Der Duisburger NRW-Wahl-Index (DWI) 2012

Das vorläufige Ergebnis der Landtagswahl in NRW 2012 steht fest: Die Wählerinnen und Wähler haben der rot-grünen Regierung um Ministerpräsidentin Hannelore Kraft eine – in diesem Ausmaß sicherlich auch unerwartet – klare Mehrheit für die kommenden fünf Jahre beschert. Sechs Parteien hatten laut Umfragen vor der Wahl eine realistische Chance in den Düsseldorfer Landtag einzuziehen – mehr als jemals zuvor in Nordrhein-Westfalen. Früh stand am Wahlabend fest, dass „nur“ fünf Fraktionen in der 16. Wahlperiode im Düsseldorfer Landtag vertreten sein werden. Die Linke.NRW muss ihre elf Sitze im Plenum räumen, 20 Piraten ziehen stattdessen erstmals in das Landesparlament des bevölkerungsreichsten Bundeslandes ein.

Die Ergebnisse vom 13. Mai 2012 deuten aufgrund ihrer Klarheit eigentlich auf einen stark polarisierend geführten Inhaltswahlkampf hin. In der Wahlberichterstattung wurde hingegen ein ganz anderes Bild des Wahlkampfes nachgezeichnet: Inhaltslos und personenzentriert, schlussendlich standen „Herz“ (Kraft) oder „Kopf“ (Röttgen) zur Wahl. Der überraschende Erfolg der FDP wurde auf den „Lindner-Effekt“ reduziert. Was sich durch den gesamten (kurzen) Wahlkampf gezogen hatte, blieb letztendlich auch am Wahlabend konturlos: die Frage, mit welcher konkreten Programmatik die Parteien eigentlich zur Wahl angetreten sind und wie sie sich inhaltlich voneinander unterscheiden. Antworten auf diese Fragen liefert der DWI. (mehr …)

(Neue) Mehrheiten brauchte das Land. Ein Nachruf zur nordrhein-westfälischen Minderheitsregierung

Häufig wurde den Landesparlamenten im bundesdeutschen Föderalismus die Rolle von Versuchsfeldern für neue Koalitionsoptionen zugesprochen. Besondere Aufmerksamkeit erhält dabei das bevölkerungsreichste Bundesland Nordrhein-Westfalen, das „koalitionspolitische Laboratorium der Republik“ mit Vorreiterrolle einer sozialliberalen Koalition ab 1966 und eines rot-grünen Regierungsbündnisses ab 1995. Diesem Ruf wurde Nordrhein-Westfalen im Nachgang zur Landtagswahl im Mai 2010 mit der Bildung einer Minderheitsregierung erneut gerecht. Doch war das Regieren ohne eigene Mehrheiten tatsächlich – wie von vielen vermutet – zum Scheitern verurteilt? Oder lässt sich in der Rückschau feststellen, dass es eine erfolgreiche Legislaturperiode war? (mehr …)

Die NRWSPD: Regieren, Regieren und nochmal Regieren

Genau zwanzig Monate nach der Wahl Hannelore Krafts zur Ministerpräsidentin einer rot-grünen Minderheitsregierung hat sich der nordrhein-westfälische Landtag am 14. März 2012 aufgelöst. Zu tief waren die haushaltspolitischen Gräben zwischen rot-grün und den Oppositionsparteien CDU, FDP und Linke. „Alle drei Parteien waren mit Hannelore Krafts „Politik der Einladung“ offenbar überfordert,“ so der SPD-Parteivorsitzender Sigmar Gabriel.

Überfordert hat alle Parteien wohl auch die Erstellung eines Wahlprogramms. Die nordrhein-westfälische Landesverfassung sieht Neuwahlen binnen 60 Tagen vor – wenig Zeit für die Parteien, um sich programmatisch zu positionieren und zentrale Themen auf die Wahlkampfagenda zu setzen. Die Abwägung zwischen Sachpolitik und der Fokussierung zentraler Akteure wirkt dabei sowohl wahlkampfprägend als auch weichenstellend. Die Programme präsentieren sich vor dem Hintergrund des engen zeitlichen Rahmens durchweg umfangarm. Dies gilt auch für das 22 Seiten fassende Programm der Sozialdemokraten. (mehr …)

DIE LINKE. NRW: Kurzanalyse des Landtagswahlprogramms

In der folgenden Kurzanalyse des Landtagswahlprogramms „Original sozial – konsequent solidarisch“ der Partei DIE LINKE. NRW werden zunächst die Genese und die grobe Struktur des Wahlprogramms nachgezeichnet. Es folgt die überblickartige Darstellung der im Wahlprogramm formulierten politikfeldspezifischen Forderungen und Zielsetzungen. Abschließend wird ein kurzes Fazit über die Verortung der Partei im politischen Wettbewerb gezogen. (mehr …)

„Wenig Röttgen, viel Abrechnung“ – Eine Analyse des Wahlaufrufs „Verantwortung. Kompetenz. Nachhaltigkeit.“ des nordrhein-westfälischen Landesverbandes der CDU anlässlich der NRW-Landtagswahl 2012.

Anders als von den CDU-Wahlprogrammen der vergangenen Jahre gewohnt, wartet der aktuelle Wahlaufruf mit einem schlichten Erscheinungsbild auf. Ein Programm mit Fotos des Spitzenkandidaten, aufwendige Fließdiagramme oder ein auf die Kampagne abgestimmtes farbliches Design liegt nicht vor. Der Wahlaufruf wird in reiner Textform auf der Kampagnen-Homepage (wahl2012.cdu-nrw.de) zum Download angeboten. Lediglich das Logo des Landesverbandes “schmückt“ die erste Seite. Der Titel des Wahlaufrufs „Verantwortung. Kompetenz. Nachhaltigkeit.“ bildet den thematischen roten Faden für das Dokument und wird in den einzelnen Themenbereichen immer wieder aufgenommen. Als thematischer Einstieg wurde die Auflösung des Parlaments aufgrund des gescheiterten Landeshaushaltes gewählt. Das ist auch das zentrale Thema, welches die ersten drei Seiten des Wahlaufrufs bestimmt. Am besten vergleichbar ist dieser Teil wohl mit der sonst in Wahlprogrammen üblichen Präambel, in der die zentralen Anliegen einer Partei zusammengefasst werden. (mehr …)

Jan Philipp Burgard: Von Obama siegen lernen oder „Yes, We Gähn!“?

Von Obama Siegen lernen„Von Obama siegen lernen oder „Yes, We Gähn!“?“ – Yes, „I Gähn“, das muss ich, ganz ehrlich, bei meinem ersten Blick auf den Titel der Dissertationsschrift von Jan Phillip Burgard denken: Von Obama siegen lernen? Gab es da nicht (zumindest gefühlt) schon hunderte Schriften mit ähnlichem Titel?

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Jan Philipp Burgard: Von Obama siegen lernen oder „Yes, We Gähn!“?

Ok, ganz so viele sind es dann vielleicht doch nicht. Dennoch, aus der US-amerikanischen Academia stammen zahlreiche einschlägige Werke zu Obamas Wahlkampf und auch aus Perspektive der deutschen Politik- und Medienwissenschaft liegt die eine oder andere Studie mit vergleichbarem Inhalt und Titel vor.  Und trotzdem: In diesem Umfang und dieser (wissenschaftlichen) Detailschärfe ist „Von Obama siegen lernen“ einzigartig. (mehr …)

„Die Spareinlagen sind sicher“ – Über den Einsatz von Heuristiken bei politischen Entscheidungen.

Der Torwart der deutschen Nationalmannschaft, Manuel Neuer, gilt derzeit als einer der besten Torhüter der Welt – nicht nur wegen seiner Reflexe auf der Torlinie, sondern auch aufgrund seiner Strafraumbeherrschung und der Fähigkeit, gegnerische Flanken sicher abzufangen. Dazu beigetragen haben wohl verschiedene Faktoren: sein Talent, das Training, die Spielpraxis. Zumindest in Bezug auf das Abfangen von Flanken würde der Psychologe Gerd Gigerenzermöglicherweise noch einen weiteren Punkt anführen: das sichere Beherrschen der sogenannten „gaze heuristic“. Diese Heuristik besteht, wenn ein Ball in der Luft ist, darin, „die Laufgeschwindigkeit so anzupassen, dass der Blickwinkel, der Winkel zwischen Auge und Ball, konstant bleibt“. Auf diese Weise gelinge es, an die Stelle zu laufen, an der der Ball erreichbar sein wird. Gigerenzer kann belegen, dass diese Heuristik von Sportlern angewandt wird, denen in Wettkampfsituationen nur kurze Zeitspannen zur Verfügung stehen, um eine Entscheidung darüber zu treffen, wo man hinläuft, um den Ball zu fangen. Eine Berechnung der Flugbahn unter Berücksichtigung aller relevanten Faktoren ist in der gegebenen Zeit für gewöhnlich unmöglich und – um den Ball zu fangen – auch nicht nötig. (mehr …)

Die Abwahl von Oberbürgermeister Sauerland. Die Duisburger Antwort auf Stuttgart 21 und die Occupy-Bewegung!

Ganz Deutschland blickte am 12. Februar 2012 nach Duisburg: Rund anderthalb Jahre nach der Loveparade-Katastrophe am 24. Juli 2010, bei der 21 Besucher zu Tode kamen und mehrere hundert Menschen verletzt und traumatisiert wurden, wurde Oberbürgermeister Adolf Sauerland (CDU) von den Duisburger Bürgern abgewählt.

Wie kam es zu dieser in Nordrhein-Westfalen bislang einmaligen Abwahl? Welche gesamtgesellschaftlichen Trends für die politische Kultur in Deutschland lassen sich daraus ableiten?  (mehr …)

Jeremy Rifkin: Die dritte industrielle Revolution. Die Zukunft der Wirtschaft nach dem Atomzeitalter

Die dritte industrielle RevolutionJeremy Rifkin, einer der profiliertesten Zukunftsforscher der Vereinigten Staaten, erkennt in den sozio-ökonomischen Entwicklungen der Gegenwart das Muster einer dritten Revolution. Vor dem Hintergrund des Endes des fossilen und atomaren Zeitalters zeichnet er eindrucksvoll das Bild einer global vernetzten, aber dezentral organiserten Wirtschaft, wobei er – ausgerechnet – Europa eine führende Rolle in der Governance zukünftiger wirtschaftlicher Strukturen unterstellt.

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Jeremy Rifkin: Die dritte industrielle Revolution. Die Zukunft der Wirtschaft nach dem Atomzeitalter

Jenseits von Einzelmaßnahmen oder punktuellen Korrekturen am System fordert Rifkin ein neues Narrativ, eine gesellschaftliche Erzählung, die aufzeigen soll, wie Gesellschaften in Zukunft zu nachhaltigem Wachstum und sozialer Stabilität gelangen können. (mehr …)

Das Risiko Griechenland

Im April 2010 erreichte die Staatsschuldenkrise in Europa einen vorläufigen Höhepunkt als die Ratingagentur Standard&Poor’s griechische Staatsanleihen auf ‘Ramschniveau’ herabstufte und eine Insolvenz nur durch die koordinierte Hilfe von EU-Mitgliedstaaten, Europäischer Zentralbank (EZB) und Internationalem Währungsfonds (IWF) abgewendet werden konnte. Sowohl die Finanzmärkte als auch die Politik hatten für ihre Handlungen Gründe. Dabei wurde deutlich, dass die von der Staatsschuldenkrise Griechenlands ausgehenden Risiken in Wirtschaft und Politik unterschiedlich definiert werden, was die Risikosoziologie in der sozialen Konstruiertheit von Risiken begründet sieht. Die vorliegende Arbeit möchte dieser Differenz nachgehen. (mehr …)