“Das Jahrhundert der Politik. Eine Geschichte des 20. Jahrhunderts im Licht ihrer Politikbegriffe” von Friedbert Rübergegangen hat Vermächtnis-Charakter, so Prof. Dr. Karl-Rudolf Korte von der NRW School of Governance an der Universität Duisburg-Essen. Die Kapitel sind abgeschlossen und stehen für sich als exzellente Kleinode und Fundgrube traditioneller Zugänge.
Das Buch hat Vermächtnis-Charakter. Friedbert Rüb systematisiert sein Denken und Schreiben, das er sich über viele Jahrzehnte über Politik und das Politische erarbeitet hat. Er strukturiert es durch den Wandel an Politikbegriffen. Dies verengt er wiederum auf semantische Veränderungen, die allerdings eher unscharf als Pfad genutzt werden. Denn semantische Exkursionen im engeren Sinne leistet das Buch nicht.
Friedbert W. Rüb: Das Jahrhundert der Politik. Eine Geschichte des 20. Jahrhunderts im Licht ihrer Politikbegriffe
Nomos Verlag, Baden-Baden, 2020, 682 Seiten, ISBN 978-3-8487-6613-0, 138,00 Euro
Autor
Prof. Dr. Karl-Rudolf Korte ist Professor für Politikwissenschaft an der Universität Duisburg-Essen und Direktor der NRW School of Governance an der Universität Duisburg-Essen. Seine Forschungsschwerpunkte liegen in der Regierungs‑, Parteien- und Wahlforschung.
Das Buch hat Vermächtnis-Charakter. Friedbert Rüb systematisiert sein Denken und Schreiben, das er sich über viele Jahrzehnte über Politik und das Politische erarbeitet hat. Er strukturiert es durch den Wandel an Politikbegriffen. Dies verengt er wiederum auf semantische Veränderungen, die allerdings eher unscharf als Pfad genutzt werden. Denn semantische Exkursionen im engeren Sinne leistet das Buch nicht.
Dreizehn Kapitel werden am Ende zusammengefasst. Man begegnet Kontingenzsteigerungen über Politik als Möglichkeitsraum („Das Schäfflesche Moment“). Die Politik der Verfassungsgebung – von der Oktoberrevolution bis zum Ende der DDR – wird vorgestellt. Politische Begriffe im Umfeld von Masse und Sozialem tauchen ebenso auf, wie psychopathologische und friedenspolitische Herangehensweisen. Letztlich kommt auch Governance zum Zuge: „Von der politischen Steuerung über Governance bis zur zeitorientierten Reaktivität“.
Politikertypen, Parteien und auch Mediatisierungsphänomene werden vorgestellt. All das spielt sich verändernd im 20. Jahrhundert ab.
Zugegebenermaßen fällt es dem Leser schwer, einen ordnenden Überblick zu behalten. Eine Leserführung existiert über die Einleitung hinaus nicht. Die Kapitel sind abgeschlossen und stehen für sich als exzellente Kleinode und Fundgrube traditioneller Zugänge.
Ob am Ende die These stimmt, dass Politik verschwindet, bleibt diskussionswürdig. „Das Jahrhundert der Politik ist untergegangen und an seine Stelle ist ein neues getreten, dessen Konturen noch undeutlich sind und sich erst in seinem weiteren Verlauf herausschälen werden. Aber es könnte das Jahrhundert des Verschwindens der Politik werden. Das Situative dominiert. Prozesse und Projekte gehen in Bewegungen auf. Politik passiert eher, als das sie gestaltet wird. Durchwurschteln verwischt Akteure und Handlungen.“
Aber stimmt das in der aktuellen Coronakratie? Erkennen wir nicht gerade, wie Krisenpolitik zentriert fokussiert mit Hierarchie entscheidet – zumindest über viele Monate? Krisenlotsen stellen sich dem Wählermarkt. Und der Bedarf nach einer großen Erzählung, die mehr ist als Reparaturarbeiten am Wohlfahrtsstaat, nimmt gerade Fahrt auf. Resilienz als neue Markierung des Vorsorgestaates kann nur optimiert werden, wenn Politik entscheidet. Aktive Politiksteuerung im Sinne einer strategischen Reformpolitik kehrt zurück. Das Politische hat große Chancen wieder sichtbarer zu werden.
Zitationshinweis:
Korte, Karl-Rudolf (2021): Friedbert W. Rüb: Das Jahrhundert der Politik. Eine Geschichte des 20. Jahrhunderts im Licht ihrer Politikbegriffe, Rezension, Erschienen auf: regierungsforschung.de. Online Verfügbar: https://regierungsforschung.de/friedbert-w-rueb-das-jahrhundert-der-politik/
This work by Karl-Rudolf Korte is licensed under a CC BY-NC-SA license.
