Wehrloses Überlassen eines zentralen Kommunikationsraums? Die kommunalen Parteigliederungen auf Facebook

Insbesondere im Hinblick die Kommunikation politischer Parteien auf sozialen Medien weist der Forschungsstand noch Lücken auf. Datts liefert hier nicht nur gute Ausgangspunkte, sondern verknüpft die Parteienforschung in seiner Analyse der Parteienkommunikation auf Facebook mit Big Data. Die Studie von Mario Datts ist versiert und umfangreich ausgeführt, was die Methodik anbelangt, so Dr. Isabelle Borucki von der NRW School of Governance an der Universität Duisburg-Essen.

Die Kommunikation von Parteien als organisatorische Einheiten wird selten untersucht. Insbesondere wenn es um soziale Medien geht, ist hier der Forschungsstand noch übersichtlich. Umso verdienstvoller ist der Beitrag des Hildesheimer Politikwissenschaftlers Mario Datts, der grundlegend das Verhalten der Parteien auf sozialen Medien am Beispiel Facebook untersucht. Hierzu greift der Autor auf eine breit angelegte quantitative Erhebung des Kommunikationsverhaltens der im Bundestag vertretenen Parteien zurück.

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Pierre Rosanvallon: Das Jahrhundert des Populismus, Geschichte – Theorie – Kritik

Die Einwände gegen die direkte Demokratie zählen zu den stärksten Abschnitten des Bandes “Das Jahrhundert des Populismus: Geschichte – Theorie – Kritik” von Pierre Rosanvallon, so Prof. Dr. Manfred Mai von der Universität Duisburg-Essen. In der historischen und systematischen Analyse blickt der Autor nicht nur nach Europa und in die europäische Vergangenheit, sondern auch bindet auch populistische Momente in den USA und Lateinamerika mit ein.

Kaum hatte Joe Biden angekündigt, den Patentschutz für Corona-Impfstoffe in Frage zu stellen, wurde ihm auf Twitter vorgeworfen, er würde auf den Impfnationalismus nun den Impfpopulismus folgen lassen. Populismus scheint mit vielen Begriffen kombinierbar, um auszudrücken, dass etwas billig, durchschaubar und Beifall heischend ist: Technopopulismus zum Beispiel, wenn aus dem Traum von einer digitalen Welt eine brutale Industrie wird.

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Elisabeth Niejahr und Grzegorz Nocko (Hg.):  Demokratieverstärker: 12 Monate, 21 Ideen: Eine Politikagenda für hier und jetzt

Wie lässt sich die Demokratie in Deutschland verstärken? Dieser Frage gehen 21 Beiträge in dem Herausgeberband von Elisabeth Niejahr und Grzegorz Nocko nach. Das Besondere ist auch die Aufmachung, so Prof. Dr. Karl-Rudolf Korte von der NRW School of Governance an der Universität Duisburg-Essen. Denn am Ende eines jeden Beitrags werden Pointen zusammengefasst: Idee, Effekt und Umsetzbarkeit. Dabei sticht die Breite und Vielfalt der Vorschläge heraus: Willensbildung, Partizipation und Willensbildung sind nur drei von vielen Bereichen, zu denen Vorschläge unterbreitet werden.

Das Vertrauens-Reservoir ist im Jahr 2021 herausgefordert. Die Pandemie hat aufklärerische Wirkung. Was funktioniert gut und was läuft schlecht in unserer Demokratie? Die Distanz-Demokratie provoziert. Damit ist nicht der Widerstand einer stets kleinen Minderheit gegen die Corona-Maßnahmen gemeint. Vielmehr provoziert uns täglich die überlebensnotwendige Übersetzung demokratischer Spielregeln und Praktiken in neue Formate der Distanz und des Abstands. Das gilt besonders im Superwahljahr 2021.

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Regieren in der Corona-Krise

Dr. Michael Blume, der Beauftragter der Landesregierung Baden-Württemberg gegen Antisemitismus ist, und Alina Dorn, Fachreferentin im Büro des Beauftragten im Staatsministerium Baden-Württemberg, werfen einen Blick auf Verschwörungstheorien und das Regieren während der Corona-Pandemie. Obwohl das Vertrauen vieler Bürgerinnen und Bürger in die Pandemie-Bewältigung zu Anfang hoch war, versammelten sich bereits während der ersten Welle Querdenker zu Demonstrationen gegen die Maßnahmen. Wie kann können Regierung und Abgeordnete mit solchen Tendenzen umgehen?

Im ersten Moment erscheint es absonderlich – warum sollten Expert:innen gegen Antisemitismus nach Vertrauen in Regierungen fragen? Auf den zweiten Blick – so hoffen wir – wird genau darin ein Sinn deutlich: So ist doch die Unterstellung, die eigene Regierung sei Teil einer jüdisch mitbestimmten Weltverschwörung, das maximale Misstrauensvotum. Und so konnten wir schon im Frühjahr 2020 – noch bevor überhaupt die ersten Anti-Covid19-Maßnahmen beschlossen worden waren – prognostizieren, dass sich in Deutschland Menschen versammeln würden, die den gewählten Regierungen nicht nur Inkompetenz, sondern auch Verschwörungen unterstellen würden.

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Baden-Württemberg im Umbruch

Prof. Dr. Ulrich Eith von der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg und dem Studienhause Wiesneck, Institut für politische Bildung Baden-Württemberg e.V. wirft noch mal einen Blick auf die Landtagswahlen in Baden-Württemberg vom 14. März 2021. Wie lassen sich die Ergebnisse im landespolitischen Kontext und der jüngeren Vergangenheit einordnen? Wie steht es perspektivisch um die Stellung der Grünen in einem Bundesland, das jahrzehntelang massgeblich von der CDU geprägt wurde?

In den letzten 15 Jahren hat Baden-Württemberg einen zuvor kaum für möglich gehaltenen politischen Wandel erfahren. Über Jahrzehnte hinweg prägte maßgeblich die CDU die Politik des Landes. Von 1953-2011 stellte sie den Ministerpräsidenten, ab 1972 sogar für zwanzig Jahre aus eigener Kraft ohne Koalitionspartner. Und auch für die Liberalen galt der Südwesten in den ersten zwei Jahrzehnten noch als politisches Stammland mit konstant zweistelligen Wahlergebnissen. Seit 2011 jedoch regiert mit Winfried Kretschmann als Ministerpräsident ein Grüner Baden-Württemberg

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Fortschritte bei der Digitalisierung im Kontext politisch-administrativen Lernens durch Covid-19

Die Pandemie scheint geradezu ein Treiber für die Digitalisierung zu sein und diese offenkundig voranzubringen. PD Dr. Markus Reiners, der an der Leibniz Universität Hannover lehrt und forscht, liefert eine wissenschaftliche Einbettung zu dieser Entwicklung. Lerntheoretische Ansätze und Ansätze des akteurzentrierten Institutionalismus können einander ergänzen, um Konstellationen herauszuarbeiten, in denen Lernprozesse wahrscheinlich sind.

Spricht man über Digitalisierung, so blickt man auf ein weites Feld. Erfasst sind zum Beispiel die Digitalisierung der Verwaltung, der Gesundheitsbereich, die Bereiche Verkehr und Mobilität, Wirtschaft und Industrie, die digitale Bildung, die Bereiche Umwelt und Energie oder die Kapitel Künstliche Intelligenz oder Smart Cities. Immer noch ist Deutschland in Europa und der Welt abgeschlagen. Neue Wege zu gehen ist nicht leicht und verlangt nach systemischen Voraussetzungen, ausgetretene Pfade zu verlassen. Jetzt scheint die Chance im Zuge der Pandemie rund um Covid-19 gegeben.

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Politikmanagement in Zeiten der Corona-Krise

Mit ihrer Fernsehansprache zur Corona-Pandemie erregte Kanzlerin Merkel große Aufmerksamkeit. Denn normalerweise beschränkte sich ihre Nutzung dieses Kommunikationsmittels eher auf die jährliche Neujahrsansprache. Benedikt Franzen, der Mitarbeiter im Ministerbüro des Ministeriums des Innern des Landes Nordrhein-Westfalen ist, entwickelt ein Modell, um diesen Strategiewechsel zu erklären und politikwissenschaftlich einzuordnen.

„Diese Pandemie ist eine demokratische Zumutung“ (Merkel 2020b), erläuterte Bundeskanzlerin Angela Merkel in ihrer ersten Regierungserklärung zur Corona-Pandemie im April 2020 im Deutschen Bundestag. Die nationalen sowie internationalen Folgen der Ausbreitung des Coronavirus sind in der Tat in mehrerlei Hinsicht außergewöhnlich und stellen die politisch verantwortlichen Spitzenakteure in bislang unbekanntem Ausmaß vor Entscheidungszumutungen unter Unsicherheitsbedingungen. Es ist nicht untertrieben, wenn die Kanzlerin die Auswirkungen des Virus im ZDF-Interview am 4. Juni 2020 als „die schwerste Krise seit Bestehen der Bundesrepublik Deutschland“ (Süddeutsche Zeitung 2020) bezeichnet. (mehr …)

Die Zivilgesellschaft muss es richten: Wie die dramatische Vergrößerung des Bundestags trotz der gescheiterten Reform der Großen Koalition vermieden werden kann

Prof. Dr. Joachim Behnke, der an der Zeppelin Universität in Friedrichshafen lehrt und forscht, simuliert auf der Basis von Umfragedaten, wie groß der Bundestag nach der Wahl im September werden könnte. Dabei zeigt sich, dass die Wahlrechtsreform der Großen Koalition nur geringe Auswirkungen auf die Anzahl der Mandate hat. Die Zivilgesellschaft könnte durch gemeinwohlorientiertes Strategisches Wählen richten, was die Reform versäumt, und können Wählerinnen und Wähler mit ihrem Wahlverhalten Einfluss nehmen auf die Zahl der Mandate.

Bei der Bundestagswahl von 2017 vergrößerte sich der Bundestagswahl aufgrund von Überhang- und Ausgleichsmandaten ausgehend von der regulären Sitzgröße von 598 Sitzen um 111 Mandate auf 709 Sitze. Dies war die mit Abstand dramatischste Sitzvergrößerung in der Geschichte des Bundestags. Ursache war, dass es 2017 mit insgesamt 46 Überhangmandaten so viele Überhangmandate gab wie nie zuvor. Da diese seit dem Wahlgesetz von 2013 ausgeglichen werden müssen, kam es zu der Gesamtvergrößerung in der genannten Größenordnung.

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Die FDP, nach allen Seiten offen

Prof. Dr. Karl-Rudolf Korte von der NRW School of Governance an der Universität Duisburg-Essen analysiert die Ausgangslage für die FDP in diesem Superwahljahr. Die FDP beweist in drei Landesregierungen, dass sie mulitkoalitionsfähig ist. Darüber hinaus könnten Missmanagement im Umgang mit der Pandemie und die kippende Stimmung der Oppositionspartei zu Gute kommen und vergrößert sich ihr liberales Potential für Wähler, die einen besser arbeitenden und effizienteren Staat wünschen.

Bricht wieder Gelb-Fieber vor der Bundestagswahl aus? Das war 2017 durchaus messbar, wenngleich es damals kein Virus war, sondern leidenschaftliche Begeisterung. Die FDP lag vor den Grünen! Lindner hatte mit einer modernen, stellenweisen kultigen Mobilisierungskampagne, die außerparlamentarische, gedemütigte FDP in den Bundestag zurückgeführt. Doch der Lindnerismus endete abrupt nach dem unerwarteten Rückzug aus den turbulenten Jamaika-Verhandlungen.

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Nach der Wahl ist vor der Wahl – Rheinland-Pfalz im Superwahljahr 2021

Prof. Dr. Manuela Glaab, die an der der Universität Koblenz-Landau lehrt und forscht, analysiert die zurückliegenden Landtagswahlen in Rheinland-Pfalz. Während die SPD auf die beliebte Ministerpräsident Malu Dreyer als Zugpferd im Wahlkampf setzen konnte, gelang es den anderen Parteien nicht, eine überzeugende Alternative anzubieten. Welche Signalwirkung könnten die Koalitionsverhandlungen nun Richtung Bundesebene senden?

Die zurückliegenden rheinland-pfälzischen Landtagswahlkämpfe haben eine Gemeinsamkeit: Sie alle standen unter dem Eindruck von Krisenereignissen weitreichenden Ausmaßes. 2011 brachte die Reaktorkatastrophe von Fukushima die Trendwende zum grünen Wahlerfolg; 2016 katapultierte die Flüchtlingskrise die AfD ins Landesparlament; und 2021 ist die Covid 19-Pandemie das alles beherrschende Thema. Im Unterschied zu den beiden vorigen Wahljahren hatte dies heuer auch gravierende Konsequenzen für die Wahlkampagnen: Der Wahlkampf konnte aufgrund des Lockdowns nur mit Einschränkungen geführt werden.

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