Parteienkommunikation im Wandel

Wie gestalten Parteien die Öffentlichkeitsarbeit? Welche Rolle spielt die strategische Kommunikation dabei? Tobias Heene und Jan Heppner, Studierende an der NRW School of Governance an der Universität Duisburg-Essen, sprachen mit Philipp Geiger, dem Sprecher der SPD und Sprecher der SPD-Vorsitzenden Saskia Esken, über den stetigen Wandel der Parteienkommunikation. Geiger gewährte einen umfassenden Einblick in die Überlegungen und Ansätze, mit denen die SPD auf die Herausforderungen des digitalen Zeitalters reagiert.

Nicht erst seit der Einführung des Internets befinden sich die öffentliche Meinung und die Mechanismen der Informationsverbreitung in einem rasanten Wandel. Besonders politische Parteien stehen vor der Herausforderung, ihre Strategien zur Kommunikation und Interaktion mit der Gesellschaft kontinuierlich anzupassen (Jun 2016). Spätestens die Etablierung der sozialen Medien und die damit einhergehende Fragmentierung der Medienlandschaft haben die traditionellen Formen der Öffentlichkeitsarbeit gewandelt (Ritzi 2021). Parteien können seitdem eigene Kommunikationsstrategien effizienter steuern und entwickeln.

Parteienkommunikation im Wandel

Kurzinterview mit SPD-Parteisprecher Philipp Geiger

Autoren

Tobias Heene und Jan Heppner fragen Philipp Geiger, Sprecher der SPD-Parteivorsitzenden Saskia Esken, unter anderem nach der Rolle von Umfrageergebnissen und der digitalen Transformation für die Kommunikation der SPD. Philipp Geiger stand den Studierenden der Vorlesung Medien und Politik von Dr. Kristina Weissenbach in einem eineinhalbstündigen Austausch – welcher in dem vorliegenden Kurzinterview mündete – Rede und Antwort, um insbesondere den Wandel der Kommunikationsstrategien und die Gefahren von neuen KI-gestützten Techniken zu analysieren.

Nicht erst seit der Einführung des Internets befinden sich die öffentliche Meinung und die Mechanismen der Informationsverbreitung in einem rasanten Wandel. Besonders politische Parteien stehen vor der Herausforderung, ihre Strategien zur Kommunikation und Interaktion mit der Gesellschaft kontinuierlich anzupassen (Jun 2016). Spätestens die Etablierung der sozialen Medien und die damit einhergehende Fragmentierung der Medienlandschaft haben die traditionellen Formen der Öffentlichkeitsarbeit gewandelt (Ritzi 2021). Parteien können seitdem eigene Kommunikationsstrategien effizienter steuern und entwickeln.

Vor diesem Hintergrund haben die Studierenden eines Kurses an der NRW School of Governance mit Philipp Geiger, dem Sprecher der SPD und Sprecher der SPD-Vorsitzenden Saskia Esken, über den stetigen Wandel der Parteienkommunikation gesprochen. Als leitende Person in der Kommunikationsstrategie der SPD bietet Geiger wertvolle Einblicke in die Überlegungen und Ansätze, mit denen die Partei auf die Herausforderungen des digitalen Zeitalters reagiert. Geigers Rolle verlangt ein besonderes Feingefühl für die Mechanismen der politischen Kommunikation und die Entwicklung von effektiven Kommunikationsstrategien in allen Medien.

Das Interview mit Philipp Geiger gibt daher einen kleinen Einblick, wie Parteien heute ihre Öffentlichkeitsarbeit gestalten und welche Rolle die strategische Kommunikation im Prozess spielt. Philipp Geiger studierte Politikwissenschaft an der Ludwig-Maximilians-Universität München und arbeitet seit 2015 für die Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD). Begonnen als Chef vom Dienst, ist er heute Parteisprecher der SPD und Sprecher der Vorsitzenden Saskia Esken.

Dr. Kristina Weissenbach und Philipp Geiger

Heene: Sehr geehrter Herr Geiger, vielen Dank für die Möglichkeit des Kurzinterviews. Steigen wir doch direkt mit der Kommunikationsstrategie an – Wie binden Sie oder die SPD insgesamt die öffentliche Meinung in ihre Veröffentlichungen mit ein?

Geiger: Wir haben, Stand jetzt, 207 Mitglieder des Bundestages in unserer Fraktion. Diese sind alle in Orten, Städten und Gemeinden Deutschlands vertreten. Während ihrer sitzungsfreien Zeit sind sie permanent vor Ort und reden mit Menschen, mit Verbänden, mit Sportvereinen oder mit Unternehmen und sind im ständigen Austausch. Deren Erkenntnisse bzw. die Lebensrealitäten und Wünsche der Menschen sind das, was in die Arbeit der Bundestagsfraktion und der Partei einfließt. Daher kommt diese breite und informative Grundstruktur dessen, was wir daraus machen bzw. wie wir Politik machen.

Heene: Wie verhält sich das mit Umfrageergebnissen? Haben die auch einen direkten Einfluss?

Geiger: Also Umfrageergebnisse, die Prozentzahlen der Sonntagsumfragen, nehmen wir zur Kenntnis. Was wir natürlich auch zur Kenntnis nehmen, sind Themen, die die Menschen als wichtig erachten. Das variiert natürlich je nachdem, was gerade aktuell passiert. So beispielsweise während Corona oder nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine oder auch die Situation im Nahen Osten. Generell das Thema Sicherheit, das heute wieder eine größere Rolle spielt. Es ist natürlich ein wichtiger Punkt zu wissen, was die Menschen bewegt und welche Themen wichtig sind.

Heene: Wie geht die SPD vor, um verschiedene Bevölkerungsgruppen anzusprechen und wie werden politische Ziele entsprechend angepasst?

Geiger: Die SPD nutzt gezielt die Kommunikationskanäle, die von den jeweiligen Zielgruppen bevorzugt werden. Durch den engen Kontakt zu den Menschen vor Ort und auch durch unsere breite Mitgliederbasis erhalten wir wertvolle Einblicke in die Themen, die den Menschen am Herzen liegen. Diese Erkenntnisse fließen in die Gestaltung unserer Politik und die Erstellung unserer Wahlprogramme ein. Wir streben danach, aus den Erfahrungen, Wünschen und Sorgen der Bürgerinnen und Bürger praktische Politik zu machen, die wir dann über unsere Kanäle und unsere Pressearbeit kommunizieren.

Heene: Wie bewertet die SPD die zunehmende Bedeutung sozialer Medien in der politischen Kommunikation, insbesondere hinsichtlich der Interaktion mit der Wählerschaft?

Geiger: Soziale Medien bieten den großen Vorteil, sehr schnell eine breite Öffentlichkeit zu erreichen und einen Dialog mit den Bürgerinnen und Bürgern zu ermöglichen. Allerdings sehen wir auch Herausforderungen, wie die Verbreitung von Fake News oder die sinkende Qualität des Diskurses. Die Vielfalt der Kanäle erfordert einen erheblichen Mehraufwand, um die Menschen effektiv zu erreichen, was eine Herausforderung darstellt.

Heene: Vor dem Hintergrund der digitalen Transformation: Welche Rolle spielen Datenschutz und Datensicherheit in der politischen Kommunikation der SPD?

Geiger: Datenschutz und Datensicherheit sind grundlegende Voraussetzungen unserer Kommunikationsstrategie. Für uns steht außer Frage, dass wir die gesetzlichen Bestimmungen einhalten. Wenn wir im Rahmen unseren digitalen Kommunikation mit Menschen in Austausch treten oder versuchen,  Reichweite zu generieren, dann steht der Schutz der Privatsphäre ganz oben.

Heene: Abschließend: Welchen Einfluss hat die Doppelspitze der SPD auf die interne und externe Parteikommunikation?

Geiger: Die Doppelspitze bietet viele Vorteile. Sie ermöglicht es uns, ein breiteres Spektrum an Bürgern anzusprechen und gleichzeitig an verschiedenen Orten präsent zu sein. Die unterschiedlichen Perspektiven unserer Vorsitzenden bereichern die Parteikommunikation. Eine enge Abstimmung untereinander ist dabei Voraussetzung, aber die Vorteile liegen auf der Hand.

Heene: Würden Sie also eine Doppelspitze in Zukunft wieder bevorzugen?

Geiger: Ja, aber das entscheide nicht ich.

Ausblick

Die Erkenntnisse aus dem Hintergrundgespräch und dem anschließenden Kurzinterview mit Philipp Geiger unterstreichen die Bedeutung von Kommunikationsstrategien als Schlüsselfaktor für den Erfolg politischer Parteien. Geiger gewährte einen umfassenden Einblick in die Überlegungen und Ansätze, mit denen die SPD auf die Herausforderungen des digitalen Zeitalters reagiert.

Es wurde verdeutlicht, dass Parteien heutzutage nicht nur ihre traditionellen Formen der Öffentlichkeitsarbeit überdenken müssen, sondern auch eine ausgefeilte strategische Kommunikation in den Mittelpunkt ihres Handelns rücken müssen. Der stetige Wandel der öffentlichen Meinung und der Informationsverbreitung, vor allem seit der Einführung des Internets und der darauffolgenden Ära der sozialen Medien, hat einen tiefgreifenden Einfluss auf die Kommunikationsstrategien politischer Parteien (Paatelainen 2022, S. 1). Die Etablierung dieser neuen Formen der Kommunikation hat Parteien ermöglicht, ihre Kommunikationsstrategien effizienter zu steuern und weiterzuentwickeln. Dieser Paradigmenwechsel erfordert von den Parteien eine kontinuierliche Anpassung ihrer Strategien, um in der sich fragmentierenden Medienlandschaft relevant zu bleiben (Sarcinelli 2011, S. 124).

Die Flexibilität und Anpassungsfähigkeit im digitalen Zeitalter sind entscheidend, um die sich verändernden Bedürfnisse und Erwartungen der Gesellschaft zu erfüllen (Jun 2016). In einem Umfeld, in dem Informationen schnell verbreitet und Meinungen online geformt werden, müssen Parteien in der Lage sein, ihre Botschaften klar und wirkungsvoll zu kommunizieren. Die Entwicklung und Anwendung innovativer Ansätze in der strategischen Kommunikation werden somit zu einem unverzichtbaren Element für den langfristigen Erfolg und die Relevanz politischer Parteien in der digitalen Ära.

Literatur:

Jun, Uwe. 2016. Parteien und Medien, In: Information zur politischen Bildung. https://www.bpb.de/shop/zeitschriften/izpb/parteien-und-parteiensystem-der-bundesrepublik-deutschland-328/219193/parteien-und-medien/. Zugegriffen: 05.02.2024.

Paateleinen, Laura; Kannasto, Elisa, und Pekka Isotaulus. 2022. Functions of Hybrid Media. How Parties and Their leaders use traditional Media in their Social Media Campaign Communication. In Frontiers in Communication. Volume 6, 1-10.

Ritzi, Claudia. 2021. Aus dem Gleichgewicht. Zum Zustand demokratischer Öffentlichkeit. Bundeszentrale für politische Bildung. https://www.bpb.de/shop/zeitschriften/apuz/zustand-der-demokratie-2021/335437/aus-dem-gleichgewicht/. Zugegriffen: 05.02.2024.

Sarcinelli, Ulrich (2005): Politische Kommunikation in Deutschland. Zur Politikvermittlung im demokratischen System, 107-138, Wiesbaden: Springer Fachmedien.

Zitationshinweis:

Heene, Tobias und Jan Heppner (2024): Parteienkommunikation im Wandel, Kurzinterview mit SPD-Parteisprecher Philipp Geiger, Kurzinterview, Erschienen auf: regierungsforschung.de. Online Verfügbar: https://regierungsforschung.de/parteienkommunikation-im-wandel/

This work by Tobias Heene and Jan Heppner is licensed under a CC BY-NC-SA license.

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