Reduzierter Parteienwettbewerb durch kalkulierte Demobilisierung. Bestimmungsgründe des Wahlkampfverhaltens im Bundestagswahlkampf 2009

Der Bundestagswahlkampf 2009 wird nicht als großer Kampf um alternative Positionen gedeutet. Eine Kontroverse wie es sie früher einmal gab, im Stile etwa jener um Westbindung und Wiederbewaffnung, oder in der jüngeren Vergangenheit um eine Beteiligung am Krieg im Irak, fand nicht statt. Es ging nicht um klar unterscheidbare Gesellschafts- oder Zukunftsentwürfe, etwa nach der Formel „Freiheit oder Sozialismus“. Der Wahlkampf zur Bundestagswahl 2009 ist vielmehr als aufregungslos, spannungsfrei, geradezu langweilig wahrgenommen worden. In der Süddeutschen Zeitung kam Stefan Braun zu dem Schluss: „Es hat in der Geschichte noch nie einen solch defensiven Wahlkampf gegeben“ (SZ vom 04.10.2009). Ein Resümee in der Zeit vor der Bundestagswahl lautete: „Es ist ein Wahlkampf, in dem nur wichtig ist, was nicht gesagt wird. Man brauchte ein Zaubermittel, um die unsichtbare Tinte der Politik sichtbar zu machen“ (Die ZEIT vom 24.09.09). Oder wie es ein Kommentator im Handelsblatt  zwei Tage vor der Wahl formulierte: „Der langweiligste Wahlkampf aller Zeiten geht zu Ende. Er wirkte wie entkoffeinierter Kaffee, ein Blutdrucksenker oder eine Yoga-Entspannung. Es gab weder Spektakel noch Drama, keine Helden, keine Überraschungen, nicht einmal große Debatten“ (Handelsblatt vom 25.09.2009).

Dieser Beitrag ist ein Auszug aus:

Hrsg.: Korte, Karl-Rudolf
Die Bundestagswahl 2009
Analysen der Wahl-, Parteien-, Kommunikations und Regierungsforschung.
2010. 407 S. Mit 18 Abb. u. 30 Tab. Br.
ISBN: 978-3-531-17476-1
VS Verlag für Sozialwissenschaften

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Labilität wagen – Heute in NRW, morgen in Schleswig-Holstein? Warum Minderheitsregierungen eine Chance sind.

Minderheiten kämpfen gegen Ressentiments. Das gilt auch für Minderheitsregierungen. Wähler verbinden mit wechselnden Mehrheiten instinktiv die Sorge vor Chaos und Instabilität. Eine Aura des Neuanfangs hat bislang noch allen Minderheitsregierungen in Deutschland gefehlt.
Die rot-grüne Minderheitsregierung in NRW ist da keine Ausnahme, obwohl die Landesverfassung ausdrücklich solch ein Regierungsformat zulässt. Noch vermag daher niemand vorherzusagen, ob Düsseldorf zum Modellfall werden oder ob es schon im kommenden Frühjahr Neuwahlen geben wird, falls sich der Landtag mit absoluter Mehrheit selbst auflösen sollte.

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Lernen von Obama: Regierungskommunikation mit dem Yes-We-Can-Faktor

Die Studie thematisiert die Regierungskommunikation der Regierung Obama und die Möglichkeiten einer Übertragbarkeit erfolgreicher Kommunikationsstrategien auf NRW. Die Regierungskommunikation der Regierung Obamas ist erfolgreich, weil es Obama besser als anderen Regierungschefs gelingt, den Handlungskorridor für Regierungskommunikation angemessen zu bewerten und zu nutzen. Für NRW ergeben sich damit einige Handlungsempfehlungen. (mehr …)

Der Duisburger NRW-Wahl-Index. Policy-Positionen der Parteien CDU, SPD, Grüne, FDP und Linke vor der Landtagswahl 2010 im Vergleich

Mit dem Duisburger Wahl-Index hat die NRW School of Governance im Superwahljahr 2009 eine umfassende Analyse der Wahl- und Grundsatzprogramme der Bundesparteien vorgelegt.

Für unsere Analyse zur Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen 2010 haben wir die Wahlprogramme der vier derzeit im Landtag NRW vertretenen Parteien (CDU, FDP, Grüne, SPD), sowie das Programm der Partei Die Linke in den Blick genommen – mit teilweise überraschenden Ergebnissen. (mehr …)

Digitales Regieren in NRW?

Im Superwahljahr 2009 ist das Internet endgültig in der deutschen Politik angekommen – zumindest in den mittlerweile schon routiniert vorgetragenen Online-Wahlkämpfen. Weit schwieriger ist für die meisten Politikerinnen und Politiker dagegen ein angemessener Übergang in die Zeit nach Stimmenauszählung, Koalitionsverhandlungen und Regierungsbildung. Nordrhein-Westfalen bildet hier keine Ausnahme: angespornt durch das unerwartete Auftauchen von Piraten in der deutschen Parteienlandschaft hatte es an Rhein und Ruhr erstmals größere Abschnitte zu netzpolitischen Themen in den Wahlprogrammen gegeben und auch der am 6. Juli 2010 vorgestellte Koalitionsvertrag enthält entsprechende Passagen. (mehr …)

Über das Plebiszit zum strategischen Zentrum? Zur Idee eines Vorwahlentscheids über die SPD-Kanzlerkandidatur

Sigmar Gabriel mag den Paukenschlag. Ende August verblüffte der SPD-Parteivorsitzende in einem Stern-Interview mit der Aussage, er könne sich gut vorstellen, den nächsten sozialdemokratischen Kanzlerkandidaten – unter mehreren Bewerbern – in einer Art Vorwahl bestimmen zu lassen, bei der sich nicht nur Parteimitglieder, sondern auch Sympathisanten, Wähler und Wahlhelfer beteiligen. Der Vorschlag ist auf den ersten Blick bestechend. Er verspricht, was manch einer mit Blick auf den Zustand der Parteien in Deutschland so sehr vermisst: Demokratie, Partizipation, Transparenz. Die Entscheidung über die Spitzenfigur im Wahlkampf wird aus den Händen der Wenigen genommen und in die Hände der Vielen gelegt. Die Öffnung der Partei zur Gesellschaft erlaubt die Mitwirkung von Genossen und Nicht-Genossen. Der Vorwahlentscheid holt die K-Frage aus den dunklen Hinterzimmern in das helle Licht der Öffentlichkeit.

Was aber bedeutet ein solches Verfahren für den Aufbau eines strategischen Zentrums innerhalb der SPD? (mehr …)

Der Wähler begegnet den Parteien – Direkte Kontakte mit der Kampagnenkommunikation der Parteien und ihr Einfluss auf das Wählerverhalten bei der Bundestagswahl 2009

Wahlkämpfe sind eine „Hochphase politischer Kommunikation“ (Schoen 2005: 503). Trotz allfälliger Mutmaßungen über einen Trend zur „Public Relations- Demokratie“ (Davis 2002), in der sich politisches Gestalten und Kommunizieren untrennbar vermischen (Strömbäck 2008) und der gesamte politische Prozess zur „permanenten Kampagne“ mutiert (Blumenthal 1980), sind die „heißen Phasen“ von Wahlkämpfen in der Bundesrepublik Deutschland immer noch klar vom politischen Normalbetrieb unterscheidbare Perioden intensivierter Kommunikationsanstrengungen der Parteien. In den letzten Wochen vor Bundestagswahlen investieren diese erhebliche Mittel, um den Wählern ihre politischen Angebote und Deutungen nahezubringen, in der Hoffnung, dadurch letztendlich bei der Wahl möglichst viele Wählerstimmen auf sich zu vereinen. Vielen Kommunikationsformen begegnet der Wähler nur in der unmittelbaren Vorwahlzeit, manche – etwa die Wahlwerbung im Fernsehen – sind sogar gesetzlich auf diese Periode beschränkt. (mehr …)

Landtagswahl in Schleswig-Holstein bis zum 30. September 2012

Das Schleswig-Holsteinische Landesverfassungsgericht erklärte mit Urteil vom 30. August 2010 Teile des Landeswahlgesetzes für verfassungswidrig und verpflichtete den Gesetzgeber bis zum 31. Mai 2011 eine mit der Landesverfassung übereinstimmende Rechtslage herbeizuführen. Das Gericht ordnete weiter an, dass spätestens bis zum 30. September 2012 eine Neuwahl des Landtages herbeizuführen ist. Bis zu den Neuwahlen bleibt der Landtag in seiner bisherigen Zusammensetzung bestehen. (mehr …)

Volksparteien auf dem Rückzug?

Warum gegen eine Mehrheit anargumentieren? Die Mehrheit der Forscher und Journalisten sagt, die Zeit der Volksparteien sei abgelaufen. Die Zahlen für sich genommen setzten ein deutliches Signal. Die beiden deutschen Volksparteien befänden sich in einer Niedergangsphase – und das sei nicht mehr korrigierbar. Viele Kollegen, die sehr ausführlich diesen Abstieg schildern, benötigen keinerlei Häme, sind keineswegs bösartig disponiert, wenn sie ihr Untersuchungsobjekt zu beschreiben suchen. Warum also sollte man sich einem Trend gar entgegen stellen, den viele konstatieren und der sich wahlstatistisch bereits klar abzeichnet? (mehr …)