Baden-Württemberg im Umbruch

Prof. Dr. Ulrich Eith von der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg und dem Studienhause Wiesneck, Institut für politische Bildung Baden-Württemberg e.V. wirft noch mal einen Blick auf die Landtagswahlen in Baden-Württemberg vom 14. März 2021. Wie lassen sich die Ergebnisse im landespolitischen Kontext und der jüngeren Vergangenheit einordnen? Wie steht es perspektivisch um die Stellung der Grünen in einem Bundesland, das jahrzehntelang massgeblich von der CDU geprägt wurde?

In den letzten 15 Jahren hat Baden-Württemberg einen zuvor kaum für möglich gehaltenen politischen Wandel erfahren. Über Jahrzehnte hinweg prägte maßgeblich die CDU die Politik des Landes. Von 1953-2011 stellte sie den Ministerpräsidenten, ab 1972 sogar für zwanzig Jahre aus eigener Kraft ohne Koalitionspartner. Und auch für die Liberalen galt der Südwesten in den ersten zwei Jahrzehnten noch als politisches Stammland mit konstant zweistelligen Wahlergebnissen. Seit 2011 jedoch regiert mit Winfried Kretschmann als Ministerpräsident ein Grüner Baden-Württemberg

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Fortschritte bei der Digitalisierung im Kontext politisch-administrativen Lernens durch Covid-19

Die Pandemie scheint geradezu ein Treiber für die Digitalisierung zu sein und diese offenkundig voranzubringen. PD Dr. Markus Reiners, der an der Leibniz Universität Hannover lehrt und forscht, liefert eine wissenschaftliche Einbettung zu dieser Entwicklung. Lerntheoretische Ansätze und Ansätze des akteurzentrierten Institutionalismus können einander ergänzen, um Konstellationen herauszuarbeiten, in denen Lernprozesse wahrscheinlich sind.

Spricht man über Digitalisierung, so blickt man auf ein weites Feld. Erfasst sind zum Beispiel die Digitalisierung der Verwaltung, der Gesundheitsbereich, die Bereiche Verkehr und Mobilität, Wirtschaft und Industrie, die digitale Bildung, die Bereiche Umwelt und Energie oder die Kapitel Künstliche Intelligenz oder Smart Cities. Immer noch ist Deutschland in Europa und der Welt abgeschlagen. Neue Wege zu gehen ist nicht leicht und verlangt nach systemischen Voraussetzungen, ausgetretene Pfade zu verlassen. Jetzt scheint die Chance im Zuge der Pandemie rund um Covid-19 gegeben.

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Politikmanagement in Zeiten der Corona-Krise

Mit ihrer Fernsehansprache zur Corona-Pandemie erregte Kanzlerin Merkel große Aufmerksamkeit. Denn normalerweise beschränkte sich ihre Nutzung dieses Kommunikationsmittels eher auf die jährliche Neujahrsansprache. Benedikt Franzen, der Mitarbeiter im Ministerbüro des Ministeriums des Innern des Landes Nordrhein-Westfalen ist, entwickelt ein Modell, um diesen Strategiewechsel zu erklären und politikwissenschaftlich einzuordnen.

„Diese Pandemie ist eine demokratische Zumutung“ (Merkel 2020b), erläuterte Bundeskanzlerin Angela Merkel in ihrer ersten Regierungserklärung zur Corona-Pandemie im April 2020 im Deutschen Bundestag. Die nationalen sowie internationalen Folgen der Ausbreitung des Coronavirus sind in der Tat in mehrerlei Hinsicht außergewöhnlich und stellen die politisch verantwortlichen Spitzenakteure in bislang unbekanntem Ausmaß vor Entscheidungszumutungen unter Unsicherheitsbedingungen. Es ist nicht untertrieben, wenn die Kanzlerin die Auswirkungen des Virus im ZDF-Interview am 4. Juni 2020 als „die schwerste Krise seit Bestehen der Bundesrepublik Deutschland“ (Süddeutsche Zeitung 2020) bezeichnet. (mehr …)

Die Zivilgesellschaft muss es richten: Wie die dramatische Vergrößerung des Bundestags trotz der gescheiterten Reform der Großen Koalition vermieden werden kann

Prof. Dr. Joachim Behnke, der an der Zeppelin Universität in Friedrichshafen lehrt und forscht, simuliert auf der Basis von Umfragedaten, wie groß der Bundestag nach der Wahl im September werden könnte. Dabei zeigt sich, dass die Wahlrechtsreform der Großen Koalition nur geringe Auswirkungen auf die Anzahl der Mandate hat. Die Zivilgesellschaft könnte durch gemeinwohlorientiertes Strategisches Wählen richten, was die Reform versäumt, und können Wählerinnen und Wähler mit ihrem Wahlverhalten Einfluss nehmen auf die Zahl der Mandate.

Bei der Bundestagswahl von 2017 vergrößerte sich der Bundestagswahl aufgrund von Überhang- und Ausgleichsmandaten ausgehend von der regulären Sitzgröße von 598 Sitzen um 111 Mandate auf 709 Sitze. Dies war die mit Abstand dramatischste Sitzvergrößerung in der Geschichte des Bundestags. Ursache war, dass es 2017 mit insgesamt 46 Überhangmandaten so viele Überhangmandate gab wie nie zuvor. Da diese seit dem Wahlgesetz von 2013 ausgeglichen werden müssen, kam es zu der Gesamtvergrößerung in der genannten Größenordnung.

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Die FDP, nach allen Seiten offen

Prof. Dr. Karl-Rudolf Korte von der NRW School of Governance an der Universität Duisburg-Essen analysiert die Ausgangslage für die FDP in diesem Superwahljahr. Die FDP beweist in drei Landesregierungen, dass sie mulitkoalitionsfähig ist. Darüber hinaus könnten Missmanagement im Umgang mit der Pandemie und die kippende Stimmung der Oppositionspartei zu Gute kommen und vergrößert sich ihr liberales Potential für Wähler, die einen besser arbeitenden und effizienteren Staat wünschen.

Bricht wieder Gelb-Fieber vor der Bundestagswahl aus? Das war 2017 durchaus messbar, wenngleich es damals kein Virus war, sondern leidenschaftliche Begeisterung. Die FDP lag vor den Grünen! Lindner hatte mit einer modernen, stellenweisen kultigen Mobilisierungskampagne, die außerparlamentarische, gedemütigte FDP in den Bundestag zurückgeführt. Doch der Lindnerismus endete abrupt nach dem unerwarteten Rückzug aus den turbulenten Jamaika-Verhandlungen.

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Nach der Wahl ist vor der Wahl – Rheinland-Pfalz im Superwahljahr 2021

Prof. Dr. Manuela Glaab, die an der der Universität Koblenz-Landau lehrt und forscht, analysiert die zurückliegenden Landtagswahlen in Rheinland-Pfalz. Während die SPD auf die beliebte Ministerpräsident Malu Dreyer als Zugpferd im Wahlkampf setzen konnte, gelang es den anderen Parteien nicht, eine überzeugende Alternative anzubieten. Welche Signalwirkung könnten die Koalitionsverhandlungen nun Richtung Bundesebene senden?

Die zurückliegenden rheinland-pfälzischen Landtagswahlkämpfe haben eine Gemeinsamkeit: Sie alle standen unter dem Eindruck von Krisenereignissen weitreichenden Ausmaßes. 2011 brachte die Reaktorkatastrophe von Fukushima die Trendwende zum grünen Wahlerfolg; 2016 katapultierte die Flüchtlingskrise die AfD ins Landesparlament; und 2021 ist die Covid 19-Pandemie das alles beherrschende Thema. Im Unterschied zu den beiden vorigen Wahljahren hatte dies heuer auch gravierende Konsequenzen für die Wahlkampagnen: Der Wahlkampf konnte aufgrund des Lockdowns nur mit Einschränkungen geführt werden.

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Das Ende des Merkelismus – der Anfang von…?

Prof. Dr. Karl-Rudolf Korte von der NRW School of Governance an der Universität Duisburg-Essen wirft einen Blick auf das Superwahljahr 2021, das durch die Corona-Pandemie und das Krisenmanagement der Regierung geprägt ist. Nach den Enttäuschungen und der Erschöpfung kann profitieren, wer sich als Spielmacher des Neuen zu erkennen gibt.

Wer führt, gewinnt. Doch Führung, die auf Verantwortung setzt, haben wir uns abgewöhnt. Wir warten lieber vorsichtig ab, bis sich was entwickelt. Jede Entscheidung – in Politik und Verwaltung – könnte sich am Ende als falsch herausstellen, deshalb fällt sie erst gar nicht. Wir sind als Deutsche durchaus Resilienz-Weltmeister, im Sinne einer Veränderungsfähigkeit. Doch viele begeistert nur die strahlende Aussicht auf Veränderung, nicht die Bereitschaft, sich tatsächlich zu ändern. So folgen wir eher routiniert einem Plan, statt mit heroischer Führung spontan Probleme zu lösen.

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Momentum oder Moment der Wahrheit?

Moritz Heuberger und Josephine Freund von der Universität Potsdam werfen einen Blick auf die Digitalisierung der Verwaltung. Viele Bürgerinnen und Bürger können von seltsamen Erfahrungen mit Verwaltungen berichten und ging die Meldung, dass Gesundheitsämter zum Teil auf das Fax zurückgreifen müssen während der Corona-Pandemie durch alle Medien. Hat sich durch die Pandemie etwas geändert? Interviewdaten ermöglichen Einblicke zur konkreten Nutzung digitaler Möglichkeiten in der Verwaltung und den positiven und negativen Erfahrungen damit.

Die Digitalisierung der Verwaltung wird in den vergangenen Jahren nicht nur in der verwaltungswissenschaftlichen Literatur, sondern auch in der praktischen Umsetzung in Deutschland viel diskutiert – nicht zuletzt durch den Druck des Onlinezugangsgesetz (OZG), das die Digitalisierung der wichtigsten Verwaltungsleistungen für Bürger:innen und Unternehmen bis Ende 2022 vorschreibt und für einiges an Dynamik gesorgt hat. Gleichzeitig ist Deutschland bekannt für seine oft ungenügend digital aufgestellte Behördenlandschaft

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Mit Schwung von der Startrampe

Gerd Mielke von der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz und Fedor Ruhose, der Geschäftsführer der SPD-Fraktion im Landtag Rheinland-Pfalz ist, werfen einen Blick auf die Landtagswahlen in Rheinland-Pfalz, die für die SPD ein klarer Sieg waren. Neben der Sachkompetenz, die Wählerinnen und Wähler der SPD in vielen Bereichen zuschrieben, spielte auch die Spitzenkandidatin Malu Dreyer und die auf sie zugeschnittene Wahlkampagne eine Rolle für das gute Abschneiden der SPD.

Landtagswahlen werden immer wieder von Bundestrends bestimmt, sie selbst sind aber auch immer mit einer bundesweiten Bedeutung aufgeladen. Am 14. März 2021 fanden solche Landtagswahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz statt. Hier soll am Beispiel der rheinland-pfälzischen SPD nach den Besonderheiten dieser Wahl und den Perspektiven, die daraus auf der Bundesebene entstehen analysiert werden.

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Was Wähler zu wissen glauben

Prof. Dr. Karl-Rudolf Korte von der NRW School of Governance an der Universität Duisburg-Essen wirft einen Blick auf Wahlprogramme. Die langen Versionen, die bald für die Bundestagswahl 2021 veröffentlicht werden, dienen der Selbstverständigung der Parteien und schaffen innerparteiliche Einheit. Doch was ist mit den Wählerinnen und Wählern? Viele kennen die Wahlprogramme nicht und achten eher auf medienvermittelte Bilder.

Alles ist auf Zeit angelegt. Aber gilt das auch für Wahlversprechen? Wahlprogramme beschreiben als Visitenkarten der Parteien zeitliche Projekte. Das gilt auch für Wahlen unter den Bedingungen der Pandemie. Wahlprogramme sind als kondensierte Wahlversprechen Momentaufnahmen mit baldigem Verfallsdatum. Doch das ist nur die halbe Wahrheit. Denn Wahlprogramme dienen in ihrer über Wochen in Parteigremien ausgearbeiteten Langversion immer auch der Selbstverständigung. Wahlversprechen sind insofern strategische Instrumente der Wählermobilisierung. Ohne Wahlprogramm ist eine Partei nicht mobilisierungsfähig.

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