Transformatives Regieren: Über modernes Führen in der ampeligen Lern-Koalition

Prof. Dr. Karl-Rudolf Korte, der an der NRW School of Governance an der Universität Duisburg-Essen lehrt und forscht, wirft einen Blick auf das Regieren der Ampel-Koalition und ihr ambitioniertes Transformationsvorhaben, eine Wachstumsgesellschaft in eine digitale sozial-ökologische Nachhaltigkeitsgesellschaft zu katapultieren. Wie lässt sich das Regieren zu dritt vor diesem Hintergrund beschreiben?

Wie umarmt man Widersprüche – zumal zu dritt? Die Berliner Ampel-Koalition macht es vor. Sie löst damit ein, was im Sondierungspapier von SPD, Grünen und FDP angelegt war: „…politische Frontstellungen aufzuweichen und neue politische Kreativität zu entfachen.“ Das gilt nicht nur für das Alltagshandeln der Spitzenakteure, sondern offensichtlich auch für die Maßstäbe der Beurteilung der Ampel-Regierung. Denn eine Klarheit gegenüber einer lagerübergreifenden Koalitionsregierung existiert nicht.

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Kontinuität statt Zwangsheirat?

Ist Nordrhein-Westfalen ein völlig neuartiges, künstliches Produkt der Zeitumstände, ohne Vorgeschichte und Traditionen, eine Erfindung der Briten? Dieses Bild wirkt bis heute. Schaut man in die ältere Literatur zur Vor- und Gründungsgeschichte Nordrhein-Westfalens, fällt rasch auf, dass es bereits in den 1920er Jahren verschiedene Pläne zur Neuordnung des Deutschen Reiches die Idee zur Gründung eines rheinisch-westfälischen Bundesstaates entwicklen, erklärt Dr. Guido Hitze von der Landeszentrale für politische Bildung Nordrhein-Westfalen.

Eigentlich ist die Sache seit langem klar: Nordrhein-Westfalen, dieses Land des ständigen Wandels, dieses Land, welches Zeit seiner Existenz permanenten, mitunter parallel verlaufenden Transformationsprozessen ausgesetzt ist, dieses Land ist selbst entstanden aus einem – fremdbestimmten – Transformationsakt der britischen Besatzungsmacht nach dem Zweiten Weltkrieg. Die „Operation Marriage“, die berühmte Verordnung Nr. 46, oktroyierte im August 1946 die Vereinigung der Reste der preußischen Rheinprovinz, genauer deren nördlichem Teil, mit der Provinz Westfalen. Im Januar 1947 kam dann noch der Freistaat Lippe als dritter Teil hinzu. Fertig war Nordrhein-Westfalen und damit ein völlig neuartiges, künstliches Produkt der Zeitumstände, ohne Vorgeschichte und Traditionen, kurz: Ein Ergebnis eines umfassenden Wandels der politischen Verhältnisse. Dieses Bild ist populär und wirkt bis heute.

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Gewissheitsschwund: Die Provokation der Freiheit

Prof. Dr. Karl-Rudolf Korte von der NRW School of Governance an der Universität Duisburg-Essen wirft einen Blick auf die Regierungserklärung der Ampel-Koalition nach dem russischen Angriff auf die Ukraine. Wie hat sich durch die Regierungserklärung Sprachgewinn in Machtgewinn übersetzt? Wie konnte das Medium Sprache in diesem Moment als Legitimation für Macht dienen?

„Wir werden es verteidigen.“ So endete die Regierungserklärung zur „Zeitenwende“ von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) am Sonntag, den 27. Februar 2022 vor dem Deutschen Bundestag. Gemeint war die Verteidigung des „freien und offenen, gerechten und friedlichen Europas“. Doch anders als sonst war der Imperativ des Kanzlers keine rhetorische Routineformulierung. Allen Zuhörerinnen und Zuhörern war vielmehr klar, dass der Verteidigungsfall der Bundesrepublik Deutschland eintreten kann.

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Oppositionslose Zeiten im Saarland? Einschätzungen zum Wahlausgang am Freitag vor der Wahl

Prof. Dr. Karl-Rudolf Korte ist Professor für Politikwissenschaft an der Universität Duisburg-Essen und Direktor der NRW School of Governance an der Universität Duisburg-Essen. Seine Forschungsschwerpunkte liegen in der Regierungs-, Parteien- und Wahlforschung.

 

Die Landtagswahlen im Saarland erfolgen im Schatten des Krieges. Knapp eine Million Wahlberechtigte degradieren das Ereignis eher zur Kommunalwahl. Doch das täuscht. Denn in der Freiheit wird sichtbar, wie sich die Politikerinnen und Politiker um jeden einzelnen Wähler werbend bemühen müssen. Und das ist nicht abhängig davon, wie viele gerade wahlberechtigt sind. Wahlen befristen in der Demokratie Macht auf Zeit.

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Verhandlungspositionen im Bundesrat

© Bundesrat

Auf Bundesebene regiert seit der letzten Bundestagswahl die Ampel-Koalition. Dennoch kann es der Union aktuell gelingen, bestimmte Vorhaben der Regierung über den Bundesrat zu blockieren. Doch das kann sich mit den kommenden Landtagswahlen in vier Bundesländern ändern. Dr. Knut Bergmann und Dr. Christian Rusche vom Institut der deutschen Wirtschaft (IW) analysieren spieltheoretisch, wie diese Wahlen ausgehen müssten, damit die Ampel-Koalition durchregieren kann bzw. die Union weiterhin über Blockadepotenzial verfügt.

Mit der Vereidigung der sogenannten Ampelregierung aus SPD, GRÜNE und FDP unter Bundeskanzler Olaf Scholz im Dezember 2021 konnte erstmals seit 2005 die CDU aus der Bundesregierung verdrängt werden. Dennoch hat die Union aus CDU und CSU weiterhin eine Möglichkeit über ihre Mehrheit im Bundesrat Einfluss auszuüben. Der Bundesrat stellt dabei die zweite wichtige Säule der Legislative der Bundesrepublik dar und ermöglicht es, die Interessen der Bundesländer auf Bundesebene einzubringen. Doch die anstehenden vier Wahlen auf Ebene der Bundesländer im Jahr 2022 haben durchaus das Potenzial, die Position der Ampelregierung auch im Bundesrat deutlich zu stärken.

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Zum Steigenden Einfluss der Briefwahl

Lukas Birkenmaier von der GESIS – Leibniz-Institut für Sozialwissenschaften in Mannheim, Stefan Haußner und Michael Kaeding von der Universität Duisburg-Essen werfen einen Blick auf die steigenden Stimmabgaben per Briefwahl. Obwohl im Vorfeld der Wahl der Anstieg der Briefwahl thematisiert und problematisiert wurde, blieb im Nachgang der Wahl eine Diskussion über die Konsequenzen dieser Entwicklung aus. Welche Erkenntnisse lassen sich aus einer Auswertung der Briefwahlergebnisse ableiten?

Die Möglichkeit der Briefwahl wird immer beliebter. Während bei der Einführung der Briefwahl zur Bundestagswahl 1957 noch 4,9 Prozent aller Wahlberechtigten ihre Stimme per Brief abgaben, waren es 2017 bereits 28,6 Prozent. Bei der Bundestagswahl 2021 hat sich diese Entwicklung, auch befördert durch die globale COVID-19 Pandemie, noch einmal verstärkt. Mit einem beispiellosen Zuwachs von 18,7 Prozentpunkten gaben bundesweit 47,3 Prozent aller Bürger*innen ihre Stimme per Briefwahl ab.

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Die Ampel-Koalition

Prof. Dr. Stephan Bröchler, der an der Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin lehrt und forscht, wirft einen Blick auf das Novum der Ampel-Koalition auf Bundesebene. Wie kam dieses neue Regierungsbündnis zustande? Welche Regierungsprojekte geht das neue Bündnis an und welchen Herausforderungen begegnet die Ampel im politischen Prozess?

Die seit dem 8. Dezember 2021 im Amt befindliche neue Bundesregierung stellt einen spannenden Gegenstand für die moderne Regierungsforschung dar. Die Ampel ist ein Novum. Die Bundesrepublik Deutschland wird erstmals von einem echten Dreierbündnis aus SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP regiert. Dabei sah es lange Zeit nicht danach aus, dass es am Ende auf eine Ampel-Koalition hinauslaufen würde. Andere Bündnisse, besonders aus Union und Grünen oder eine Jamaica-Koalition, schienen wahrscheinlicher.

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Mauro F. Guillén: 2030. Die Welt von morgen.

Laut Jürgen Turek, der Senior Fellow am Centrum für angewandte Politikforschung an der Ludwig-Maximilians-Universität München und Inhaber der Turek Consultant ist, liegen die Stärken von Mauro F. Guilléns Buch “2030. Die Welt von morgen” im weit gefassten Blick, der Verknüpfungen zwischen lokalen, nationalen und globalen Betrachtungswinkeln verknüpft, und in der Verständlichkeit. Eine klare Leseempfehlung für alle, die an Zukunftsszenarien interessiert sind!

Die Uhr kann nicht zurückgedreht werden. Und sie tickt gnadenlos in einer Zeit der großen Disruption. Die Menschen erleben einen sozioökonomischen Big-Bang. Sie werden mit verwirrenden neuen Wirklichkeiten konfrontiert. Oftmals regiert die Angst, den herannahenden Veränderungen zunehmend hilflos ausgeliefert zu sein. Doch dies, so sagt es der spanische Wirtschaftswissenschaftler Mauro F. Guillén, muss nicht so sein. Es benötige vielmehr eines Fahrplans auf der Grundlage eines lateralen Denkens, um verschiedene Prognosen in unterschiedliche Szenarien und Szenarien in Verhaltensweisen und Strategien umsetzen zu können. Nicht mehr und nicht weniger verspricht er mit seinem Buch „2030. Die Welt von Morgen“.

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Call for Papers: Transformation, Politikwandel und die Landtagswahlen 2022

Transformation und Wandel werden in den kommenden Jahren zentrale Relevanz für Politik und Gesellschaft in der Bundesrepublik haben. Dies hat insbesondere die neue Ampel-Regierung im Koalitionsvertrag unter dem Motto „Mehr Fortschritt wagen“ verdeutlicht. Die langfristige Überwindung der Pandemiefolgen, die Bewältigung der Klimakrise, der Umgang mit gesellschaftlicher Polarisierung, Spaltung und sozialer Ungleichheit – diese und viele weitere Herausforderungen erfordern Kreativität und ein Umdenken. Beispielhaft lassen sich vier große „D“ der Transformation nennen, die in den nächsten Jahren zentrale Richtschnur politischen wie gesellschaftlichen Handelns sein werden: Dekarbonisierung, Digitalisierung, Demografie und Demokratie.

Vor diesem Hintergrund soll der Schwerpunkt „Transformation, Politikwandel und die Landtagswahlen 2022“ sowohl Transformation und Politikwandel im Bund, aber insbesondere auch mit Blick auf die oben aufgezählten Landtagswahlen beleuchten. Gesucht werden hierfür Kurzanalysen, Essays und Forschungspaper. Der Schwerpunkt startet im Frühjahr 2022.

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Der Bundespräsident als Anwalt der Zumutungen: Über die Gestaltungsmacht von Frank-Walter Steinmeier

Prof. Dr. Karl-Rudolf Korte ist Professor für Politikwissenschaft an der Universität Duisburg-Essen und Direktor der NRW School of Governance an der Universität Duisburg-Essen. Seine Forschungsschwerpunkte liegen in der Regierungs-, Parteien- und Wahlforschung.

 

Da Bundespräsidentenwahlen häufig als Vorboten des Wandels für den Parteienwettbewerb interpretiert werden, kam dem 12. Februar 2017 eine besondere Bedeutung zu. Der innere Zusammenhang zwischen dem Ausgang der Bundespräsidentenwahl in der Bundesversammlung und dem die Bundesregierung tragenden Parteienbündnis ist evident. Zumal wenn, wie nur selten zuvor, lediglich sieben Monate beide Wahltermine voneinander trennten. Zwischen der anstehenden Wahl des Bundespräsidenten am 13. Februar 2022 und der zurückliegenden Bundestagswahl liegen diesmal sogar nur fünf Monate.

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