Wahlen und Regieren in der Distanz-Demokratie

Die Corona-Pandemie stellt die politischen Systeme vor große Herausforderungen. In Zeiten von Abstandsregeln und Kontakteinschränkungen scheinen alltägliche politische Abläufe kaum mehr möglich. Können Wahlen als reine Briefwahlen stattfinden? Abläufe bei Wahlen – wie bei der Kommunalwahl in NRW oder bei den US-Präsidentschaftswahlen – werden nicht wie sonst stattfinden können. Nicht nur der Wahlakt selbst – ob als Briefwahl oder im Wahllokal – wird anders sein. Auch der Wahlkampf kann nicht wie gewohnt ablaufen.

Nicht nur Wahlen, auch das Regieren hat mit Schwierigkeiten zu kämpfen. So können große Parteitage erstmal nur digital stattfinden und kann im Digitalen nicht über Kandidaten und Listen abgestimmt werden. Außerdem erleben in Pandemiezeiten Verschwörungstheorien Aufwind und zweifeln Maßnahmen öffentlichkeitswirksam an. Doch dabei bleibt es nicht: Auch die Abläufe in der Verwaltung können nicht mehr wie unter normalen Umständen stattfinden und die Entscheidungen der Politik durchsetzen.

Der Schwerpunkt Wahlen und Regieren in der Distanz-Demokratie soll viele dieser Herausforderungen beleuchten und Einblicke in das politische Handeln während der Corona-Pandemie bieten.

Sollten Sie spannende Einblicke in den Themenschwerpunkt in Form von Forschungspapieren, Essays oder Arbeitspapieren verfassen oder bereits vorliegen haben, freuen wir uns über Ihren Beitrag. Mehr Informationen dazu gibt Ihnen Julia Rakers (julia.rakers@uni-due.de).

Regieren in der Corona-Krise

Dr. Michael Blume, der Beauftragter der Landesregierung Baden-Württemberg gegen Antisemitismus ist, und Alina Dorn, Fachreferentin im Büro des Beauftragten im Staatsministerium Baden-Württemberg, werfen einen Blick auf Verschwörungsmythen und das Regieren während der Corona-Pandemie. Obwohl das Vertrauen vieler Bürgerinnen und Bürger in die Pandemie-Bewältigung zu Anfang hoch war, versammelten sich bereits während der ersten Welle Querdenker zu Demonstrationen gegen die Maßnahmen. Wie kann können Regierung und Abgeordnete mit solchen Tendenzen umgehen?

Fortschritte bei der Digitalisierung im Kontext politisch-administrativen Lernens durch Covid-19

Die Pandemie scheint geradezu ein Treiber für die Digitalisierung zu sein und diese offenkundig voranzubringen. PD Dr. Markus Reiners, der an der Leibniz Universität Hannover lehrt und forscht, liefert eine wissenschaftliche Einbettung zu dieser Entwicklung. Lerntheoretische Ansätze und Ansätze des akteurzentrierten Institutionalismus können einander ergänzen, um Konstellationen herauszuarbeiten, in denen Lernprozesse wahrscheinlich sind.

Politikmanagement in Zeiten der Corona-Krise

Mit ihrer Fernsehansprache zur Corona-Pandemie erregte Kanzlerin Merkel große Aufmerksamkeit. Denn normalerweise beschränkte sich ihre Nutzung dieses Kommunikationsmittels eher auf die jährliche Neujahrsansprache. Benedikt Franzen, der Mitarbeiter im Ministerbüro des Ministeriums des Innern des Landes Nordrhein-Westfalen ist, entwickelt ein Modell, um diesen Strategiewechsel zu erklären und politikwissenschaftlich einzuordnen.

Momentum oder Moment der Wahrheit?

Moritz Heuberger und Josephine Freund von der Universität Potsdamwerfen einen Blick auf die Digitalisierung der Verwaltung. Viele Bürgerinnen und Bürger können von seltsamen Erfahrungen mit Verwaltungen berichten und ging die Meldung, dass Gesundheitsämter zum Teil auf das Fax zurückgreifen müssen während der Corona-Pandemie durch alle Medien. Hat sich durch die Pandemie etwas geändert? Interviewdaten ermöglichen Einblicke zur konkreten Nutzung digitaler Möglichkeiten in der Verwaltung und den positiven und negativen Erfahrungen damit.

Wahlen und Wahlkampf in Zeiten der COVID-19-Krise

Prof. Dr. Lars Holtkamp, Benjamin Garske und Frederik Müller von der FernUniversität Hagen präsentieren erste Ergebnisse ihrer Befragung von Kandidierenden zur (Ober-)Bürgermeister_innenwahlen in NRW im vergangenen Herbst. Wie haben Kandidierende den Wahlkampf während der Corona-Pandemie wahrgenommen? Die Auswirkungen der Pandemie auf Wahl und Wahlkampf werden von einzelnen Kandidierendengruppen – trotz einiger Überschneidungen – recht unterschiedlich bewertet. Doch nicht nur zwischen Amtsinhaber_innen und Kandierenden ohne Amt zeigen sich Unterschiede; auch getrennt nach Einwohnerzahl fallen die Bewertungen unterschiedlich aus.

Nach Trump – was macht Fox News?

Prof. Dr. Klaus Kamps, der an der Hochschule der Medien in Stuttgartforscht, wirft einen Blick auf den TV-Sender Fox News. Durch die Anerkennung des demokratischen Wahlerfolgs zog sich der Sender nicht nur den Zorn Trumps auf sich, sondern auch den Ärger seiner Wählerschaft und hatte in der Folge mit sinkenden Zuschauerzahlen zu kämpfen – sogar bei den führenden Ideology Talks. Mit großer Spannung erwartete man also die Programmentscheidungen im Januar, die keine moderateren Wege erahnen lassen als bisher. Wie ging es nach der Abwahl Trumps mit “seinem” Sender weiter und in welche Richtung weisen diese Entwicklungen?

Der abgesagte „Civil War“

Dr. Philipp Adorf, der an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn lehrt und forscht, analysiert den Zustand der US-Republikaner nach dem Ausscheiden Donald Trumps aus dem Amt: Auch nach dem Ende der Trump-Präsidentschaft deuten die Ansichten der Republikanischen Wählerschaft darauf hin, dass Trump und seine Anhänger den Kurs der Partei weiter bestimmen. In der Partei stehen sich “Never-Trumper” und Trump-Befürworter gegenüber. Wo steht die Republikanische Partei also einen Monat nach dem Ende der Trump-Präsidentschaft?

Alles auf Anfang?

Christoph Bieber von der NRW School of Governance an der Universität Duisburg-Essen und Klaus Kamps von der Hochschule der Medien in Stuttgart lassen die turbulente Übergangsphase von Donald Trump zu Joe Biden Revue passieren und skizzieren wichtig Formalien des Verfahrens. Dabei werfen sie auch einen Blick auf die Stichwahlen in Georgia, bei denen die Demokraten punkten konnten, und setzen sich mit der Gesetzesvorlage zur Neuregelung des Wahlsystems auseinander. Wäre damit ein Neustart der Demokratie in den USA möglich und könnte Joe Biden es schaffen, die polarisierten Staaten zu einen?

Krisengetriebener Realismus Deutschlands und verstärktes Coreper

Stefan Haußner, der an der Universität Duisburg-Essen lehrt und forscht, betrachtet die europäische Ebene während der Corona-Pandemie. Mit welchen Herausforderungen sahen sich die europäischen Institutionen, insbesondere der Rat der EU, konfrontiert? Auch wenn ein physisches Treffen der Ratskonstellationen kaum möglich war, gelang es über den Ausschuss der Ständigen Vertreter und die starke Nutzung informeller Videoformate arbeitsfähig zu bleiben. Dabei lagen große Erwartungen auf der deutschen Ratspräsidentschaft, die letztlich ihre Agenda überarbeiten musste.

Wahlausgang mit gegenläufigen Botschaften

Dr. Martin Thunert vom Heidelberg Center for American Studies der Universität Heidelberg ordnet die Ergebnisse der US-Präsidentschaftswahl vor dem Hintergrund der letzten Ereignisse ein. Gab es zunächst auf beiden Seiten Gewinner und Verlierer, so heißt der große Verlierer der Wahlen inzwischen Donald Trump. Mit Attacken auf Mitglieder der eigenen Partei sorgte er dafür, dass die Republikaner bei den Stichwahlen in Georgia unter ihren Möglichkeiten blieben und sich den Demokraten geschlagen geben mussten. Welche gegenläufigen Botschaften lassen sich den Wahlergebnissen entnehmen? Und: Wie kam es dazu, dass der große Verlierer inzwischen Trump heißt?

Bürgermeisterwahlen in NRW 2020

Dr. David H. Gehne, der am Zentrum für interdisziplinäre Regionalforschung an der Ruhr-Universität Bochum forscht, wirft einen Blick auf die Bürgermeisterwahlen in Nordrhein-Westfalen. 2020 fanden die Bürgermeisterwahlen und die Stichwahlen unter den Bedingungen der Corona-Pandemie statt. Trotz dieser bisher einzigartigen Umstände lassen sich bei der Auswertung der Ergebnisse keine besonders großen Veränderungen im Vergleich zu 2014/2015 feststellen.

Apocalypse Now?!

Martin Florack, der als Projektleiter beim Landtag Rheinland-Pfalz in Mainz arbeitet, nimmt noch einmal die US-Präsidentschaftswahlen in den Blick, die einem Entscheidungskampf um die Zukunft der globalen Demokratie anmuteten. Nun kann man drei Lehren aus der US-Wahl ziehen, die auch für den deutschen Kontext interessant sein können. So scheint die Krise eine Krise der Repräsentation – und nicht der Demokratie an sich – zu sein und müssen Institutionen gepflegt werden. Außerdem existiert Polarisierung nicht einfach als Tatsache, sondern gibt es Katalysatoren ebenjener.

Auf Abstand: Herausforderungen und Herausforderer im Kontext der US-Präsidentenwahl 2020

In den letzten Jahren die Polarisierung in den USA eindeutig verschärft. Hiervon zeugt eine Vielzahl politischer Konflikte, die sich allein schon während des Wahljahrs 2020 entfacht haben – ob im Zuge des Amtsenthebungsverfahrens gegen den Präsidenten Ende 2019, der Black Lives Matter Proteste und der teils gewalttätigen Gegenreaktionen im Sommer 2020 und nicht zuletzt der anhaltenden Covid-19-Pandemie. Für die Herausforderer-Partei, die Demokraten, die Dr. Jared Sonnicksen von der TU Darmstadt hier in den Blick nimmt, stellten sich besondere Herausforderungen bei dieser außergewöhnlichen Präsidentenwahl 2020.

Die USA kurz vor der Wahl: Zur Qualität von Wahlen und Wahlkämpfen

Kristina Weissenbach, die an der University of Washington und der Universität Duisburg-Essen forscht, gibt einen Überblick über drei Herausforderungen bei der kommenden US-Präsidentschaftswahl. Zum einen wird um die Post und die Briefwahl gestritten. Zum anderen stritten sich die Kandidaten im TV-Duell derartig, dass der informative Charakter des Formates verloren ging. Zudem ist unklar, wie Präsident Trump auf den Ausgang der Wahl reagiert. Wird er eine Niederlage anfechten?

1968 – Campaigning in unruhigen Zeiten oder: Von Nixon zu Trump

Prof. Dr. Klaus Kamps von der Hochschule der Medien in Stuttgart erklärt, dass nicht nur der diesjährige Wahlkampf in unruhigen Zeiten stattfindet. Auch die 1969er Jahre waren ein Jahrzehnt des Umbruchs und entwickelten die Wahlkampfteams um Richard Nixon und andere Präsidentschaftskandidaten neue Strategien des Campaignings, auf die auch Donald Trump im aktuellen Wahlkampf verweist. Welche Elemente aus dem Nixon-Wahlkampf haben Eingang in den Wahlkampf von Donald Trump gefunden? Und was macht The Donald anders als seine Vorgänger?

Wahlkampf in den USA: Der entfesselte, unmaskierte Präsident

Dr. Patrick Horst von der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn wirft einen Blick auf den Wahlkampf der Republikaner und Präsident Trump. Statt “Keep America great” steht inzwischen die schwache Führung Trumps während der Corona-Pandemie im Zentrum des Wahlkampfs und schwächelt der Präsident in Umfragen und Prognosen. Wie stehen die Chancen, dass sich das Blatt noch wendet?

 

Parteiarbeit jenseits der Kaffeepause

Dr. Isabelle Borucki, Dennis Michels und Stine Ziegler, die an der NRW School of Governance an der Universität Duisburg-Essen zu Parteien im digitalen Wandel forschen, beschreiben, dass die Corona-Pandemie den bereits bestehenden Bemühungen der Parteien im Bereich Digitalisierung Vorschub geleistet hat. Parteien haben sich also experimentierfreudiger gezeigt, als oft behauptet wird. Ein Wermutstropfen bleibt jedoch: digitale Parteitage können bisher keine persönlichen Begegnungen und spontane Gespräche abseits der offiziellen Tagesordnung ersetzen.

Wahlen auf Abstand

Dr. Heike Merten vom Instituts für Deutsches und Internationales Parteienrecht und Parteienforschung (PRuF) an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf erklärt, warum ein Verschieben der Kommunalwahlen in NRW aus juristischer und demokratischer Sicht schwierig zu begründen gewesen wäre. Somit war selbst vor dem Hintergrund der Coronapandemie das oft geforderte Verschieben der Wahl keine realistische Option. Trotzdem haben sich die bisherigen Strukturen der Wahlvorbereitung und -durchführung in Zeiten von Abstandsgeboten bewährt und als anpassungsfähig erwiesen.

Entvölkerte Wahllokale – Trotz oder wegen der Pandemie?

Frederik Orlowski, der an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf forscht, wirft einen Blick auf die rechtlichen Rahmenbedingungen der Briefwahl. Denn durch die Corona-Pandemie wurden immer wieder Stimmen zum “Wählen auf Distanz” laut, um sich selbst und andere vor einer Infektion zu schützen, ohne die Wahlen verschieben zu müssen. Was sieht das Wahlrecht vor und welche Probleme birgt eine Briefwahl? Ist sie in Pandemiezeiten trotz dieser Probleme eine Alternative, um demokratische Wahlen abzuhalten?

In der Ruhr liegt die Kraft: Ein eigenes Parlament für das Revier!

Am 13. September stimmen die Bürgerinnen und Bürger des Ruhrgebiets nicht nur über die Zusammensetzung einer Vielzahl von kommunalen Gremien ab, sondern wählen erstmals in einer direkten Wahl das Ruhrparlament. Laura Bieder von der NRW School of Governance an der Universität Duisburg-Essen gibt einen Überblick zu diesem Thema. Was macht der Regionalverband Ruhr und welche Rolle hat das Ruhrparlament?

 

Wahl-Kompass zur erstmaligen Direktwahl des Ruhrparlaments 2020

Am 13. September wählen die Bürgerinnen und Bürger des Ruhrgebiets nicht nur Stadt- und Gemeinderäte, sondern stimmen auch erstmals über die Zusammensetzung des Ruhrparlamentes ab. Jan Philipp Thomeczek von der Universität Münster erläutert kurz den Nutzen dieses Tools und welche Chancen es gerade bei der Wahlentscheidung in Pandemiezeiten bietet.

Die begleitende Steuerung kommunaler Finanzhilfen

Die Corona-Pandemie stellt viele Kommunen vor finanzielle Herausforderungen. Steffen Zabler, der an der Deutschen Universität für Verwaltungswissenschaften Speyer lehrt und forscht, zeigt, dass viele Kommunen schon vor Corona unter finanziellen Problemen und Schulden litten. In der aktuellen Situation scheinen zusätzliche finanzielle Mittel für Kommunen unumgänglich. Jedoch sollten diese an Bedingungen geknüpft sein, so der Autor.

Kommunalwahlen 2020 als Stimmungsmesser für das kommende Superwahljahr?!

Am 13. September finden die Kommunalwahlen in Nordrhein-Westfalen statt. Sandra Plümer von der NRW School of Governance an der Universität Duisburg-Essen wirft kurz und bündig einen Blick auf die Bedeutung der Wahlen, den Wahlkampf und die Stimmabgabe in Zeiten der Pandemie und weitere Aspekte der Kommunalwahl. Wie kann das alles auf Distanz ablaufen und welche Wermutstropfen bleiben trotz konstruktiver Lösungen?