einflussnahme, Mitgestaltung und Transparenz, Andreas Polk / Karsten Mause (Hrsg.): Handbuch Lobbyismus, Rezension, Erschienen auf: regierungsforschung.de. Online verfügbar: https://regierungsforschung.de/diskussionslagen-des-lobbyings-zwischen-einflussnahme-mitgestaltung-und-transparenz/
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