Abgrenzung, Anbiederung, Abwanderung

Prof. Dr. Christoph Kopke von der Hochschule für Wirtschaft und Recht und Alexander Lorenz von der Universität Potsdam gehen der Frage nach, wie die anhaltenden Wahlerfolge der AfD die Parteien der politischen Rechten in Bewegung versetzt haben. Insbesondere für das zersplitterte Lager der Rechtsaußenparteien ist mit der AfD eine bislang kaum zu schlagende Konkurrenz um Wählerstimmen, Personal und Einfluss entstanden. Wie gehen die Parteien der politischen Rechten von CDU/CSU bis hin zu den Parteien am äußersten Rechten Rand mit dieser Herausforderung um?

Seit der letzten Bundestagswahl sitzt mit der AfD wieder eine Partei rechts der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag. Inzwischen ist sie in allen Landesparlamenten der Republik vertreten. In einigen Bundesländern konkurriert sie in den Umfragen gegenwärtig mit den taumelnden Volksparteien CDU und SPD.

Innerhalb von wenigen Jahren hat die 2013 ins Leben gerufene AfD sich radikalisiert und „einige Metamorphosen“ (Häusler 2018) vollzogen. Die ersten Phasen ihrer Entwicklung erinnern in vielerlei Hinsicht an den schnellen Aufstieg der sich 1983 von der CSU abgespaltenen Partei Die Republikaner (REP).

(mehr …)

Lobbyismus in der modernen Politikberatung

Dr. Rupert Pritzl vom Bayerischen Wirtschaftsministerium erklärt den Unterschied zwischen Korruption und Lobbying. Eine klare Grenzziehung zwischen legaler und illegaler Interessenvertretung fällt in der Praxis nicht leicht, denn die Grenzen sind oft fließend. Deswegen haben Interessengruppen und Lobbyisten oft einen schlechten Ruf und stehen im Verdacht von Klüngelwirtschaft. Mehr Transparenz könnte einen Beitrag leisten, um Lobbyismus und Korruption genauer zu erfassen und trennschärfer voneinander abzugrenzen.

Kassandrarufe beherrschen schon fast täglich unsere Schlagzeilen, nach denen Korruption und die „große Gier“ unser Land beherrschen und Deutschland in den Abgrund von Filz und Sumpf steuern. Andere beklagen ein Wettrüsten der Lobbyisten, sehen Politiker als Marionetten der Strippen ziehenden Lobbyisten und rufen die „Lobbyrepublik Deutschland“ aus. Interessengruppen und Lobbyismus haben in Deutschland einen schlechten Ruf und werden häufig mit heimlicher Macht und illegitimen Interessen in Verbindung gebracht oder gleich unter den Generalverdacht von Korruption, Patronage oder Klüngelwirtschaft gestellt.

(mehr …)

Neue innerparteiliche Konflikte in der LINKEN und Wagenknechts Bewegung aufstehen

© Christian Hüller

Dr. Hendrik Träger von der Universität Leipzig bilanziert, dass sich die LINKE mehr als elf Jahre nach ihrer Gründung wieder in einer konfliktreichen Situation befindet. Neben dem parteiinternen Konflikt um die Positionierung in der Migrations- und Asylpolitik und anstehenden Landtagswahlen könnte Wagenknechts Sammlungsbewegung aufstehen zur weiteren Fragmentierung des linken Lagers beitragen. Auch die erheblichen Verluste von Wählern an die AfD stürzen die LINKEN in ein strategisches Dilemma.

Die Willensbildungs- und Entscheidungsprozesse in der LINKEN werden häufig durch Konflikte zwischen den Parteiflügeln beziehungsweise den beiden großen Strömungen – den ‚Reformern‘ einerseits und den ‚Orthodoxen‘ andererseits – geprägt. Daraus resultiert die Aufgabe, die „unterschiedliche[n] Ambitionen und Rivalitäten so zu managen, dass es keine für die Partei zerstörerischen Folgen haben wird“. Dies schien der seit 2012 amtierenden Parteiführung um Katja Kipping und Bernd Riexinger zunächst zu gelingen. Allerdings brachen die Konflikte innerhalb der LINKEN in den vergangenen Monaten wieder auf und gewannen zuletzt erheblich an Schärfe: Im November 2018 wurden sogar „Rufe nach Wagenknechts Rücktritt laut“.

(mehr …)

Büchse der Pandora? Minderheitsregierungen und der Umgang mit der AfD

Dr. Martin Pfafferott ist Referent bei der Friedrich-Ebert-Stiftung und erklärt, dass die Fragmentierung der Parteiensysteme Regierungsbildungen kompliziert gemacht hat. Minderheitsregierungen bieten innovative Auswege und werden mit demokratisierenden Potenzialen verbunden. Wer von diesem Format profitiert, ist allerdings nicht ausgemacht: Angesichts der Entwicklung der Parteiensysteme könnte es beispielsweise die AfD sein.

Nachdem im November 2017 jäh und für die meisten BeobachterInnen unerwartet die Verhandlungen über eine „Jamaika“-Koalition auf Bundesebene abgebrochen wurden, erfuhr ein in Deutschland unübliches Format einen ungeahnten Aufschwung: Die Minderheitsregierung. Die BefürworterInnen dieses Formats reichten von SPD-GegnerInnen einer Großen Koalition über JournalistInnen und BürgerInnen, die sich hiervon eine Wiederbelebung der parlamentarischen Debatte erhofften, bis hin zu taktisch agierenden Merkel-Rivalen innerhalb der Union. So unterschiedlich die Intentionen, so war die Stoßrichtung zumeist die, mit dem ungewohnten Format ein neues, progressives Kapitel der Parteiendemokratie aufzuschlagen.

(mehr …)

Kommunalpolitik abseits der Parteien?

Michael Angenendt von der Heinrich-Heine-Universität untersucht das demographische Profil und die Beitrittsmotive von Wählergemeinschaftsmitgliedern im Vergleich zu Parteimitgliedern. Trotz ihrer Popularität sind kommunale Wählergemeinschaften in der deutschen Politikwissenschaft noch nicht gründlich erforscht. Wählergemeinschaften präsentieren sich zwar als partizipatorische Alternative zu den Parteien, sie sind ihnen aber im Hinblick auf das demographische Profil  und die Beitrittsmotive ähnlicher als ihnen vielleicht genehm ist. Dies legt nahe, dass Wählergemeinschaften parteienferne Bevölkerungsschichten bisher nicht in die Kommunalpolitik integrieren können.

Wählergemeinschaften haben sich in den vergangenen Jahrzehnten auf kommunaler Ebene zu ernsthaften Konkurrenten gegenüber den Parteien entwickelt, vielerorts dominieren die ‘Parteifreien‘ den politischen Wettbewerb in den Rathäusern. Trotz ihrer mittlerweile fast flächendeckenden Präsenz in den Städten und Gemeinden hält sich die Politikwissenschaft hierzulande bislang jedoch bei der Erforschung des Phänomens eher bedeckt. Bis zum Ende der 1990er Jahre entstanden lediglich einzelne Regionalstudien, eine erste bundesweite Studie wurde in der Mitte des letzten Jahrzehnts durchgeführt und bildet den gegenwärtigen Forschungsstand weitgehend ab.

(mehr …)

Parteien im Wettbewerb als Dienstleister der Freiheit

Prof. Dr. Karl-Rudolf Korte von der NRW School of Governance bilanziert, dass zu den wichtigen gesellschaftlichen Konfliktlinien eine vierte Konfliktlinie hinzugekommen ist und den Parteienwettbewerb beeinflusst. Diese Konfliktlinie umfasst das Spannungsfeld zwischen globalisierten Weltbürgern und nationalkonservativen Gemeinschaften. Hier entsteht eine Repräsentationslücke, die etablierte Parteien nicht füllen. Trotzdem sollte die Anpassungs- und Wandlungsfähigkeit von Parteien nicht unterschätzt werden.

Der Parteienwettbewerb in Deutschland funktioniert. Dynamisch wechseln sich freie Parteien in Opposition und Regierung ab. Ob die Parteien dabei die Qualität der Demokratie ausreichend sichern, hängt vom Maßstab des Betrachters ab. Wer darauf setzt, dass bewährte Volksparteien diese Garantie übernehmen, zeigt sich enttäuscht, wenn die Mehrzahl der Wählerinnen und Wähler neuen oder kleineren Parteien ihr Zutrauen schenkt. Wer die Parteien als Wächter der Demokratie ansieht, könnte resignieren angesichts des Aufstiegs autoritärer Politiker. Wer die Wahlbeteiligung zum Maßstab erhebt, triumphiert angesichts der deutlich gestiegenen Mobilisierung in den zurückliegenden Jahren. Die Parteien als Politik-Dienstleister machen das, woran die meisten Bürgerinnen und Bürger kein Interesse zeigen: Stellvertretend für alle, diskursiv Probleme zu lösen und sie danach einer legitimierten Entscheidung mit Mehrheit zuzuführen.

(mehr …)

Trump in Trouble? Die Halbzeitwahlen („Midterms“) zum US Kongress am 6. November 2018 als Zwischenzeugnis für Präsident Donald Trump

Dr. habil. Martin Thunert, der am Heidelberg Center for American Studies forscht, analysiert die möglichen Szenarien und deren Erklärungen zum Ausgang der sogenannten Midterms in den USA. Wie stehen die Chancen, dass Präsident Trump den Rückhalt durch eine Mehrheit der Republikaner in beiden Kammern behält? Ein anderes Szenario wäre, dass die Demokraten die Mandatsmehrheit in der unteren Kammer, dem Repräsentantenhaus erobern.

Der Wahlkampf in den USA im Jahr 2018 geht in den Endspurt. Am 6. November 2018 werden das gesamte US-Repräsentantenhaus (435 Abgeordnete) sowie 35 der 100 Senatssitze neu gewählt. Dazu kommen Gouverneurswahlen in 36 Bundesstaaten und drei Territorien, 87 Wahlen der Einzelstaatslegislaturen (vergleichbar den Landtagen in Deutschland), Kommunalwahlen sowie zahlreiche Volks-Abstimmungen zu Sachfragen (ballot initiatives). Selten haben diese ‚Halbzeitwahlen‘, die jeweils zur Mitte der ersten oder zweiten Amtszeit eines US-Präsidenten stattfinden, so viel nationale und internationale Aufmerksamkeit auf sich gezogen wie in diesem Jahr.

(mehr …)

Politische Unterrepräsentation von Menschen mit Migrationshintergrund nach der Bundestagswahl 2017

Aimie Bouju promoviert an der Universität Duisburg-Essen und konkludiert, dass Menschen mit Migrationshintergrund im Bundestag unterrepräsentiert sind. Bei ihrer Bewerbung für ein Mandat innerhalb der Parteien stoßen sie mit den Binnen- und Außenselektionskriterien auf ähnliche Hürden wie andere Bewerber auch. Feststeht, dass der Fokus auf andere parteiinterne Regeln und Selektionskriterien den Erfolg oder das Scheitern insbesondere von neuen CDU- und SPD-Bewerberinnen mit bestimmtem Migrationshintergrund deutlich beeinflusst.

In den letzten Jahren haben sich die CDU- und SPD-Parteispitzen bemüht, ein offenes Bild ihrer Partei gegenüber Menschen mit Migrationshintergrund zu zeichnen. Bereits 2009 erklärte der damals neugewählte Vorsitzende Sigmar Gabriel: „Das Erste ist, dass wir sagen: Ihr seid in der SPD willkommen. Wir schaffen Strukturen für euch. Und wir sagen, wo dies hinführen soll – nämlich in den Stadtrat, den Landtag, den Bundestag, den Parteivorstand.“ Fünf Jahre später, auf dem Bundestagparteitag der CDU 2014, sendete der Generalsekretär Peter Tauber ein ähnliches Signal: „Wir wollen die Union für Zuwanderer werden.“

(mehr …)

Marcus Böick: Die Treuhand. Idee – Praxis – Erfahrung 1990-1994

Prof. Dr. Karl-Rudolf Korte von der NRW School of Governance bilanziert, dass “Die Treuhand. Idee – Praxis – Erfahrung 1990-1994” von Marcus Böick mehr als eine Studie über eine abgewickelte Anstalt ist. Sie zeigt im Umkehrschluss auch politikberatend, was wir in Zukunft besser mit Unsicherheit und Ratlosigkeit umgehen können.

Die DDR war unbekannt. Man besichtigte 1990 mit erstauntem Blick ein marodes Industriemuseum. Wirtschaftslage und Wettbewerbssituation der DDR konnten 1989 nicht richtig eingeschätzt werden. Das galt nicht nur für westdeutsche, sondern auch für ostdeutsche Analysen. Wie sollte aus westdeutscher Sicht eine realistische ökonomische Eröffnungsbilanz gemacht werden, wenn alle Zahlenwerke der DDR überhaupt keinen Realitätsbezug hatten? Führende Wirtschaftsinstitute errechneten, dass die DDR bald ihren Finanzierungsbedarf aus dem eigenen Wachstum werde erwirtschaften können. Manch einer sprach 1989/90 vom „Schnäppchen DDR“ (Günter Grass).

(mehr …)

Landeswahlkompass Hessen online

Die Landtagswahl in Hessen steht vor der Tür. Am 28. Oktober 2018 wählen die Bürgerinnen und Bürger des Bundeslandes ihre neue Landesregierung. Mit dem Landeswahlkompass haben Wählerinnen und Wähler die Möglichkeit, eine Wahlhilfe hinzuzuziehen. In diesem Beitrag kann jeder Interessierte direkt auf den Wahlkompass zugreifen. Bei dem Landeswahlkompass handelt es sich um eine innovative Wahlhilfe, die unter anderem von Mitarbeitern der Universitäten Münster, Hannover, Oldenburg und München in Zusammenarbeit mit der Agentur Kieskompas B.V. entwickelt wurde. Zuletzt hat Kieskompas B.V. auch den „Bundeswahlkompass“ zur Bundestagswahl 2017 und den Landeswahlkompass zur Wahl in Niedersachsen konzipiert.

(mehr …)