Thorsten Thiel: Republikanismus und die Europäische Union. Eine Neubestimmung des Diskurses um die Legitimität europäischen Regierens

Republikanismus und die Europäische UnionThorsten Thiel, seines Zeichens Mitglied des Exzellenzclusters „Die Herausbildung Normativer Ordnungen“ und Wissenschaftlicher Koordinator im Leibniz-Forschungsverbund „Krisen einer globalisierten Welt“, geht mit diesem Werk ein Wagnis ein.

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Thorsten Thiel: Republikanismus und die Europäische Union. Eine Neubestimmung des Diskurses um die Legitimität europäischen Regierens

Er verbindet zwei Disziplinen der Politikwissenschaft miteinander, die mitunter nur wenig Kenntnis voneinander und Interesse füreinander haben: Die Europaforschung („European Studies“) als interdisziplinäre Forschungsrichtung zur einen und die Politische Theorie – welche die (theoretischen) Grundlagen der Politik respektive Politikwissenschaft untersucht – zur anderen Seite.

Thorsten Thiel: Republikanismus und die Europäische Union.

Eine Neubestimmung des Diskurses um die Legitimität europäischen Regierens.

Nomos Verlagsgesellschaft, 2012, 288 Seiten, ISBN 978-8329-7106-9, 44 Euro.

Rezension von Gordian Ezazi

Thorsten Thiel, seines Zeichens Mitglied des Exzellenzclusters „Die Herausbildung Normativer Ordnungen“ und Wissenschaftlicher Koordinator im Leibniz-Forschungsverbund „Krisen einer globalisierten Welt“, geht mit diesem Werk ein Wagnis ein: Er verbindet zwei Disziplinen der Politikwissenschaft miteinander, die mitunter nur wenig Kenntnis voneinander und Interesse füreinander haben: Die Europaforschung („European Studies“) als interdisziplinäre Forschungsrichtung zur einen [1] und die Politische Theorie – welche die (theoretischen) Grundlagen der Politik respektive Politikwissenschaft untersucht – zur anderen Seite. [2]

Mit dem Werk „Republikanismus und die Europäische Union. Eine Neubestimmung des Diskurses um die Legitimität europäischen Regierens“ soll der breit geführte Demokratiediskurs aus dem Bereich der Europaforschung „mit Hilfe politiktheoretischer Überlegungen zu erörtern“ (S. 10) versucht werden. Nun konzediert Thiel zu Recht, dass die Frage nach der EU-Demokratisierung mithin „auf tausenderlei Art und Weise zu beantworten“ versucht wurde (S. 9), gleichwohl eher selten aus der Perspektive der Politischen Theorie und hier vor allem bislang nicht aus Sicht des Republikanismus und dessen Politikverständnis.

Das dänische „Nej“ und der normative turn

Nach einem geschichtlichen Abriss über das „Forschungsfeld“ (S. 17) der European Studies, wird darauf verwiesen, dass eine intensive akademische Beschäftigung mit dem Demokratiebegriff erst durch das dänische „Nej“ zum Vertrag von Maastricht [3] begonnen habe. Die inkrementell durchgeführte europäische Integration, der Rekurs der europäischen Elite respektive der gewählten Akteure auf nationalstaatlicher Seite (gerne auch etwas vereinfachend als Methode Monnet bezeichnet), der über Jahrzehnte hinweg von Politik und Politikwissenschaft unterstellte permissive Konsens des europäischen Citoyens, fand nunmehr sein jähes Ende und kulminierte im normative turn der Europaforschung. [4]

Thorsten Thiel konstatiert, dass die Europaforschung nach einer ersten Phase der Integrationstheorien (explaining integration), einer zweiten Phase der Erforschung des Regierungssystems (analyzing governance), nunmehr also in eine dritte Phase, einer normativ-kritischen Auseinandersetzung mit der Europäischen Union (constructing the European Union) getreten sei. Hier nun stünden demokratietheoretische Erwägungen im Vordergrund, für welche – und dies erscheint schlüssig – die Politische Theorie benötigt werde. Thiel versucht sich also einer kritischen Bestandsaufnahme der Europäischen Union und ihres Demokratisierungsprozess, aber eben auch den bisweilen sehr divergenten wissenschaftlichen Interpretationen dieses supranationalen Staatengebildes.

Letztere unterteilt er dabei, anknüpfend an Jürgen Habermas‘ disziplinübergreifend bekannten Aufsatz „Drei normative Modelle der Demokratie“ (siehe Habermas 1999), in drei (kritische) Sichtweisen auf die Europäische Union, die aufgrund ihres je eigenen Verständnisses von demokratischer Legitimität zu unterschiedlichen Kritiken und Vorschlägen selbige Legitimität steigern zu wollen, kommen. Dies sind die liberale, die kommunitaristische und die deliberative Demokratietheorie.

Die liberale, kommunitaristische und deliberative Demokratietheorie

Die Autoren, die unter dem Dach der liberalen Demokratietheorie geführt werden können, mahnen ein Demokratiedefizit der Europäischen Union an. Dieser Terminus, so Thorsten Thiel, sei jedoch irreführend, da „er die Komplexität der Probleme zu sehr verkürzt und Demokratie als etwas Fixes und Quantifizierbares versteht. Das Defizit evoziert einen Singular, welcher weder der Multidimensionalität der Probleme (…) noch der Diversität europäischer Politiken gerecht wird (…)“ (S. 49, Fußnote). Für den liberalen Ansatz sind zwei Aspekte zentral: die Partizipation über Wahlen und die Repräsentation der Bürger in Institutionen.

Zentrale Akteure der Herrschaftsbegrenzung sind demnach die supranationalen Institutionen, noch genauer, das von den Bürgern seit 1979 direkt gewählte Europäische Parlament. Thiel resümiert, dass das Europäische Parlament für die zu leistenden Legitimitätsanforderungen nur „sehr unzureichend aufgestellt“ (S. 56) sei, was – trotz des „Lissaboner“ Reformschubes – an dessen mangelnden Kompetenzen und einer mangelnden Professionalisierung (Wo sind die europäischen Parteien?) und Personalisierung (Wo bleiben die europäischen Spitzenkandidaten?) läge. [5]

Ein kommunitaristischer Ansatz fordert demgegenüber eine Volkssouveränität (respektive die Verwirklichung selbiger) auf europäischer Ebene an. Diese Volkssouveränität komme durch das Prinzip der Repräsentativität und eine proklamierte Verfassung zum Ausdruck. Wer den Kommunitarismus und seine EU-Kritik verstehen möchte, müsse sich also – so Thiel – abermals die Debatten um den 2005 endgültig gescheiterten europäischen Verfassungsvertrag (VVE) vergegenwärtigen (S. 84). Eine kollektive europäische Identität muss zwangsläufig auf einen in Vertragsform gegossenen Grundkonsens rekurrieren können (vgl. S. 74 f.). Dieser Grundkonsens wiederum könne nur durch ein kollektives Subjekt, die Bürger, beschlossen werden. Der Kommunitarismus-Diskurs fragt also ganz zentral nach Identität, Öffentlichkeit und Verfassung der Europäischen Union.[6]

Der angesprochene normative turn der Europaforschung spiegelt sich wohl am deutlichsten in den Ansätzen der deliberativen Demokratietheorie wider. Thiel verweist mit Habermas darauf, dass es diesem Ansatz weniger um die Voraussetzungen der Demokratie gehe, vornehmlich die genannte Verfassung, sondern darum, „dass der politische Prozess selbst den Maßstäben von Öffentlichkeit und Diskursivität“ (S. 90) zu genügen habe. Eine kritische Öffentlichkeit sei demnach nicht das Ergebnis einer kollektiven Identität (vgl. Kommunitarismus), sondern konstituiere sich über den Konstitutionalisierungsprozess selbst. Es gehe Habermas um die „spontanen“ Debatten, vornehmlich nicht-organsierter Öffentlichkeiten, die an der politischen Willensbildung mitwirken würden, diese kontrollieren, gleichwohl aber auch initiieren könnten. [7] Thiel kritisiert diese Positionierung: „Das Prinzip Hoffnung“, so seine Kritik, überwiege in den Ausführungen von Habermas,  der mit einem Verfassungsgebungsprozess ausschließlich Positives konnotiere (S. 107). Thorsten Thiel ist in seiner Kritik zuzustimmen, wenn er anmerkt, dass ein derartiger Verfassungsdiskurs nicht zwangsläufig „die Freisetzung von Motivation und Engagement“ (S. 108) zeitigen werde, Habermas also den Politisierungseffekt, den die europäische Konstitutionalisierung nach sich ziehe, weithin überschätze.

Erst die Funktion, dann die Legitimation

Obschon jeder dieser normativen Ansätze andere Aspekte in den Blick nehme, [8] so würden doch zwei zentrale Punkten von diesen vernachlässigt werden: (1) Die Rolle des Bürgers und (2) die Fähigkeit, die Europäische Union und ihre institutionellen Verflechtung deskriptiv beschreiben und konstruktiv zu Verbesserungsvorschlägen zu kommen (S. 112).

Dies führe dazu, dass sich zwei weitere Diskursstränge im Bereich der Europaforschung herausgebildet hätten, die erst die Funktion der EU zu erklären versuchten und erst dann die Legitimität ihrer politischen Herrschaft beantworten wollten. Im Folgenden listet Thorsten Thiel die – seiner Einschätzung nach – zwei wichtigsten analytischen Forschungsperspektiven auf: Zum einen (1) Andrew Moravcsiks und Giandomenico Majones prominente Studien, denen zufolge die Europäische Union die Legitimität und Demokratie der Nationalstaaten nicht schwäche (Moravcsik), da sie nur koordinierende respektive regulative Funktionen (Majone) einnehme und zum anderen (2) die Governance-Perspektive und der Multi-Level Governance-Ansatz (gebündelt zusammengefasst bei Knodt/Hüttmann 2006).

Thorsten Thiel merkt an, dass diese Ansätze zwar über profunde „Detailkenntnisse“ (S. 154) der EU-Institutionen verfügen würden, gleichwohl kritische Aspekte der Europäischen Union – wie deren offenkundige Exekutivlastigkeit – nicht mehr adäquat zu beschreiben und untersuchen imstande seien.

Neue Impulse für die Europaforschung? Der republikanische Ansatz

Thorsten Thiel versucht sich nunmehr an einem theoretischen Spagat zwischen den aufgeführten normativen und analytischen Ansätzen. Er betont – und dies wiederum wäre im Bereich der Politischen Theorie ein Malus, in der Europaforschung hingegen ein expliziter Vorzug: „Republikanismustheorien haben sich von den idealistischen Bleigewichten das klassischen Republikanismus lange befreit“ (S. 162). Er fasst im Folgenden konzise und zielführend die Vertreter und unterschiedlichen Ansätze im Bereich der Republikanismusforschung zusammen: Der in der Literatur so genannte neo-römische Ansatz von Philipp Pettit zur einen sowie Hanna Arendts „antiker“ Republikanismus zur anderen Seite. Diese Zusammenführung scheint intuitiv und plausibel zu sein, erhöht sie doch die Übersichtlichkeit und Strahlkraft, welche von Thiels nunmehr folgenden Republikanismus-Vorschlägen ausgeht. Nichtsdestotrotz dürfte sich so mancher Vertreter des „neorömischen“ Republikanismus die Augen reiben, wie Thiel von „kategorischen Unterschiede[n]“ (S. 170) zu seiner „Vereinigung“ (S. 170) beider „Republikanismus-Schulen“ kommt.

Für den Republikanismus steht der Begriff der Freiheit im Vordergrund. Auf Institutionen bezogen bedeutet dies: „Der Republikanismus als politische Theorie beurteilt institutionelle Ordnungen daher danach, inwiefern diese geeignet sind, Freiheit zu fördern und zu erhalten“ (S. 170). Der republikanische Freiheitsbegriff ist mehr als dies die Dichotomie zwischen negativer und positiver Freiheit auszusagen vermag (beide Freiheitsverständnisse werden und wurden nie besser dargelegt wie bei Berlin  2006); denn: „Republikanische Freiheit verwirklich sich durch politisches Handeln, sprich: die Diskussionen um die Ausarbeitung und Gestaltung des republikanisch verstandenen Freiheit, kann erst durch das politische Handeln, die politische Partizipation von Freiheit die Rede sein. Der pluralistische Republikanismus-Ansatz nach Thiel sind für die Gewährleistung dieser Art der Freiheit, drei Elemente zentral: „Gewaltenteilung (a), Verfassung (b) und Repräsentation (c).“ (S. 184).

Die eigentliche Anwendung dieses (an sich sehr abstrakten) pluralistischen Republikanismus-Ansatzes, auf ein supranationales Gebilde wie die Europäische Union, nimmt bei Thorsten Thiel nicht mehr als 30 Seiten ein. Dieses Vorgehen wiederum ist klassisch politisch-theoretischer Natur, nimmt aber seinem offerierten Analyseraster einiges an Dynamik. Zu Recht konstatiert Thorsten Thiel zu Beginn seines Buches, „dass politische Theoretiker sich schwertun, die Komplexität europäischen Regierens zu durchdringen“ (S. 26) und die Disziplin „droht  (…) den Anschluss an die Wirklichkeit politischer Systeme zu verlieren“ (S. 27). Sein Vorgehen bewirkt dennoch gewiss nicht, dass diese Arbeit im Bereich der eher verstärkt empirisch arbeitenden Europaforschung auf ungeteilte Zustimmung treffen dürfte. Diese Bemerkung ist keineswegs als inhaltliche Kritik zu verstehen, gleichwohl würde man dieser Publikation einen breiteren Resonanzboden wünschen. Die Darstellung des republikanischen Ansatzes sowie dessen Kritik an und Mehrwert für die Europaforschung fällt insgesamt eher knapp aus. Diese Ausarbeitungen hätte man sich gerne ausführlicher, gerne konkreter gewünscht, denn auch so bleiben sie bisweilen im Stadium eines Problemaufrisses stehen.

Beispiel zur Gewaltenteilung (a): „Exekutive, Lobbyisten und Bürokratien haben eine starke Vorhand im europäischen Machtspiel, sie hebeln die Trennung von Exekutive und Legislative aus und wirken auf tief auf die nationalstaatliche Institutionalisierung der Demokratie“ (S. 221). So richtig diese Diagnose ist – ist sie wirklich neu? Ein Blick auf jenes von Colin Crouch beschworene Postdemokratie-Gespenst (vgl. Crouch 2008) verweist auf die mithin durchaus bekannten Lobbyismusabgründe des Nationalstaates und der EU.

Gewinnbringender scheint da schon die republikanische Lesart der Verfassung (b) zu sein: „Auch das Scheitern des Verfassungsvertrages durch das Nein der Bürger in Frankreich und den Niederlanden hat damit das Potenzial, zu einem wichtigen Moment von Konstitutionalisierung zu werden, eben weil es den Prozess der konfliktiven Selbstverständigung vorantreibt. Die Erörterung der Verfasstheit der Europäischen Union wird somit dynamisiert und die starre Frage, ob Europa nun verfasst sei oder es werden müsse transzendiert (…)“ (S. 225).

Die  Repräsentation (c) sei zwar im EU-Kontext inklusiv ausgestaltet worden, da sich hier gleichberechtigte Staaten zusammengefunden hätten; dennoch konstatiert Thiel, dass sich „nicht notwendig Mehrheitsinteressen durchsetzen, sondern Minderheiten in einem ungewöhnlich starken Maße eingebunden sind.“ (S. 226) Die über die Nationalstaaten vollzogene Gleichberechtigung auf europäischer Ebene sei demnach „zweischneidig“ zu beurteilen (ebd.), da diese Strukturen den Status quo zementieren und grundlegende Reformen erschwerten. Auf der – für den Republikanismus sehr relevanten – Ebene zivilgesellschaftlicher Akteure zeige sich hingegen, dass Wirtschaftsinteressen auf europäischer Ebene überrepräsentiert seien.

Republikanismus als missing link der Demokratiedebatte

Die republikanischen Ideen können durch ihre Problembeschreibung als missing link in der Demokratiedebatte überzeugen. Ein nicht eben unerhebliches Verdienst, welches sich der Autor dieser – samt üppiger Bibliographie – knapp 290 Seiten starken Publikation ans akademische Revers heften darf. Wie Thorsten Thiel den Forschungsstand der Demokratiedebatten darzulegen vermag, wie er zwischen normativen und analytischen Ansätzen zu changieren weiß, das sucht seines Gleichen. Gerade die Einbindung der – auch im Rahmen dieser umfangreicheren Rezension ausführlicher beschriebenen – normativen Ansätze und deren Verzahnung mit den Modellen aus dem Bereich der Politischen Theorie (Liberalismus, Kommunitarismus und Deliberation), ist in jeder Hinsicht geglückt.

An dieser Stelle wäre eine ausführlichere und detailliertere Wiedergabe deliberativer Ideen wünschenswert gewesen – gerade deren Verbindung und Anknüpfung an die (analytischen) Governance-Theorien hätte genauer erfolgen können. Jürgen Neyer beispielsweise hat hierzu einen sehr instruktiven Mix aus Habermas und rationaleren/funktionaleren Weiterentwicklungen jener Deliberation auf europäischer Ebene vorgelegt (Neyer 2007, 2006), welcher rundweg überzeugt und ebenso auf eine Balance zwischen Normativität und Analyse zu achten versucht. Man muss gewiss nicht jenes Bonmot vom „deliberative turn“ (Neyer 2006: 789) überstrapazieren, diese deliberativen Ansätze aber nur entlang von Jürgen Habermas erklären zu wollen, wie dies mancherlei Kritiker tut, der gar von einer „Deliberatur“ (Höreth 2009: 320) fabuliert, wäre zu einfach. Ceterum censeo: Man hätte sich jedenfalls eine detailliertere Inaugenscheinnahme dieser deliberativen Ideen gewünscht.

Fazit:

Man kann dieser Publikation gar nicht genug Leser wünschen, nicht nur im Bereich der sich bisweilen arg saturiert gerierenden Europaforschung, sondern vornehmlich eben auch in den „Sphären“ der Politischen Theorie. Die durchaus rigorose Kritik an jener Theoriezunft, die der Autor des Titels „Republikanismus und die Europäische Union. Eine Neubestimmung des Diskurses um die Legitimität europäischen Regierens“ zu Beginn vorlegt, kann der Rezensent – aus eigener Anschauung – vollumfänglich unterschreiben. Es stände dieser Disziplin gut an, sich – fernab von Bürokratie- und Lobbysimus-Ressentiments oder Weltstaatsutopien – der Wirklichkeit, ergo jener Europäischen Union zu stellen. Thorsten Thiel hat sich an diesem Brückenschlag erprobt und diesen, trotz mancherlei Hürde, mit Bravour gemeistert.

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Anmerkungen

[1] Je nach Lehrbuchdefinition lässt sich eben jene Europaforschung nur schwer einer Disziplin der Politikwissenschaft unter- respektive zuordnen (eine gängige Unterteilung der Disziplinen findet sich z.B. bei Münkler 2003). Da in den letzten Jahren verstärkt auch Studiengänge und Lehrstühle der Europaforschung bzw. der European Studies entstanden sind, scheint es plausibel, diese als eine eigenständige Disziplin des Faches der Politikwissenschaft anzuführen.

[2] Die Politische Theorie als Begriff ist mitunter nur schwer von dem weithin gebräuchlicheren Terminus der „Politischen Philosophie“ zu unterscheiden (das sieht man auch bei Gosepath 2008 und Horn 2003). Das Gros der politikwissenschaftlichen Institute in Deutschland wiederum verwendet die Begriffe der „Theorie- und Ideengeschichte“ zur Umschreibung der im Bereich der Politischen Theorie behandelten Fragestellungen.

[3] Korrekt: dem Vertrag über die Europäische Union (EUV).

[4] Mit dem normative turn ist ein seit den 1990er-Jahren in der europäischen Integrationsforschung verstärktes Aufkommen normativer Theorien gemeint. Normative Theorien wollen den EU-Integrationsprozess und eventuell auftauchende Probleme nicht vordringlich erklären, sondern diesen, ausgehend von bestimmten normativen Prämissen, bewerten und — wiederum auf Basis normativer Grundprinzipien — praktische Handlungsvorschläge erteilen. Prominent lassen sich hierunter deliberative, konstruktivistische oder feministische Ansätze führen (vgl. Bieling/Lerch 2006: 20).

[5] Ein fundamentaler Kritikpunkt ist sicherlich auch das Prinzip der degressiven Proportionalität (vgl. Artikel 14, Absatz 2 des Vertrages von Lissabon). Bei dieser handelt es sich um ein festgelegtes Prinzip der Sitzverteilung im Europäischen Parlament: „Die Bürgerinnen und Bürger sind im Europäischen Parlament degressiv proportional, mindestens jedoch mit sechs Mitgliedern je Mitgliedstaat vertreten. Kein Mitgliedstaat erhält mehr als 96 Sitze.“ (vgl. ebd.). Die Zuordnung von Mandaten pro Mitgliedsland erfolgt nach dieser im „Reformvertrag“ genannten Regel, die den kleinen Mitgliedsländern, wie etwa Malta, eine gewisse Mindestanzahl an Sitzen im Europäischen Parlament zusichert. Nach diesem Prinzip steigt der Zuwachs an Mandaten immer weniger proportional mit der Bevölkerungszahl.

[6] Ein bekannter deutschsprachiger Autor dieses Kritikansatzes ist bspw. der Staatsrechtler Josef Isensee.

[7] Das ist auch der Grund, warum Habermas eher auf den Begriff der „Bürgersolidarität“ rekurriert (siehe hierzu Habermas 2011: 62).

[8] Institutionen und Strukturen beim liberalen, die Identität und (europäi

Literatur:

  • Berlin, Isaiah (2006): Zwei Freiheitsbegriffe, in:  Berlin, Isaiah: Freiheit. Vier Versuche, Frankfurt am Main: Fischer, S. 197-256.
  • Bieling, Hans-Jürgen/Lerch, Maria (2006.): Theorien der europäischen Integration: ein Systematisierungsvergleich, in: Dies. (Hrsg.): Theorien der europäischen Integration, 2, Auflage, Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften, S. 9-37.
  • Crouch, Colin (2008): Postdemokratie, Frankfurt am Main: Suhrkamp (Edition Suhrkamp, 254056.
  • Gosepath, Stefan (2008): „Politische Philosophie“, in: Gosepath, Stefan/Hinsch, Wilfried/Rössler, Beater:  Handbuch für Politische Philosophie und Sozialphilosophie (HPPS), Band 2 N-Z, Berlin/New York: de Gruyter 2008.
  • Habermas, Jürgen (2011): Zur Verfassung Europas. Ein Essay, Berlin: Suhrkamp.
  • Habermas, Jürgen (1999): Drei normative Modelle der Demokratie, in: Habermas, Jürgen (Hrsg.): Die Einbeziehung des Anderen, Frankfurt am Main: Suhrkamp Verlag, S. 128-253.
  • Höreth, Marcus (2009): Überangepasst und realitätsentrückt. Zur Paradoxie der Theorie der deliberativen Demokratie in der EU-Legitimitätsdebatte, in Zeitschrift für Politikwissenschaft (ZPol), 19:  3, S. 307-330.
  • Horn, Christoph (2003): Einführung in die Politische Philosophie, Darmstadt: Wissenschaftli-che Buchgesellschaft.
  • Knodt, Michèle/ Hüttmann, Martin Große (2006):Der Multi-Level Governance Ansatz, in: Bieling, Hans-Jürgen/Lerch, Maria (Hrsg.): Theorien der europäischen Integration, 2, Auflage, Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften, S. 223-248.
  • Münkler, Herfried (Hrsg.) (2003): Politikwissenschaft. Ein Grundkurs, Reinbek bei Hamburg: Rowohlt-Taschenbuch-Verl.
  • Neyer, Jürgen (2007): Welche Integrationstheorie braucht Europa?, in: integration 30: 4, S. 282-293.
  • Neyer, Jürgen (2006): The Deliberative Turn in Integration Theory, in: Journal of European Public Policy 13: 5, S. 779-291.
  • Pettit, Philip (2006): Democracy, National and International, in: The Monist, 89: 2, S. 301-324.

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