Bundestagswahl 2021: Und alle vier Jahre grüßt… die Wahlpflicht!

Dr. Per Holderberg, der an der Universität Hildesheim lehrt und forscht, wirft einen Blick auf die Wahlpflicht, die angesichts sinkender Wahlbeteiligung immer wieder diskutiert wird. Wie lässt sich die Wahlpflicht demokratietheoretisch einbetten? In welche Richtung hätte eine Wahlpflicht das Ergebnis der letzten Bundestagswahl beeinflusst? Und stößt die Wahlpflicht überhaupt auf Akzeptanz? Letztendlich muss man feststellen, dass sich andere Reformideen fester im Diskurs etabliert haben als die Wahlpflicht.

In den letzten 30 Jahren setzt sich der Trend einer sinkenden Wahlbeteiligung in Deutschland bei Bundestagswahlen fort. Historisch betrachtet sind die drei letzten Wasserstandsmeldungen des Bundeswahlleiters (2009 = 70,8 Prozent; 2013 = 71,5 Prozent; 2017 = 76,6 Prozent) die niedrigsten, welche in der Nachkriegsgeschichte gemessen worden sind. Als Reaktion auf die nachlassende Beteiligung an Wahlen diskutieren deutsche Politiker:innen und Journalist:innen sowie engagierte Wissenschaftler:innen mit an der Wahlrhythmik ausgerichteten Regelmäßigkeit die Einführung einer gesetzlichen Wahlpflicht.

(mehr …)

Kalter Krieg oder Neue Weltordnung

Prof. Dr. Jürgen Rüttgers, Ministerpräsident a.D., Bundesminister a.D. und Professor an der Universität Bonn, wirft einen Blick auf die sich verändernde Weltordnung und das sich verändernde Machtgefüge zwischen den USA, China und Russland. Welche Rolle könnte Europa in dieser Weltordnung einnehmen und was ist dabei von zentraler Bedeutung? Fest steht, dass die internationale Zusammenarbeit mit anderen Staaten für Europa unerlässlich ist.

Als im Jahre 1989/90 die Menschen in der DDR mit Kerzen in den Händen aufstanden, um für die Freiheit und die Einheit des deutschen Volkes zu demonstrieren, wussten und sahen sie, dass die Diktaturen in Europa den Kampf verloren hatten. Die Ungarn beendeten den Kalten Krieg, indem sie den Eisernen Vorhang öffneten. (mehr …)

Der Polit-Kompass: Eine neue VAA zum aufkeimenden Populismus

Jan Philipp Thomeczek von der Universität Münster und seine Kolleginnen und Kollegen aus dem PRECEDE-Projekt stellen mit dem Polit-Kompass eine neue Online-Wahlhilfe vor. Im Gegensatz zu anderen Tools zur Entscheidungshilfe umfasst der neue Polit-Kompass nicht nur die klassische Links-Rechts Dimension, sondern darüber hinaus auch eine Populismus-Dimension.

Mit der Covid19-Pandemie haben bei Wahlen digitale Beteiligungsinstrumente und insbesondere Onlinewahlhilfen (Voting Advice Application, VAA) einen besonderen Stellenwert erlangt (Kersting 2021). Mit dem Polit-Kompass wurde ein Tool entwickelt, das bei der politischen Orientierung unterstützen soll und gleichzeitig eng an die politikwissenschaftliche Forschung angebunden ist. Dabei umfasst er neben einer allgemeinen Links-Rechts-Dimension auch eine Populismus-Dimension

(mehr …)

Die Landtagswahl in Sachsen-Anhalt

Foto: Philipp Körner

Dr. Roger Stöcker von der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg lässt die Ergebnisse der Landtagswahl in Sachsen-Anhalt Revue passieren. Wie fügt sich der Wahlsieg der CDU unter Führung von Reiner Haseloff in die noch vergleichsweise junge Geschichte des Bundeslandes ein? Wie schnitten die einzelnen Parteien ab und welche Optionen für eine Regierungskoalition liegen auf dem Tisch?

Einigen Akteuren scheint Sachsen-Anhalt als das „unbekannteste aller Bundesländer“. Ja, blickt man zurück auf die relativ kurze Geschichte des – nach 1990 aus den ehemaligen DDR-Bezirken Magdeburg und Halle entstandenen – „Kunstgebildes“, erscheint das Land für den Außenstehenden zunächst recht konturlos. Daran änderte auch die jahrelange Werbekampagne vom „Land der Frühaufsteher“, welche an den zahlreichen, Sachsen-Anhalt kreuzenden Autobahnen prangte, wenig. Blickt man in die Zeit vor 1990, so hat Sachsen-Anhalt historisch sehr wohl viel zu bieten.

(mehr …)

Friedbert W. Rüb: Das Jahrhundert der Politik.

“Das Jahrhundert der Politik. Eine Geschichte des 20. Jahrhunderts im Licht ihrer Politikbegriffe” von Friedbert Rübergegangen hat Vermächtnis-Charakter, so Prof. Dr. Karl-Rudolf Korte von der NRW School of Governance an der Universität Duisburg-Essen. Die Kapitel sind abgeschlossen und stehen für sich als exzellente Kleinode und Fundgrube traditioneller Zugänge.

Das Buch hat Vermächtnis-Charakter. Friedbert Rüb systematisiert sein Denken und Schreiben, das er sich über viele Jahrzehnte über Politik und das Politische erarbeitet hat. Er strukturiert es durch den Wandel an Politikbegriffen. Dies verengt er wiederum auf semantische Veränderungen, die allerdings eher unscharf als Pfad genutzt werden. Denn semantische Exkursionen im engeren Sinne leistet das Buch nicht.

(mehr …)

Thomas de Maizière, Karl-Ludwig Kley: Die Kunst guten Führens.

Mit dem Band “Die Kunst guten Führens” legt Thomas de Mazière – nun gemeinsam mit Ko-Autor Karl-Ludwig Kley – schon das zweite wichtige Buch zur Regierungskunst vor, so Prof. Dr. Karl- Rudolf Korte von der NRW School of Governance an der Universität Duisburg-Essen.  Mit reflektierten und systematischen Zugängen liefert de Mazière Einblicke in die Innensicht der Macht, die Forschende für die Regierungsforschung benötigen.

Thomas de Maizière legt nun schon das zweite wichtige Buch zur Regierungskunst vor. Seine Monografie „Regieren“ (2019) setzt er mit diesem neuen Buch in einen komparativen Kontext, konkret der Fragestellung des Führens in der Wirtschaft. Erneut kann er mit seinen sehr reflektierten und systematischen Zugängen – angereichert mit praktischen Beispielen aus der Politik und seinen vielen Regierungsämtern – eine Innensicht der Macht skizzieren, die wir als Spiegelung für unsere Analysen zur Regierungsforschung in theoretischer und methodischer Weise benötigen.

(mehr …)

Wehrloses Überlassen eines zentralen Kommunikationsraums? Die kommunalen Parteigliederungen auf Facebook

Insbesondere im Hinblick die Kommunikation politischer Parteien auf sozialen Medien weist der Forschungsstand noch Lücken auf. Datts liefert hier nicht nur gute Ausgangspunkte, sondern verknüpft die Parteienforschung in seiner Analyse der Parteienkommunikation auf Facebook mit Big Data. Die Studie von Mario Datts ist versiert und umfangreich ausgeführt, was die Methodik anbelangt, so Dr. Isabelle Borucki von der NRW School of Governance an der Universität Duisburg-Essen.

Die Kommunikation von Parteien als organisatorische Einheiten wird selten untersucht. Insbesondere wenn es um soziale Medien geht, ist hier der Forschungsstand noch übersichtlich. Umso verdienstvoller ist der Beitrag des Hildesheimer Politikwissenschaftlers Mario Datts, der grundlegend das Verhalten der Parteien auf sozialen Medien am Beispiel Facebook untersucht. Hierzu greift der Autor auf eine breit angelegte quantitative Erhebung des Kommunikationsverhaltens der im Bundestag vertretenen Parteien zurück.

(mehr …)

Pierre Rosanvallon: Das Jahrhundert des Populismus, Geschichte – Theorie – Kritik

Die Einwände gegen die direkte Demokratie zählen zu den stärksten Abschnitten des Bandes “Das Jahrhundert des Populismus: Geschichte – Theorie – Kritik” von Pierre Rosanvallon, so Prof. Dr. Manfred Mai von der Universität Duisburg-Essen. In der historischen und systematischen Analyse blickt der Autor nicht nur nach Europa und in die europäische Vergangenheit, sondern auch bindet auch populistische Momente in den USA und Lateinamerika mit ein.

Kaum hatte Joe Biden angekündigt, den Patentschutz für Corona-Impfstoffe in Frage zu stellen, wurde ihm auf Twitter vorgeworfen, er würde auf den Impfnationalismus nun den Impfpopulismus folgen lassen. Populismus scheint mit vielen Begriffen kombinierbar, um auszudrücken, dass etwas billig, durchschaubar und Beifall heischend ist: Technopopulismus zum Beispiel, wenn aus dem Traum von einer digitalen Welt eine brutale Industrie wird.

(mehr …)

Elisabeth Niejahr und Grzegorz Nocko (Hg.):  Demokratieverstärker: 12 Monate, 21 Ideen: Eine Politikagenda für hier und jetzt

Wie lässt sich die Demokratie in Deutschland verstärken? Dieser Frage gehen 21 Beiträge in dem Herausgeberband von Elisabeth Niejahr und Grzegorz Nocko nach. Das Besondere ist auch die Aufmachung, so Prof. Dr. Karl-Rudolf Korte von der NRW School of Governance an der Universität Duisburg-Essen. Denn am Ende eines jeden Beitrags werden Pointen zusammengefasst: Idee, Effekt und Umsetzbarkeit. Dabei sticht die Breite und Vielfalt der Vorschläge heraus: Willensbildung, Partizipation und Willensbildung sind nur drei von vielen Bereichen, zu denen Vorschläge unterbreitet werden.

Das Vertrauens-Reservoir ist im Jahr 2021 herausgefordert. Die Pandemie hat aufklärerische Wirkung. Was funktioniert gut und was läuft schlecht in unserer Demokratie? Die Distanz-Demokratie provoziert. Damit ist nicht der Widerstand einer stets kleinen Minderheit gegen die Corona-Maßnahmen gemeint. Vielmehr provoziert uns täglich die überlebensnotwendige Übersetzung demokratischer Spielregeln und Praktiken in neue Formate der Distanz und des Abstands. Das gilt besonders im Superwahljahr 2021.

(mehr …)

Regieren in der Corona-Krise

Dr. Michael Blume, der Beauftragter der Landesregierung Baden-Württemberg gegen Antisemitismus ist, und Alina Dorn, Fachreferentin im Büro des Beauftragten im Staatsministerium Baden-Württemberg, werfen einen Blick auf Verschwörungstheorien und das Regieren während der Corona-Pandemie. Obwohl das Vertrauen vieler Bürgerinnen und Bürger in die Pandemie-Bewältigung zu Anfang hoch war, versammelten sich bereits während der ersten Welle Querdenker zu Demonstrationen gegen die Maßnahmen. Wie kann können Regierung und Abgeordnete mit solchen Tendenzen umgehen?

Im ersten Moment erscheint es absonderlich – warum sollten Expert:innen gegen Antisemitismus nach Vertrauen in Regierungen fragen? Auf den zweiten Blick – so hoffen wir – wird genau darin ein Sinn deutlich: So ist doch die Unterstellung, die eigene Regierung sei Teil einer jüdisch mitbestimmten Weltverschwörung, das maximale Misstrauensvotum. Und so konnten wir schon im Frühjahr 2020 – noch bevor überhaupt die ersten Anti-Covid19-Maßnahmen beschlossen worden waren – prognostizieren, dass sich in Deutschland Menschen versammeln würden, die den gewählten Regierungen nicht nur Inkompetenz, sondern auch Verschwörungen unterstellen würden.

(mehr …)