Aufbruch zu neuen Ufern des Regierens? Anmerkungen zur Ampel-Regierung

Dr. habil. Volker Best vertritt seit April 2020 die Professur für Politische Systeme und Comparative Politics am Institut für Politische Wissenschaft der RWTH Aachen. Seine Forschungsschwerpunkte sind Parteien, Koalitionen, Wahlkämpfe, Wahlsysteme, Demokratiereform und Ehrlichkeit in der Politik.

 

Der Bundestagswahlkampf 2021 war mit Abstand der spannendste seit 2005 – lagen doch nicht weniger als drei Parteien zeitweise in den Umfragen vorne. Dies hatte auch Auswirkungen auf die Koalitionserwartungen. Schien Anfang des Wahljahres noch alles auf eine schwarz-grüne Koalition zuzulaufen, verfügte diese Parteienkonstellation am Ende nicht einmal über 40 Prozent der Wählerstimmen. Stattdessen kam es zu einer Ampel-Koalition, die lange arithmetisch keine Rolle gespielt hatte (Decker 2021: 108). Dennoch ging die Regierungsbildung im Vergleich zu 2017/18 (Best 2017) relativ zügig und unspektakulär über die Bühne.

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Die Parteienfamilie der Europäischen Grünen Policy-Positionierung der grünen Parteien Europas zur Europawahl 2019

Maike Pollmann studiert im Zwei-Fach-Bachelor Politikwissenschaft und Soziologie an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster. Wie stark sind die europäischen grünen Parteien miteinander vernetzt?
Die Analyse untersucht die Interaktion der “Die Europäische Grüne Partei”, ein Zusammenschluss aus verschiedenen nationalen Parteien, anhand von Daten der Online-Wahlhilfe “euandi 2019”.

Themen wie Umweltschutz und Nachhaltigkeit rücken immer weiter in den Fokus des öffentlichen Diskurses. Dem folgt, dass auch auf politischer Ebene die umweltorientierten Parteien an Bedeutung gewinnen. Während grüne Parteien in ihren Entstehungszeiten noch als Nischenparteien galten, nehmen sie heute in vielen Nationalparlamenten in Europa eine stabile Position ein. Auch auf europäischer Ebene verzeichnet die Europäische Grüne Partei, die sich aus verschiedenen nationalen umweltorientierten Parteien zusammensetzt, Zuwächse.

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Die Rückeroberung Virginias durch die Republikaner – Hintergründe und Konsequenzen des konservativen Überraschungserfolgs

Patrick Philipp Adorf ist seit 2013 Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Politische Wissenschaft und Soziologie der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn. Zusammen mit Patrick Horst hat er im Sommer 2021 eine umfassende Analyse der US-Präsidentschaftswahl veröffentlicht („Zerreißprobe für die Demokratie: Die Wahlen und der Regierungswechsel in den USA 2020/21“). Seine Forschungsschwerpunkte liegen auf der fortwährenden Relevanz des Themas Race in der US-Politik, der Radikalisierung der Republikanischen Partei und den Erfolgen rechtspopulistischer Parteien innerhalb der Arbeiterklasse.

Hatte Joe Biden bei der Präsidentschaftswahl 2020 den Einzelstaat Virginia noch mit über zehn Prozentpunkten Vorsprung gewonnen, so konnte sich in der dortigen Gouverneurswahl vom 2. November der Republikaner Glenn Youngkin überraschend gegen seinen demokratischen Widersacher Terry McAuliffe durchsetzen. Youngkins Kampagne, die sich auf das Thema Bildung konzentrierte und Trump aus Virginia fernhielt, könnte als Blaupause für zukünftige republikanische Erfolge dienen. Zudem bietet sie einen ersten Indikator hinsichtlich des zu erwartenden Ausgangs der Kongress-Zwischenwahlen im November 2022.

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Rezension zu Robin Alexander: Machtverfall. Merkels Ende und das Drama der deutschen Politik. Ein Report.

Mit “Machtverfall beschreibt Robin Alexander in weiten Passagen die Corona-Politik der Berliner Republik und gibt Einblicke in , so Prof. Dr. Karl- Rudolf Korte von der NRW School of Governance an der Universität Duisburg-Essen.  Sein Buch bleibt hilfreich, , um den Countdown von Merkels Kanzlerschaft einzuordnen

Bestsellerautor Robin Alexander über das Ende der Ära Merkel: ein glänzend recherchierter Politthriller. Zum Ende ihrer Amtszeit hat Angela Merkel ihre wohl größte Herausforderung zu bestehen. Doch die Kanzlerin, die in Notsituationen oft zur Hochform aufgelaufen ist, gerät in dieser Krise an die Grenzen ihrer Autorität. Die Pandemie, so Robin Alexander, ist dabei nur ein weiteres, spektakuläres Kapitel in einem noch größeren Drama: dem Ende einer ganzen Ära. In seinem neuen Buch erzählt der Bestsellerautor die Geschichte hinter den Kulissen: vom harten, langen Kampf in den inneren Machtzirkeln der Republik und vom Showdown um Merkels Nachfolge, der die Union fast zerreißt. Ein glänzend recherchiertes Buch, das zeigt, wie nah in der Politik der unbedingte Wille zur Macht und die Machtlosigkeit beieinander liegen.

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Vielfältige Parlamente? Die Rolle der Parteien als „gatekeeper to elected office“

Elisa Deiss-Helbig ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Sozialwissenschaften der Universität Stuttgart. Seit Oktober 2021 ist sie Projektleiterin des DFG-finanzierten Projektes “Group targeting and citizens’ responses to electoral promises and their realization (GROUPTA)”. Ihre Forschungsinteressen liegen in den Bereichen der Parteien- und Repräsentationsforschung mit einem Schwerpunkt auf Wahlversprechen und der Rekrutierung politischen Per-sonals sowie deskriptiver und ungleicher politischer Repräsentation.

„Deutsche Vielfalt in den Bundestag wählen!“ Damit und mit einer Übersicht über die Kandidat:innen der SPD mit familiärer Einwanderungsgeschichte warb die AG Migration und Vielfalt in der SPD in den Sozialen Medien während des Wahlkampfes für die Bundestagswahl 2021. Dies oder auch Wahlaufrufe von Kandidat:innen in verschiedenen Sprachen deuten darauf hin, dass die Frage der Vielfalt des politischen Personals inzwischen auch im Wahlkampf der Parteien angekommen ist.

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Die Bundestagswahl 2021 und die Demokratiereform – Kanzlerkandidatenauswahl, TV-Trielle, Wahlsystem, Wahlrecht, Koalitionsaussagen- und Bildung

Patrick Horst war bis zum 30. September 2021 Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Politische Wissenschaft und Soziologie der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn. Im Wintersemester 2021/22 wechselt er als Akademischer Oberrat an das „North American Studies Program“ derselben Universität, wo er von 2016 bis 2018 schon einmal tätig war. Seine Forschungsschwerpunkte liegen auf dem Feld vergleichender Demokratie-, Parlaments-, Koalitions-, Wahl- und Parteienforschung.

Der Bundestagswahlkampf 2021 wartete mit einer Reihe von Neuerungen auf. Erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik trat der amtierende Regierungschef, Bundeskanzlerin Angela Merkel, nicht wieder zur Wahl an. Erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik traten auch gleich drei „Kanzlerkandidaten“ an, die sich tatsächlich Hoffnungen auf die Erringung des höchsten Regierungsamtes im Staate machen konnten (2002 hatte Guido Westerwelle diese Chance realistisch nicht). Seit der Bundestagswahl 2017 und der Europawahl 2019 hatte sich das deutsche Parteiensystem weiter fragmentiert und waren die Grünen zur zweitstärksten Kraft aufgestiegen – noch vor der SPD, die den dramatischsten Niedergang in ihrer langen Geschichte durchlebte (Horst 2021b). Der Kampf um das Kanzleramt war mithin weit offen – und er würde erstmals auch in einer Serie von drei TV-Triellen anstelle nur eines TV-Duells wie in der Ära Merkel ausgefochten werden.

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Der Dreikampf ums Kanzleramt – Erste Ergebnisse einer Studie zum TV-Triell in ARD und ZDF am 12. September 2021

Wie wurde das zweite TV-Triell zwischen Annalena Baerbock (Grüne), Armin Laschet (CDU) und Olaf Scholz (SPD) von den Zuschauer:innen wahrgenommen? Welche Wirkungen gingen von diesem audio-visuellen Schlagabtausch auf die Zuseher:innen aus? Und welche:r Kandidat:in konnte mit seinen bzw. ihren Aussagen überzeugen? Uwe Wagschal, Thomas Waldvogel, Samuel Weishaupt und Linus Felten vom Projektteam Debat-O-Meter der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg geben in ihrer Instant-Analyse Antworten auf diese Fragen.

Wie wurde das zweite TV-Triell zwischen Annalena Baerbock (Grüne), Armin Laschet (CDU) und Olaf Scholz (SPD) von den Zuschauer:innen wahrgenommen? Welche Wirkungen gingen von diesem audio-visuellen Schlagabtausch auf die Zuseher:innen aus? Und welche:r Kandidat:in konnte mit seinen bzw. ihren Aussagen überzeugen? Antworten auf diese Fragen bietet die Instant-Analyse des TV-Triells in ARD/ZDF am 12. September 2021. Sie basiert auf Daten des sogenannten Debat-O-Meters, einer Online-Anwendung, mit der Nutzer:innen ihre unmittelbaren Eindrücke über eine Debatte in Echtzeit wiedergeben können.

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Digitalland Deutschland – Blick nach außen, Fokus nach vorn

Christoph Bieber und Andreas Blätte von der NRW School of Governance geben gemeinsam mit Svenja Falk und den Kolleginnen und Kollegen von Accenture Enblicke in das Digitalland Deutschland und stellen in Ihrer Studie Thesen für eine erfolgreiche Governance der Digitalisierung in Deutschland auf. Wie kann sich Deutschland organisatorisch neu aufstellen um die hoch gesteckten Digitalisierungsziele zu erreichen? Wie gewinnbringend ist die Debatte um ein Digitalisierungsministerium? Und welche Governance-Strukturen könnte sich Deutschland von den europäischen Nachbarländern abschauen?

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Auf Stimmenfang im Netz – Analysen zum laufenden Online-Wahlkampf

 Wie machen die Parteien Wahlkampf in den sozialen Medien? Welche Plattformen werden am häufigsten von wem genutzt? Und welche Werbestrategien setzen die Kandidat:innen online ein?
Katharina Maubach, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Kommunikationswissenschaft der Westfälischen Wilhems-Universität Münster und Stephanie Geise, Vertretungsprofessorin für Digitale Kommunikation am ZeMKI der Universität Bremen, behandeln diese Fragen und beleuchten wie sich der Ton im Bundestagswahlkampf 2021 geändert hat.

 

 Alle Jahre wieder… findet in Deutschland der Bundestagswahlkampf statt. Der aktuelle Wahlkampf ist dabei in vielerlei Hinsicht außergewöhnlich. Zunächst stellt die CDU nach 16 Jahren Kanzlerschaft von Angela Merkel mit Armin Laschet einen neuen Kanzlerkandidaten, wobei dieser als Nachfolger von Merkel keinen Amtsbonus mitbringt. Zudem ist der laufende Bundestagswahlkampf stark durch aktuelle Problemlagen – insbesondere durch die Corona-Pandemie und den voranschreitenden Klimawandel – geprägt. Diese Ausgangssituation macht aus kommunikationsstrategischer Sicht sowohl eine stärkere Personalisierung des Wahlkampfes auf die Spitzenpolitiker:innen der Parteien als auch eine präsente Thematisierung dieser Wahlkampfthemen wahrscheinlich. 

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Tailoring the Truth

Matthias Diermeier from the German Economic Institute took a look at one-to-one communication between politicians and constituents in an experimental setting. How do parliamentarians answer to voter inquiries that contain misinformation or ‘fake news’? Politicians of established parties seem to be intrinsically driven by the ideal of a good democratic representative: They are responsive and do not tolerate misinformation. In contrast to that, AfD parliamentarians are more likely to tolerate ‘fake news’.

The rise of populist radical right parties (PRRPs) is largely seen to have been triggered by a dealignment between voters and political elites and to have triggered an increasing supply of misinformation. Consequently, the German populist radical right party Alternative für Deutschland (AfD) is strongly associated with the notion that ‘fake news’ endanger democracy. Whereas most studies focus on ‘fake news’ dynamics in social media, this contribution analyses one-to-one communication between politicians and constituents in an experimental setting.

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